Koemans Bilanz in Valencia ist verheerend: von acht Spielen unter seiner Leitung haben die Ches lediglich eines gewonnen und in den übrigen sieben Partien nicht ein einziges Tor geschossen. Die Konsequenz des Coaches: er opfert etliche der heiligen Kühe zum "Wohle der Mannschaft".
Neben dem 38-jährigen Canizares setzte der Niederländer auch Kapitän David Albelda und Miguel Angel Angulo vor die Tür. Als offizielle Begründung für den Rundumschlag beruft sich Koeman schlicht auf eine "rein sportliche Entscheidung".
"Solange ich Trainer in Valencia bin, werdet ihr nicht mehr spielen", sprach Koeman Klartext in Richtung der drei Verstoßenen. "Es gibt einfach jüngere Spieler, von denen ich glaube, dass ich mit ihnen eine Wende herbeiführen kann", begründete der Coach sein Handeln.
Eine Menge Staub zum Selbstschutz
Manuel Rivas Alvarez von der spanischen Sportzeitung "Marca" vermutete im Gespräch mit SPOX.com allerdings einen anderen Grund: "Koeman will sich damit davor drücken, die Verantwortung für die miserablen Leistungen zu übernehmen - und das macht er, indem er eine Menge Staub aufwirbelt und mit den Fingern auf andere zeigt."
Drastischer formulierte es Alfredo Relano von der "As": "Koeman setzt den Klub Schachmatt. Er hat nach einem Monat ruinöser Arbeit in Valencia nun auch noch zwei Symbole der Ches geopfert. Damit zeigt er nicht den geringsten Respekt gegenüber Valencia und seinen Aushängeschildern."
Zwar ist das eine theoretische Variante der Geschehnisse, jedoch gewährt sie einen Einblick in die zwischenmenschlichen Beziehungen der Mannschaft.
Nicht zuletzt das angespannte Verhältnis zwischen Canizares und Hildebrand drückte auf die allgemein schlechte Stimmung im Team. "Er redet nicht mehr mit mir", hatte der Ex-Stuttgarter bereits vor Wochen geäußert. Mit den Querulanten hat Koeman nun für sich den Unruheherd ausgemacht.
Er ist verrückt geworden
Das Team selbst reagierte gespalten. Von "er ist verrückt geworden" bis hin zu völligem Verständnis äußerten die Spieler die ganze Bandbreite.
Der zuletzt auf die Bank verbannte Hildebrand dürfte einer derer sein, die sich kräftig die Hände reiben. Denn seit seiner Ankunft in Valencia fristete der 28-Jährige die meiste Zeit auf der Ersatzbank und wurde zuletzt schon als Kandidat für den Posten in Wolfsburg gehandelt.
"Er hat sehr gute Chancen, im neuen Jahr die Nummer eins zu werden", so Koeman, der Hildebrands Hoffnung aber im gleichen Atemzug wieder ausbremste: "Juan Luis Mora hat es schon immer mächtig gestört, dass sich alles nur um Canizares und Hildebrand drehte."
Mit Mora wittert nun Valencias dritter Mann seine Chance auf einen Stammplatz. Die Aufstellung des 34-Jährigen würde allerdings Koemans Plan widersprechen, auf die jüngere Garde zu setzen.
Der dritte Mann schöpft Hoffnung
"Mora hat eine mindestens gleichwertige Chance, bei Valencia im Tor zu stehen", so Rivas und fügte an: "Beide Torwarte haben ihre Pluspunkte. Die Fähigkeiten des einen fehlen dem anderen."
Sollte tatsächlich Hildebrand den Vorzug erhalten, würden auch seine Chancen beim Kampf um das EM-Tor steigen. Bundestrainer Joachim Löw bestätigte gegenüber "Bild" Jens Lehmann als Nummer eins im Tor.
Doch sollte Hildebrand Spielpraxis sammeln, während Lehmann weiterhin auf der Bank von Arsenal versauert, muss Löw seine Aussage vielleicht überdenken. Denn eine EM-Einsatzgarantie hat der Bundestrainer ausgeschlossen.