"Ballack ist der beste Chelsea-Spieler"

Von Interview: Andreas Lehner
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© Getty

München - Seit zehn Jahren kickt Ex-Bayer Didi Hamann in der englischen Premier League und absolvierte 258 Spiele. Über die Stationen Newcastle und Liverpool wechselte der 34-Jährige 2006 zu Manchester City.

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Bei den Citizens wurde Hamann In der abgelaufenen Spielzeit 28 Mal eingesetzt und damit zu einer wichtigen Säule von ManCity.

Im Interview mit SPOX.com spricht er über die bevorstehende Entlassung von ManCity-Coach Sven Göran Eriksson, Cristiano Ronaldo er verrät seinen Favoriten fürs Champions-League-Finale.

SPOX.com: Die Saison in England ist vorbei. Warum hat ManUtd den Titel verdient?

Dietmar Hamann: Sie waren über 38 Spiele die beste, dominierende und konstanteste Mannschaft. Manchester ist verdienter Meister.

SPOX: Sie haben United mit Manchester City zwei Mal in der Saison geschlagen (1:0, 2:1, d. Red.). Wie geht das?

Hamann: Wir haben beide Male super gespielt, vor allem im Old Trafford (Stadion von United, d. Red.). Man muss einen Top-Tag erwischen und Glück haben, um United zu schlagen. Das ist uns zwei Mal ganz gut gelungen.

SPOX: Cristiano Ronaldo war der überragende Mann dieser Saison. Können Sie das Phänomen Ronaldo erklären?

Hamann: Er ist unheimlich schnell und trickreich, kann beidfüßig abschließen und hat ein fantastisches Kopfballspiel. Er ist einfach ein kompletter Spieler, im Moment wohl der beste der Welt. Ronaldo hat sich weiterentwickelt, macht nicht mehr diese unnötigen Tricks und Mätzchen, sondern ist viel geradliniger geworden. Deswegen ist er für eine Verteidigung viel schwerer zu spielen.

SPOX: Im Champions-League-Finale trifft Manchester auf Chelsea. Wie geht's aus?

Hamann: Chelsea packt's. Sie haben es im dritten Versuch geschafft, Liverpool im Halbfinale rauszuwerfen. Mourinho wollte unbedingt immer die Champions League holen. Aber erst unter Avram Grant steht Chelsea im Finale. Die Mannschaft will das Ding jetzt auch unbedingt gewinnen.

SPOX: Für Michael Ballack lief die zweite Saison in England deutlich besser. In der Endphase der Saison hat er viele wichtige Tore gemacht. Wo sehen Sie Ballack im Vergleich zu den anderen Topstars der Premier League?

Hamann: Er hat letztes Jahr die Form nicht gehabt und war lange verletzt. Unter dem neuen Trainer hat er nun einen höheren Stellenwert und das merken die Spieler. Für ihn persönlich ist es ein gutes Jahr.

SPOX: Sie glauben also, dass die Entlassung von Mourinho für ihn positiv war, obwohl er ihn anfangs zu den "Untouchables" zählte?

Hamann: Es sieht so aus. Die Tore, die er jetzt macht, hat er vor Monaten noch nicht gemacht. Im Moment ist er der beste Spieler bei Chelsea.

SPOX: Für Sie und ManCity reichte es am Ende nicht für den europäischen Wettbewerb. Dabei sah es zwischenzeitlich richtig gut aus. Was lief schief?

Hamann: Wir haben bis Weihnachten eine starke Saison gespielt und fast immer zu den Top fünf gehört. Aber ich hab schon immer gesagt, dass wir noch keine Mannschaft für die ersten drei oder vier sind. Wir hatten auch einige Verletzungssorgen und dann einfach nicht den Kader wie andere Mannschaften, um das aufzufangen. Aber wir haben eine gute Saison gespielt und 13 oder 14 Punkte mehr geholt als letztes Jahr. Insgesamt war es ein sehr zufriedenstellendes Jahr.

SPOX: Ihr Trainer Sven Göran Eriksson steht trotzdem in der Kritik und muss wohl nach der Saison gehen. Können Sie das nachvollziehen?

Hamann: Überhaupt nicht, weil er sehr gute Arbeit geleistet hat. Spieler und Trainer haben gut und gerne zusammengearbeitet. Aber der Klubbesitzer hat das letzte Wort.

SPOX: Eriksson hat viele junge Spieler verpflichtet, die sich noch entwickeln können. Zusammen mit erfahrenen Spielern wie Ihnen, wollte er dort ein Team aufbauen. Glauben Sie, dass der Eigentümer Thaksin Shinawatra zu schnell zu viel will und Eriksson deshalb gehen muss?

Hamann: Möglich. Das Ziel war, unter die ersten zehn zu kommen. Das haben wir geschafft. Jetzt scheint das aber doch nicht genug zu sein. Vielleicht liegt das daran, dass wir so gut gestartet sind. Viele sahen uns schon in der Champions League. Alles in allem haben wir eine gute Saison gespielt und Eriksson hat tolle Arbeit geleistet. Ein Trainerwechsel könnte die Entwicklung der Mannschaft jetzt wieder aufhalten.

SPOX: Ist die Situation bei ManCity vergleichbar mit der beim FC Liverpool. Auch dort wollten die Eigentümer Hicks und Gilette schnell zu viel.

Hamann: Absolut. Die Klubbesitzer wollen neue Leute in führende Positionen einsetzen. Dabei ist die Stabilität und Kontinuität am wichtigsten. Das sieht man bei Manchester United oder Arsenal, die schon seit Jahren Erfolg haben. Auch wenn sie nicht jedes Jahr Meister werden oder in der Champions League im Finale sind, leisten sie kontinuierliche Arbeit und sind immer oben mit dabei. Stabilität ist unersetzbar und die fehlt dem FC Liverpool.  

SPOX: Zu ihrer persönlichen Zukunft. Sie haben ihren Vertrag Anfang des Jahres um ein Jahr verlängert, auch weil Eriksson auf sie setzte. Wie sehen Sie ihre Chancen im nächsten Jahr?

Hamann: Ich hoffe, dass er bleibt. Aber es deutet alles daraufhin, dass der Eigentümer einen neuen Trainer will. Man muss abwarten, wer Trainer wird und wie der Kader für die nächste Saison aussieht.

SPOX: Es wird viel über das Niveau in der Premier League im Vergleich zur Bundesliga diskutiert.

Hamann: Man kann das Niveau nicht miteinander vergleichen. Die englischen Mannschaften haben bessere finanzielle Möglichkeiten. Außerdem wird in England anderer Fußball gespielt und anders gepfiffen.

SPOX: Nach dem 0:4 des FC Bayern im UEFA-Cup bei Zenit St. Petersburg wurde viel über die internationale Klasse der Bayern diskutiert. Glauben Sie, dass die Bayern in der nächsten Champions-League-Saison mithalten können?

Hamann: Das hängt vom Kader ab und der ist bei Bayern noch nicht gut genug. Um die Champions League zu gewinnen, braucht man 20, 25 absolute Klasse-Spieler. Viele Mannschaften haben das annähernd gleiche Niveau, deswegen scheiden Teams wie Real Madrid regelmäßig schon im Achtelfinale aus.  Die englischen Mannschaften haben die Champions League in den letzten Jahren dominiert. Ich glaube nicht, dass sich da im nächsten Jahr etwas ändern wird. Bayern wird die K.o-Phase erreichen, aber für den Titel wird es wohl nicht reichen.