Der Prädestinierte

Von Christian Bernhard
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© Getty

München - Carlo Ancelotti ist ein sehr zurückhaltender und ruhiger Vertreter seiner Zunft. Nur äußerst selten lehnt sich der Trainer des AC Mailand mit Lobeshymnen oder Prognosen aus dem Fenster. 

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Ende August des vergangenen Jahres griff er nach einem stinknormalen Training in Milanello aber umgehend zum Telefon und sagte zu Milans Vizepräsident Adriano Galliani: "Dieser Junge ist der Wahnsinn, mit ihm werden wir noch viel Freude haben".

Mit "dieser Junge" meinte er Alexandre Pato (Steckbrief), 18 Jahre alt, Brasilianer. Galliani wusste sofort, was diese Einschätzung Ancelottis zu bedeuten hatte: "Carlo hatte mich davor nur einmal nach dem ersten Training eines Spielers angerufen. Das war bei Kaka."

Eine Karriere auf der Überholspur

Patos Geschichte ist mit der von Kaka aber überhaupt nicht vergleichbar. Während sich der aktuelle Weltfußballer in Ruhe in Mailand zum Superstar entwickelte, stand Pato von Anfang an im medialen Blickpunkt.

Dafür sorgten alleine schon die 22 Millionen Euro Ablöse, die die Mailänder im August 2007 an seinen brasilianischen Heimatverein Internacional Porto Alegre zahlten. Noch nie hatte ein Verein so viel Geld für einen Minderjährigen ausgegeben.

Fortan brach in Italien die "Patomanie" aus, und das, obwohl er aufgrund seines Alters noch gar nicht spielberechtigt war. Allein die Geschichten über seine außergewöhnlichen Fähigkeiten und die Vorfreude auf sein Debüt ließen die Herzen der Tifosi schneller schlagen.

Erstes Tor nach Abendessen mit Berlusconi

Der 18-Jährige ließ sich von dem ganzen Rummel um seine Person nicht einschüchtern und machte genau das, was von ihm verlangt wurde: Einen Tag nach dem Abendesssen mit Milan-Präsident Silvio Berlusconi in dessen Villa traf er in seinem ersten Pflichtspiel gegen den SSC Neapel. Für den Jungstar nichts Neues: Er hatte bereits bei seinem Debüt in der brasilianischen Liga und im ersten Freundschaftsspiel für Milan getroffen.

Ganz Fußball-Italien kam aus dem Schwärmen nicht mehr hinaus. Selbst der Doppelpack von Ronaldo, der nach einer langen Verletzungspause ein überzeugendes Comeback feierte, ging komplett unter. Alles drehte sich um Pato, der bei jeder Gelegenheit wiederholt, dass Ronaldo immer noch sein großes Vorbild ist.

Besser als Pele

Am Sonntag sicherte Pato mit einem Doppelpack den 2:0-Sieg der Rossoneri gegen den FC Genua. Für Milan war es erst der zweite Heimsieg in der laufenden Serie-A-Saison, bei beiden Erfolgen spielte Pato durch und traf. Damit hält er bei drei Toren in vier Spielen: Kein schlechter Schnitt für einen 18-Jährigen.

Der ganz nebenbei auch den Rekord für den jüngsten Torschützen in einem FIFA-Wettbewerb hält: Bei seinem Treffer bei der FIFA-Klub-WM 2006 in Japan gegen Al-Ahly war Pato 17 Jahre und 102 Tage alt und damit 137 Tage jünger als ein gewisser Pele.

Seedorf tritt auf die Euphoriebremse

In seiner Heimat wird er nicht nur deshalb bereits mit O Rey verglichen. Eine Tatsache, die Clarence Seedorf überhaupt nicht gern zur Kenntnis nimmt. Der Niederländer hatte bereits nach Patos erfolgreichem Debüt im Milan-Dress mahnend den Zeigefinger gehoben: "Ich bin besorgt, weil er noch sehr jung ist. Ich kenne diese Welt nur allzu gut und weiß, wie schnell man hochgejubelt und dann fallen gelassen wird. Wir müssen den Jungen beschützen."

Der Niederländer steht aber mit seiner Meinung ziemlich alleine da, denn selbst Carlo Ancelotti ist von Patos Qualitäten und Reife mehr als nur überzeugt. Und der muss es ja schließlich wissen. Immerhin lag er bei Kaka mit seiner Einschätzung auch nicht ganz daneben.