Ein Cyber-Märchen

Fatih Demireli
15. Juni 201120:34
Mit diesem Bild wurde Serdar Mete Coban berühmt: Ist er das wirklich?
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Als 17-Jähriger schon für Galatasaray, Inter, West Ham United gespielt und auf dem Sprung zu Real Madrid? Serdar Mete Coban lebt den Traum eines jeden Fußballers. Die Medien verfassen begeisterte Berichte. Doch die Sache hat einen kleinen Haken: Serdar Mete Coban gibt es gar nicht.

Die Vita liest sich wie ein wunderschöner Traum für jeden jungen Fußballer, der die Welt erobern will.

Mete Serdar Coban spielt als Neunjähriger bei Galatasaray vor, nachdem er zuvor in England bei St. Matthias kickte. Die Gala-Verantwortlichen nehmen den talentierten Youngster sofort unter Vertrag, zunächst als Torhüter. Weil er aber für diese Position zu gut ist, alsbald als Linksverteidiger. Davon gibt der Weltfußball ja nicht zu viele von höchster Güte her.

Scouts von Inter Mailand fällt das Wunderkind beim Atalanta Cup auf. Die Anfrage flattert Gala ins Haus, Mete bittet um seine Freigabe und wechselt nach Italien, wo er danach sechs Jahre für Internazionale spielt. Zwischendurch gibt es ein Intermezzo bei West Ham United, in London wird er aber nicht glücklich - unter anderem kommt ihm eine Verletzung in die Quere.

Der vierte Türke bei Real

Das Größte steht ihm aber noch bevor: Zur kommenden Saison wechselt er nun zu Real Madrid, dem größten und bekanntesten Klub der Welt - als Perspektiv- und Wunschsspieler von Jose Mourinho.

Die türkischen Medien überschlagen sich förmlich: "Der vierte Türke für Real Madrid", titelt die "Hürriyet". "Nach Mesut, Nuri und Hamit geht auch Mete Serdar Coban zu Real. Vielleicht ist er noch jung, aber vielleicht sehen wir ihn in einem Jahr neben Stars wie Ronaldo, Benzema oder Mesut".

Das Massenblatt "Sabah" beruft sich bei der Geschichte über die vollzogene Unterschrift von Mete bei den Königlichen auf die Kollegen von der "Marca".

Gefragter Interviewpartner

In Interviews erzählte Mete von seinem Traum, bei Real zu spielen. Renommierte türkische Nachrichtenagenturen wie "AA" oder "DHA" zitierten Spieler und Berater: Längst war ein neuer Star geboren, ein neuer Hoffnungsträger für den kränkelnden Fußball in der Türkei. Ob in England, Deutschland oder Spanien - selbst außerhalb der Türkei war Serdar Mete Coban schon ein Thema.

Die ebenso sensationelle wie rührende Geschichte hat nur einen Haken: Es gibt keinen Mete Serdar Coban. Zumindest hat es nie einen Fußballer Mete Serdar Coban gegeben, der für Galatasaray, Inter und West Ham gespielt hat und nun zu Real Madrid wechseln wird.

Inter und Co. wissen von nichts

Die vermeintliche Erfolgsstory eines talentierten Fußballers ist die Erfindung eines findigen Spaßvogels, der den bisweilen grotesken Wahnsinn der Medien eiskalt und mit viel Fantasie ausgenutzt hat. Warum und wie er es gemacht hat, und wer hinter dem Streich steckt, weiß kein Mensch.

Die Zeitung "Fanatik", die selbst auf den Streich reingefallen ist, hat den Schwindel aufgedeckt. Und eigentlich hätte der ganze Wahnsinn viel früher ein Ende finden müssen, hätten andere Medien so gehandelt wie "Fanatik".

Die Zeitung hat nämlich etwas ganz Verrücktes gemacht: Sie hat bei Galatasaray nachgefragt. Niemand im Klub kannte Mete Serdar Coban.

Bei Inter, wo die Geschichten aus Istanbul wohl schon bekannt waren, reagierte man erbost: "Das ist ein Lügner. So einen Spieler hat es nie bei Inter gegeben. Wer erfindet solche Geschichten?", fragte ein Inter-Sprecher. Lediglich bei Real Madrid scheint der Internetstreich nicht ganz verstanden worden zu sein. "Wir haben keine Informationen. Es kann sein, dass so ein Spieler mal hier getestet wurde."

Mete Serdar Arnautovic?

Die türkischen Medien rudern alle zurück, geben kleinlaut zu, Opfer des Märchens geworden zu sein. Zu verlockend ist manchmal die Schlagzeile, zu verlockend der Drang nach neuen Nachrichten. Dass Mete auf den Fotos im Inter-Trikot eigentlich Marko Arnautovic war, fiel keinem auf. Auch im Youtube-Video, das seine besten Szenen zeigen sollten, waren irgendwelche Spieler zu sehen.

Der Fall Serdar Mete Coban ist aber kein Einzelfall. Schon vor zwei Jahren tauchte ein gewisser Masal Bugduv in der Top 50 der größten Talente der Welt auf - veröffentlicht von der renommierten englischen "Times".

Schnell wurde der Moldawier mit sämtlichen Top-Klubs in Verbindung gebracht. Noch schneller stellte sich dann aber heraus, dass der junge Masal real nicht existent war. Die unzähligen TV-Sender, Zeitungen, Internetanbieter ruderten kleinlaut zurück, was bis heute bleibt, ist ein schnöder Eintrag in der elektronischen Enzyklopädie "Wikipedia".

Vielleicht ist es nur ein Zufall, vielleicht war es pure Absicht von Budguvs Erfinder: Den Vornamen Masal gibt es in der türkischen Sprache als handelsübliches Nomen. Es heißt übersetzt: Märchen.

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