Aron Johannsons Weg zur WM beginnt ziemlich genau vor einem Jahr, am 29. Juli. An diesem Tag löst der 23-Jährige auch unbewusst sein Ticket für Brasilien, als er sich entscheidet, in Zukunft das Trikot der USA überzustreifen.
Eine durchaus überraschende Entscheidung, stand Johansson doch schon im Kader von Island, dem Geburtsland seiner Eltern.
Während die europäischen Nordlichter ihren WM-Traum in den Playoffs begraben mussten, schoss Johansson in seinem dritten Pflichtspieleinsatz die USA zum Last-Minute-Sieg über Panama und Platz eins in der CONCACAF-Qualifikation.
Doch Johanssons Weg unter die Fittiche von Jürgen Klinsmann ist absolut untypisch - vielleicht sogar einzigartig. Geboren in Mobile/Alabama, zieht er mit seinen Eltern im Alter von drei Jahren zurück nach Reykjavik.
Schon damals war der kleine Aron absolut verrückt nach dem runden Leder: "Immer wenn meine Eltern mir einen Ball gegeben haben, habe ich stundenlang gespielt. Mit acht sagte mir mein Vater dann, dass ich einmal Profifußballer werden würde."
Angespornt von diesem Traum, kickt Johannson von da an bei Fjölnir Reykjavik, wo er mit Ausnahme von einer Saison in Kopavagur auch seine ganze Jugend-Laufbahn absolviert.
Aarhus entdeckt Johannson
Im Alter von 18 Jahren folgt dann der logische Schritt in die erste Mannschaft von Fjölnir. Den Abstieg aus der erstklassigen Pepsideild kann aber auch der junge Johannson nicht verhindern. Im isländischen Unterhaus läuft es allerdings viel besser für "The Islandic Volcano", wie ihn die US-Fans nennen.
Mit zwölf Toren in 18 Spielen schießt sich Johannson auf das Radar einiger ausländischer Klubs, im Sommer folgt der Wechsel in die zweite dänische Liga zu Aarhus GF. Nach sporadischen Einsätzen zu Saisonbeginn erspielt er sich einen Stammplatz und feiert zum Saisonende den Aufstieg in die Superliga.
Auf eine ordentliche Saison als Stammspieler folgt Johannson 2012 dann der endgültige Durchbruch. 14 Tore in 18 Spielen sind Grund genug für den AZ Alkmaar, den Mittelstürmer für die Rückrunde zu verpflichten. Vor allem ein Hattrick in weniger als vier Minuten gegen den AC Horsens überzeugt die Niederländer. Aufgrund von Leistenproblemen verzögert sich sein Eredivisie-Debüt aber bis zum 29.Spieltag, mit drei Toren in fünf Spielen deutet der US-Amerikaner aber sein Potenzial an.
Das kommt dann in der aktuellen Spielzeit zur vollen Entfaltung. Mit 17 Toren und sechs Assists ist Johansson Top-Scorer seiner Mannschaft. Alkmaars technischer Direktor Earnie Stewart, einst selbst US-Nationalspieler, stattet den Shootingstar daraufhin mit einem neuen Vertrag bis 2018 aus. "Aron hat sich bei uns sehr schnell entwickelt und es ist unglaublich, dass er schon in der ersten Saison unser Top-Scorer ist", sagt Stewart der niederländischen Zeitung "De Telegraaf".
Traum-Duo mit Altidore?
In Alkmaar kommt Johansson auch erstmals wieder mit seinem Geburtsland in Berührung, denn mit Jozy Altidore steht bei seiner Ankunft ein weiterer US-Amerikaner im AZ-Kader. Immer wieder buhlt dieser um die Gunst von Johansson, der bereits zehn Einsätze in der isländischen U 21 hinter sich hat, bei der Junioren-EM aber nicht im Kader stand. Die Nominierung für die Qualifikationsspiele gegen Zypern und die Schweiz sollte vorerst die letzte Berührung mit der Heimat seiner Eltern sein.
Neben Altidore hat auch Nationaltrainer Jürgen Klinsmann Johansson "sehr, sehr genau im Auge", schon im Mai 2013 verdichten sich die ersten Gerüchte um ein baldiges Debüt im Trikot der US-Boys.
Im August ist es dann endlich soweit: Johansson, der sein letztes Schuljahr an der renommierten IMG Academy in Bradenton in Florida absolvierte, weil "ich mich fernab von Partys und Feiern auf die Schule und Fußball konzentrieren wollte", wird gegen Bosnien-Herzegowina in der 63. Minute eingewechselt.
Seitdem ist Johansson fester Bestandteil der Mannschaft von Jürgen Klinsmann und ist absolut begeistert: "Ich bin total glücklich und freue mich auf die WM. Die Mannschaft hat mich super aufgenommen, obwohl ich ja außer Jozy niemanden so richtig kannte", erklärt Johansson im Interview mit dem dem US-Verband "USSF".
Auch familienintern zog der Flaggenwechsel keine Konsequenzen nach sich: "Meine Eltern haben mir schon vorab gesagt, dass sie voll hinter meine Entscheidung stehen, egal für wen ich am Ende auflaufe", so Johannson weiter.
"Bacon" vorne eiskalt
Angekommen im US-Trainingslager hatten seine Mitspieler dann auch schon einen passenden Spitznahmen für den 23-Jährigen. Aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Hollywood-Star Kevin Bacon nennen ihn seine Teamkollegen einfach nur "Bacon". "Mich hat mal ein US-Reporter in Dänemark darauf aufmerksam gemacht und jetzt hat sich das irgendwie etabliert", erklärt Johansson.
Neben Bacon weißt Johansson eine weitere frappierende Ähnlichkeit auf - allerdings zu seinem Trainer. Sieht man den Mittelstürmer spielen, erkennt man beinahe eine Blaupause des ehemaligen DFB-Torjägers.
Wie Klinsmann ist auch Johansson ein klassischer Strafraum-Stürmer, dessen Stärken im Antizipieren des Balles und dem Suchen von Lücken liegen. Zudem ist Johannson unglaublich kaltschnäuzig im Abschluss. Gegen Aserbaidschan demonstrierte er mit einem schönen Treffer außerdem seine Kopfballstärke.
Startplatz fraglich
"Es ist eine unglaubliche Ehre, unter Klinsmann zu trainieren. Wenn man weiß, was er alles erreicht hat, versucht man einfach jede Anweisung von ihm aufzusaugen und umzusetzen. Auch wenn wir meist nur drei oder vier Tage beim Nationalteam sind, nehme ich jedes Mal etwas davon mit", sagt Johannson.
Bislang wartet er noch vergeblich darauf, sich bei der WM nachhaltig in Szene zu setzen. Beim Sieg über Ghana wurde er in der 23. Minute für den verletzten Altidore eingewechselt, konnte aber nicht vollends überzeugen. Gegen Portugal (2:2) schmorte der 23-Jährige, der gemeinsam mit Mix Diskerud die Skandinavien-Connection bei den Amerikanern bildet, 90 Minuten auf der Bank.
In der Hitze Brasiliens wird es auch darauf ankommen, wie effizient die US-Boys ihre Chancen ausnutzen. Mit Johannson in der Mitte haben sie einen Mann, der jederzeit eiskalt zuschlagen kann. Und wer weiß, vielleicht kommt es gegen Deutschland (18 Uhr im LIVE-TICKER) zur Eruption des isländischen Vulkans.
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