Chelsea wechselte mitten in der Saison seinen unfähigen Trainer aus und erwachte viel zu spät aus seiner Herbstmüdigkeit. Liverpool zeigte sich verbessert, aber immer noch nicht gut genug, weil man keine Alternativen zu Steven Gerrard und Fernando Torres im Kader hat.
Und Meister wurde natürlich Manchester United, ohne wirklich zu schwitzen.
2008/09 war übrigens auch ganz okay - obwohl sich an der Tabellenspitze die Geschichte aus dem Vorjahr mehr oder weniger wiederholte. Wieder schaffte es keine der Mannschaften aus der zweiten Reihe (Spurs, Everton, Aston Villa), in die Phalanx der verhältnismäßig schwachen Big Four einzudringen.Manchester City war im Jahr eins nach der Übernahme durch die Scheichs aus Abu Dhabi nur ein schwerreicher Chaos-Klub.
Nicht mittelmäßig genug
Knapp unterhalb von United und Liverpool fing in dieser Saison schon das Mittelmaß an. Zur Überraschung der meisten Experten erwiesen sich der FC Middlesbrough und Newcastle United jedoch nicht mal mittelmäßig genug: Beide stiegen unerwartet in die zweite Liga ab.
Torschützenkönig wurde derweil der ständig zwischen Kaltschnäuzigkeit vor dem Kasten und erlesener Trägheit schwankende Nicolas Anelka (Chelsea) mit nur 19 Toren. Auch das war bezeichnend: Kein einziger Spieler, weder der von der Spielergewerkschaft ausgezeichnete Ryan Giggs noch Steven Gerrard (Wahl der Fußballjournalisten) überzeugte so richtig von Anfang bis Ende der Saison.
Es gibt aber noch andere Preisträger, die ihre Auszeichnungen in der Tat redlich verdient haben. Hier sind sie, die Honigstein-Awards für 2009.
Tor des Jahres
1. Gretar Steinsson, Bolton vs Stoke, August. Ein 35-m-Hammer aus unmöglichem Winkel ins Eck. Oder war es eine verunglückte Flanke? Who cares.
2. Fernando Torres, Liverpool vs Blackburn, April. Antritt, Ballannahme, perfekte Drehung, Abschluss. Alles bei Tempo 100. Muss auf jede Lehr-DVD für Stürmer.
3.Carlton Cole, West Ham vs Wigan, März. Das klassische One-Touch-Arsenal-Tor inklusive Thierry-Henry-Schlenzer in der West Ham-Version.
Trainer des Jahres
1a) David Moyes, Everton. Der Schotte hatte fast kein Geld zur Verfügung und riesige Verletzungsprobleme. Platz 5 ist eine gefühlte Meisterschaft.
1b) Roy Hodgson, Fulham. Etwas altmodisch, aber enorm sympathisch und erfolgreich. Der siebte Platz macht ihn zum mit Abstand besten englischen Coach auf der Insel.
Avram Grant des Jahres
Luiz Felipe Scolari. Kam ohne nennenswerte Englischkenntnisse nach London und ließ laut einem Chelsea-Spieler stets "Otto-Rehhagel-Training" praktizieren. Niemand verstand den Brasilianer. Im Februar zog Abramowitsch die Reißleine.
Transfer des Jahres
1. Marouane Fellaini, 21, von Standard Lüttich zu Everton. Der Belgier mit dem Breitner-Afro mischte als Allzweckwaffe die Liga auf. War nicht billig (15 Millionen Euro), aber jeden Penny wert.
2. Andrej Arschawin, 28, von St. Petersburg zu Arsenal. Kam im Winter und rettete Arsenal den vierten Platz. Ein echtes Schnäppchen für 13,3 Millionen Euro. Arsenals große Hoffnung für die nächste Saison.
3. Brad Friedel, 38, von Blackburn zu Aston Villa. Der Amerikaner ist nicht mehr der Jüngste, aber immer noch einer der besten Keeper in der Liga. Ein guter Mann zu einem sehr guten Preis. (2,2 Millionen Euro)
Carlos-Alberto-Gedächtnispreis für Transferflops:
1. Deco, 31, von Barcelona zu Chelsea (10 Millionen Euro). Der Brasilianer aus der portugiesischen Nationalmannschaft sollte Chelsea schöner und kultivierter machen. Machte er auch - in ca. drei Spielen. Den Rest der Saison verbrachte er auf der Bank und in Londons Discos.
2. Robbie Keane, 28, von Spurs zu Liverpool und wieder zurück (22 Millionen Euro, 14 Millionen Euro). Er sollte der Königstransfer von Rafael Benitez werden, als Back-up und Sturmpartner von Torres. Benitez aber schickte den Iren im Winter wieder zurück nach London. Ein Verlustgeschäft und auch sportlich ein Fehler. Als sich Torres wie jedes Jahr verletzte, hatte der Spanier keinen Ersatz.
3. Dimitar Berbatow, 28, von Spurs zu Manchester United (33 Millionen Euro). Der Bulgare sollte den Meister im Sturm flexibler und ballsicherer machen. Auf dem Platz fungierte das schlampige Genie jedoch als Ein-Mann-Bremse und fiel mit Hang zur Lauffaulheit auf. Saß in den wichtigen Spieler zuletzt auf der Bank.
Spiel des Jahres
Liverpool - Arsenal 4:4. Die große Arschawin-Show (vier Treffer) und eines dieser Kamikaze-Matches, mit denen die Premier League Mitte der Neunziger berühmt geworden ist.
Andreas-Müller-Preis für den Geschäftsmann des Jahres
Garry Cook, Geschäftsführer Manchester City. Der Manager der Scheich-Vereins holte im Winter Hamburgs Nigel De Jong für 20 Millionen Euro. Sechs Monate später wäre der Niederländer wegen einer Ausstiegsklausel im Vertrag für 2 Millionen zu haben gewesen.
Der Landon-"Jason"-Donovan-Preis für den besten Spitznamen
Charles N'Zogbia wurde von Joe Kinnear "Charles Insomnia" (Schlafstörung) genannt.
Gordon-Brown-Medaille für größtmögliche Inkompetenz im Amt
Mike Ashley, Eigentümer von Newcastle United. Ashley kann gut ein Bier auf ex kippen, doch unter seiner Leitung kam es im Nordosten zu einer sportlichen Katastrophe. Er holte mehrere Witzfiguren in den Vorstand, verpflichtete miserable Spieler und vergaß einfach, sich die Schulden des Klubs genauer anzuschauen. Kurz vor Saisonende setzte er Alan Shearer als vierten Trainer der Saison ein. Man stieg ab.
Gebrüder-Grimm-Medaille für lebhafte Fantasie
Arsene Wenger. "Das war heute nie und nimmer ein 1:4", sagte der Franzose nach der 1:4-Niederlage gegen Chelsea. "Nach vorne haben wir interessant gespielt." Klar.