Chaos bei Fenerbahce nach dem verlorenen Meistertitel! Ein Stadionsprecher macht Fenerbahce zum Meister, die Fans fordern den Kopf des Trainers und die Polizei muss aufgebrachte Massen stoppen. Das 1:1 gegen Trabzonspor wird bei Fenerbahce wohl weitreichende Folgen haben. Vor allem für Christoph Daum.
"Leute, 2:2 in Bursa, es steht 2:2!" Und plötzlich explodierte der Jubelschrei im Sükrü-Saracoglu-Stadion. Besiktas glich nach 0:2-Rückstand bei Bursaspor doch noch aus und machte Fenerbahce zum Meister.
Denkste. Die Ansage des Stadionsprechers war falsch. Bursaspor führte mit 2:1 und wurde Sekunden später Meister. Die Meisterparty stieg aber in beiden Stadien. Bursaspor feierte, weil sie die Gewissheit hatten, den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte eingefahren zu haben.
"Bursa hat doch gewonnen..."
Fenerbahce feierte, weil der Stadionsprecher schlecht informiert war oder sich einfach nur einen schlechten Scherz erlaubt hatte.
Nach minutenlanger Feier im Sükrü-Saracoglu-Stadion kam dann die böse Überraschung - wieder per Durchsage aus dem Stadionmikrofon: "Bursaspor hat doch 2:1 gewonnen. Bursa ist Meister."
Da auch Fenerbahce gegen Trabzonspor nicht über ein 1:1 hinauskam, war der Titelgewinn Bursaspors perfekt.
Daum vor dem Aus
Der Startschuss für chaotische Zustände im und um das Stadion. Die Fans in der Arena wüteten, sorgten für einige Brandherde, andere stürmten die Katakomben. Einige von ihnen schafften es sogar bis in den Presseraum.
"Gebt uns den Daum", polterten einige von ihnen. Der Sündenbock nach dem bitteren Aus im Titelkampf der Süper Lig war ausgemacht: Christoph Daum. Zum zweiten Mal nach 2006 hat der Deutsche mit Fenerbahce einen sicher geglaubten Titel am letzten Spieltag verloren.
Und nun droht ihm das Schicksal von damals: die Entlassung. Fakt ist, dass noch nie ein Trainer in der Ära Aziz Yildirim nach einer verpatzten Meisterschaft im Amt bleiben durfte. Dass der Präsident Fenerbahces diesmal eine Ausnahme macht, ist kaum zu erwarten.
Umbruch bei Fener?
Yildirim gab zu Saisonbeginn die Marschroute klar aus: "Wir wollen drei Meisterschaften in Folge feiern." Das Projekt ist schon im ersten Jahr gescheitert und Daum, den Yildirim als prädestiniert für diesen Auftrag sah, steht nun vor dem Aus.
Schon nach dem verlorenen Pokalfinale gegen Trabzonspor vor zwei Wochen hagelte es Kritik für den deutschen Trainer. "Ich habe einen Vertrag über drei Jahre, aber auch wenn wir Meister werden, entscheidet der Vorstand über meine Zukunft", sagte Daum während der Woche.
Eine Entscheidung bezüglich Daums Zukunft sollte bald fallen, doch nicht nur das Schicksal des Trainers steht auf der Kippe. Sportdirektor Aykut Kocaman wird wohl ohnehin zurücktreten und auch ein Umbruch innerhalb des Kaders ist zu erwarten.
Ex-Fener-Spieler schockt Istanbul
Dabei hatte Fenerbahce gegen Trabzonspor einige Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen. Alex, Daniel Güiza und Co. produzierten gegen den Schwarzmeerklub Chancen im Minutentakt, kamen aber am überragenden Torhüter Onur Kivrak nicht vorbei.
Daniel Güiza (14.) traf nach fulminantem Beginn zur Führung, aber für den Ausgleich sorgte ausgerechnet Ex-Fenerbahce-Spieler Burak Yilmaz nach 23 Minuten.
Im Anschluss vergab Fenerbahce Chancen en masse. Sogar das Vereinslied, das zehn Minuten vor Schluss pausenlos über die Stadionboxen lief, half Fenerbahce nicht weiter. Ein Remis, das Fenerbahce nicht reichte und die Fans zur Weißglut brachte.
Stadionsprecher festgenommen
Nicht nur im Stadion sorgten die aufgebrachten Zuschauer für ein Chaos. Auch außerhalb musste die Polizei eingreifen. Randalierer sorgten in der Bagdad Straße, die zum Stadion führt und den ganzen Tag Schauplatz purer Vorfreude war, für Bilder, die an einen Bürgerkrieg erinnerten.
Da viele der 55.000 Fans im Stadion und weitere Zehntausende, die das Spiel per Public Viewing vor dem Stadion miterlebt hatten, Kadiköy nicht verließen, mussten die Fenerbahce-Spieler einzeln in Polizeifahrzeugen nach Hause gefahren werden.
Auch der Trabzon-Tross konnte erst zweieinhalb Stunden nach Schlusspfiff das Stadion verlassen. Der Sprecher, der das vermeintliche 2:2 verkündete, wurde noch am Sonntagabend festgenommen und nach seiner Vernehmung am Montag wieder freigelassen. Seinen Job ist er inzwischen los.