Nach wochenlangem Hin und Her verpflichtet Real Madrid Luka Jovic von Eintracht Frankfurt. Der serbische Stürmer kostet spanischen Medienberichten zufolge 60 Millionen Euro und unterschreibt - vorbehaltlich des Medizinchecks - für sechs Jahre. SPOX erklärt, was der Wechsel für die jeweiligen drei Parteien bedeutet.
Was bedeutet der Transfer für Real Madrid?
Die Königlichen wollen mit der Verpflichtung des serbischen Kraftpakets eine Großbaustelle schließen, die sich nach dem Abschied von Cristiano Ronaldo im vergangenen Sommer geöffnet hat. Jovic machte sich in Frankfurt einen Namen als eiskalter Vollstrecker. Einen solchen hatte Real in der abgelaufenen Spielzeit nur mit Karim Benzema. Der Franzose erzielte 30 Treffer in 53 Pflichtspielen - zu wenig, um den spanischen Rekordmeister vor einer Katastrophensaison ohne Titel zu bewahren.
Der im März zurückgekehrte Real-Trainer Zinedine Zidane gilt als großer Fan des 21-Jährigen, machte sich nach Informationen von SPOX und Goal intern besonders für dessen Verpflichtung stark. Fragt sich nur, inwieweit er mit ihm plant, da auch Benzema zu seinen Lieblingen zählt und immer noch Topleistungen bringt. Viele beschlagene Stürmer wie Alvaro Morata oder Chicharito schafften es nicht, an Benzema vorbeizukommen.
Es liegt daher nahe, dass Zidane Jovic behutsam als Nachfolger seines mittlerweile 31 Jahre alten Landsmanns aufbauen möchte. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, künftig mit einer Doppelspitze - beispielsweise im 4-4-2 oder im 3-5-2 - zu agieren. Zidane hatte bereits kurz nach seinem Comeback auf der königlichen Trainerbank angekündigt, eine Systemumstellung in Erwägung zu ziehen. Sein über Jahre bewährtes 4-3-3 wirkt spätestens nach den Erfahrungen in den vergangenen Monaten renovierbedürftig.
Klar ist: Für einen Bankdrücker geben die Madrilenen, die aufgrund ihres Stadionumbaus weniger finanzielle Mittel besitzen als viele glauben, keine 60 Millionen Euro aus. Nach Jovics Ankunft ist zudem auch klar, dass Mariano Diaz und Raul de Tomas keine Zukunft mehr im Kader von Zidane haben. Diaz war erst im 2018 von Olympique Lyon zurückgekehrt, enttäuschte aber auf ganzer Linie (19 Einsätze, 4 Tore). Trotz seiner selbstbewussten Ankündigung vor zwei Tagen, er wolle unbedingt bleiben und sich durchsetzen, ist von einem Abschied des 25-Jährigen auszugehen. De Tomas, 24, zeigte bei seinem Leihklub Rayo Vallecano ansprechende Leistungen (33 Spiele, 14 Tore), dürfte aber wohl ein weiteres Mal verliehen oder mit einer Rückkaufoption abgegeben werden.
Generell steht ein transferreicher Sommer beim 13-maligen Champions-League-Sieger bevor: Auf Jovic folgt aller Voraussicht nach Chelsea-Star Eden Hazard, außerdem befindet sich der Klub laut Marca in finalen Gesprächen mit Linksverteidiger Ferland Mendy von Olympique Lyon.
Je nachdem, wie viele Spieler Real noch loswird, könnte auch noch ein neuer "Galaktischer" fürs zentrale Mittelfeld kommen. Paul Pogba (Manchester United) und Christian Eriksen (Tottenham Hotspur) werden als potentielle Neuzugänge gehandelt. Davor muss aber Platz geschaffen und Geld eingenommen werden. Noch ist unklar, wie es mit Stars wie Gareth Bale, Isco oder James Rodriguez, der nach Angaben von Karl-Heinz Rummenigge wieder vom FC Bayern zurückkehrt, weitergeht.
Was bedeutet der Wechsel für Eintracht Frankfurt?
Die Eintracht verliert ihren treffsichersten Spieler aus der vergangenen Saison. Der Abschied von 27-Tore-Mann Jovic zeichnete sich aber bereits nach der Winterpause ab, weshalb Eintrachts Sportvorstand Fredi Bobic immer wieder zu verstehen gab, zweigleisig zu planen. Nicht auszuschließen, dass einer der beiden Real-Stürmer Diaz oder de Tomas als Nachfolger des Serben an den Main kommen.
So oder so droht Bobic und Co. ein unangenehmer Sommer, weil sich auch Jovics ehemalige Sturmpartner Ante Rebic und Sebastien Haller mit Angeboten anderer Klubs auseinandersetzen. "Natürlich kann es sein, dass wir alle drei verlieren", gab der Kaderplaner erst vor kurzem in der Bild zu. Gerade Haller wäre bei einer Offerte aus der Premier League, die er selbst schon häufig als "Lieblingsliga" bezeichnete, kaum zu halten, während Rebic sich nach Informationen von SPOX und Goalunter Umständen auch vorstellen könnte, zu bleiben, weil er sich privat in Frankfurt sehr wohl fühlt.
Die Hessen stehen nicht unter Verkaufsdruck. Gerade nach dem Jovic-Deal verfügen die Hessen über einen größeren finanziellen Spielraum und damit gleichzeitig über bessere Argumente, Leihspieler wie Martin Hinteregger (FC Augsburg), Sebastian Rode (Borussia Dortmund) und Kevin Trapp (Paris Saint-Germain) fest an sich zu binden. "Für Eintracht Frankfurt ist das ein guter und wichtiger Transfer", sagte Bobic nicht grundlos über den Abgang von Jovic.
Was bedeutet der Wechsel für Luka Jovic?
In Spanien pflegt man zu sagen: "Der Zug nach Madrid hält nur einmal." Jovic bietet sich mit dem Wechsel zu Real eine riesige Chance, seiner Karriere einen bedeutenden Schub zu geben und zu einem Weltklassespieler aufzusteigen. Die Kehrseite der Medaille: Die Fallhöhe bei den Königlichen ist gigantisch.
Madrid wird sich für den Stürmer im Vergleich zu Frankfurt wie eine andere Welt anfühlen. Der durch die hiesigen Medien, aber auch das eigene Selbstverständnis erzeugte Druck, jede Saison die maximale Anzahl an Titeln gewinnen zu müssen, ist enorm, zumal Jovic anders als in Frankfurt fortan auch nicht mehr mir nichts, dir nichts durch die Stadt schlendern und überall blicken lassen kann.
Er ist ein Fisch mehr im wohl größten Haifischbecken des Fußballs. Mit gerade einmal 21 und ohne Spanisch-, geschweige denn Englischkenntnisse, ist das eine schwierige Aufgabe. Jovic würde gut daran tun, sich an Luka Modric zu halten. Der Weltfußballer aus Kroatien ist der einzige Spieler bei Real, der seine Sprache spricht und mit seinen 33 Jahren außerdem die Erfahrung mitbringt, in heiklen sportlichen wie privaten Situationen die Ruhe zu bewahren.
Jovic kam in Frankfurt auch deshalb so gut zurecht, weil er viel Zeit mit Rebic und den anderen "Balkan-Jungs" Filip Kostic und Mijat Gacinovic verbrachte. Der Torjäger muss jetzt zeigen, dass er auch ohne die Unterstützung seiner Clique das Zeug dazu hat, in Spanien ähnliche Leistungen abzurufen wie in Deutschland. Ein Risiko birgt der Deal daher allemal - für Real und für Jovic. Die Eintracht hat, auch wenn sie knapp 30 Prozent der Ablöse an Jovics Ex-Klub Benfica Lissabon entrichten muss, nichts falsch gemacht.