SPOX: Sie gehören zu den Spielern, die Freiburgs neuen Cheftrainer Christian Streich bestens kennen. Er trainierte Sie bereits in der U 19. Ist das ein Vorteil?
Nicolai Lorenzoni: Ich sehe es durchaus als Vorteil. Und zwar für meine Entwicklung. Herr Streich kennt meine Schwächen. Dadurch ist es für mich einfacher, stetig an diesen zu arbeiten. Andersrum weiß er natürlich auch, wie er meine Stärken am besten ins Spiel einbinden kann.
SPOX: Obwohl Sie immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen hatten, führte Ihr Weg in dieser Saison in die deutsche U-20-Nationalmannschaft. Welche Bedeutung hat das für Sie?
Lorenzoni: Eine unwahrscheinlich große. Wenn man sich mit den besten Spielern seines Jahrgangs aus der ganzen Welt messen kann, ist das schon klasse. Als der erste Anruf von Herrn Wormuth kam, dachte ich zuerst, dass mich jemand auf den Arm nehmen möchte. Aber zum Glück war das nicht der Fall. (lacht)
SPOX: Ihre Mitspieler bei der U 20 hießen unter anderem Bernd Leno, Kevin Volland und Patrick Herrmann. Allen voran Leno und Herrmann spielen schon eine große Rolle bei ihren Vereinen.
Lorenzoni: Sie haben den Sprung bereits größtenteils geschafft, den ich erst noch schaffen möchte. In dieser Hinsicht sind sie Spieler, an denen ich mich absolut orientieren kann. Gerade bei Bernd und Patrick sieht man, dass es eben nicht nur eine Floskel ist, dass es im Fußball extrem schnell gehen kann.
SPOX: Sie besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft. Unter anderem sind Sie gegen die Schweiz aufgelaufen, das Land in dem Sie geboren sind und aus dem Ihr Vater stammt. War es ein besonderes Spiel für Sie?
Lorenzoni: Ganz sicher, aber ich muss auch sagen: Ich lebe seit klein auf in Deutschland und kann mich hier wirklich über rein Garnichts beschweren. Es ist eine Ehre, die deutsche Nationalhymne singen zu dürfen, auch wenn ein Teil meines Herzens natürlich rot-weiß ist. Im Spiel hatte ich es teilweise auch noch mit alten Bekannten aus Basler Zeiten zu tun. Da war der Sieg dann doppelt schön. (lacht)
SPOX: Beim letztjährigen Junioren-DFB-Pokalfinale des SC gegen Hansa Rostock waren Sie der auffälligste Akteur auf dem Platz. Wie haben Sie das Spiel in Erinnerung?
Lorenzoni: (überlegt kurz) Ich finde, dass es keinen auffälligsten Mann gab. Unsere Mannschaftsleistung hat eben gestimmt. Das Spiel an sich war extrem intensiv. Wir hatten die Partie eigentlich im Griff und sind zweimal in Führung gegangen. Doch quasi mit dem Schlusspfiff erzielte Rostock noch den Ausgleichstreffer. Das war in dem Moment schon sehr, sehr bitter. Aber zum Glück hat Alexander Schwolow dann im Elfmeterschießen seine Klasse unter Beweis gestellt und uns den Sieg gesichert.
SPOX: Die Freiburger Fußballschule zählt in Deutschland zu den Topadressen in Sachen Jugendförderung. Nicht durch Zufall standen beispielsweise zum Rückrundenauftakt gegen Augsburg gleich sieben ehemalige Fußballschüler auf dem Platz. Was unterscheidet die Freiburger von den anderen Nachwuchsstätten?
Lorenzoni: Die Harmonie untereinander stimmt einfach. Jeder einzelne Spieler wird gleich behandelt. Man sieht ja auch, dass Freiburg über die Jahre immer im Kollektiv stark war und nicht unbedingt durch Einzelspieler. Der Teamspirit wird einem sozusagen eingeimpft. In der Fußballschule wird dafür der Grundstein gelegt.
SPOX: Ihr Weg ist alles andere als normal verlaufen, wenn man ihn mit dem eines normalen aufstrebenden Talents vergleicht. Sie waren Kapitän der D-Junioren des FC Basel und sind dann wieder zurück zu Ihrem Heimatverein SV Herten, einem Kreisklassisten, gewechselt, ehe der SC Freiburg nach anderthalb Jahren anklopfte und Sie ins Breisgau lockte.
Lorenzoni: Der Schritt zurück nach Herten war damals das Beste, was ich hätte tun können. Klar, der Traum von der Profikarriere war erst einmal in weiter Ferne. Aber ab dem Zeitpunkt, als ich wieder mit meinen alten Mannschaftskammeraden zusammen auf dem Platz stand, wusste ich wieder, dass Fußball meine Leidenschaft ist, weil es eben extrem Spaß machen kann, gegen den Ball zu treten. Es heißt ja ein Schritt zurück, zwei nach vorne. Das Sprichwort traf darauf perfekt zu.
SPOX: Das klingt als ob Ihnen in Basel der Spaß am Fußball verloren ging.
Lorenzoni: Es ist schwer zu sagen. Sicher ist aber, dass vieles unter dem häufigen Training leiden musste. Seien es Freunde, andere Hobbys oder eben auch die schulischen Leistungen. Damals hatte ich ein wenig Probleme damit umzugehen. Nach meinem Jahr in Herten wusste ich einfach wieder, was ich will und wieso ich mir diesen Traum irgendwann unbedingt erfüllen möchte.
Selbst mal bei den Profis trainieren? Jetzt anmelden für die DB Fußball Camps
SPOX: Bei einem Ihrer Mitspieler in der Jugend des FC Basel verlief der Weg etwas geradliniger. Die Rede ist von Xherdan Shaqiri. Deutete sich schon damals an, dass er einmal zum größten Talent im Schweizer Fußball aufsteigen würde?
Lorenzoni: Man hat immer gemerkt, dass er mit voller Leidenschaft bei der Sache war und dem Fußball alles andere unterordnete. Dass Shaqiri viel Potenzial mitbringt, war jedem bewusst, der ihn einmal spielen sah. Sein Erfolg war quasi programmiert. Es gab aber auch viel Gegenwind für ihn, weil er immer einer der kleinsten in der Mannschaft war. Aber durch seine Kraft, seinen Willen und seine Technik hat er letztendlich jeden Skeptiker überzeugen können.
SPOX: Zum Abschluss die Frage der Fragen: Wieso spielt der Sportclub auch in der nächsten Saison erstklassig?
Lorenzoni: Es ist noch zu früh, sich mit einem möglichen Abstieg oder Nichtabstieg zu befassen. Wir denken von Spiel zu Spiel und werden für unsere Fans alles aus uns herausquetschen. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir weiter so arbeiten, am Ende der Saison unser Ziel erreichen können und uns für unsere Leistungen auf dem Platz belohnen werden.
Nicolai Lorenzoni im Steckbrief