Beim englischen Zweitligisten herrscht das pure Chaos. Keine zwei Wochen vor Saisonbeginn besteht der Kader nur aus acht Spielern. Die Fans rebellieren gegen den Klubbesitzer. Der Sportdirektor ist verzweifelt.
Das einzige, woran es dem FC Blackpool nicht mangelt, sind Stürmer. Vier stehen im aktuellen Aufgebot, genug um in die neue Saison der Championship zu gehen, die am Samstag, den 9. August, mit einem Auswärtsspiel bei Nottingham Forest beginnt.
Ein Blick auf den Rest des Teams sorgt allerdings für Erstaunen oder je nach Temperament auch für Empörung, Wut oder blanken Hass. Man zählt drei Verteidiger, einen Mittelfeldspieler und null (0) Torhüter.
Seit Monaten protestieren die Fans bereits gegen die Klubbesitzer, die Oysten-Familie. Der Vorwurf: Vorstandschef Karl Oysten ließe die Seabirds sehenden Auges vor die Hunde gehen. Protestaktionen laufen schon seit April, als die Anhänger fürchten mussten, ihr Klub würde vielleicht sogar in die drittklassige League One absteigen, was als 20. der Championship soeben noch verhindert werden konnte.
Selbst der Präsident verzweifelt
Aber nicht nur der Fan von der Straße hat die Oystens im Visier. Präsident Valerie Belokon, ein lettischer Geschäftsmann, dem 20 Prozent des Klubs gehören, wandte sich in einem offenen Brief an Karl Oysten und seinen Vater Owen, in dem er ihnen vorwirft, dem Klub weit über 40 Millionen Euro vorenthalten und in ihre eigene Tasche gewirtschaftet zu haben.
Belokon forderte zudem die baldige Bereitstellung von Geldern, die ausschließlich in den Kader investiert werden sollen. Die Vorbereitung läuft bislang wenig überraschend holprig. Ein Trainingslager in Spanien musste abgesagt werden. Bei einem Testspiel vor gut einer Woche wurde der Kader mit Testspielern aufgefüllt, die aber keinen Vertrag bei den Seasiders besitzen.
"Es ist extrem beunruhigend und immer wenn ich mir sage, es kann nicht schlimmer werden, kommt's noch dicker", erklärt Tim Fielding, der Vorsitzende des offiziellen Blackpool-Fanklubs gegenüber dem "Telegraph". "Wir hatten in den vergangenen Jahren relativ großen Erfolg in den unteren Ligen. Dann kam der Höhepunkt mit dem Aufstieg in die Premier League und jetzt haben wir ein Team, das selbst in der vierten Liga Mühe hätte mitzuhalten. Von den acht Spielern, die wir haben, hätten in der letzten Saison vielleicht zwei oder drei im Team gestanden. Die ganze Situation ist absurd."
Sieben Sportdirektoren in zwei Jahren
Für die Rekrutierung neuer Kräfte ist Sportdirektor Jose Riga zuständig. Dem Belgier - er ist der siebte Sportdirektor in den letzten zwei Jahren - sind allerdings die Hände gebunden. Laut Karl Oysten würden die Spieler, die Riga verpflichten möchte, nicht ins Gehaltsgefüge der Seasiders passen. Riga wiederum soll Gerüchten zufolge schon mit seinem Rücktritt gedroht haben, falls er keine positiven Signale erhalte.
"Sie haben erzählt, der Aufstieg sei wie ein Lottogewinn gewesen", sagt Fielding, "aber von einem Aufstieg sollte der Klub profitieren, nicht seine Besitzer." Und er legt noch nach: "Das Trainingsgelände ist eine Schande. Die Mannschaft ist immer schlechter geworden. Es sieht so aus, als würde der Klub in Grund und Boden gewirtschaftet. Für die Buchmacher sind wir Favorit auf den Abstieg. Ich bin mir nicht sicher, ob es die Besitzer kümmern würde, wenn das passiert."
Vor vier Jahren noch Premier League
2010 stieg Blackpool nach dramatischen Playoffs in die Premier League auf. Unter Kulttrainer Ian Holloway zog sich der Klub trotz bescheidener Mittel achtbar aus der Affäre und durfte sich bis zum letzten Spieltag Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen. Seitdem ist die Entwicklung rückläufig. Die Platzierungen in der Championship seitdem: 5., 15., 20.
Geschieht kein Wunder, dürfte der Niedergang der Seasiders kaum aufzuhalten sein.
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