Mit einer Ablösesumme von 222 Millionen Euro ist Neymar der teuerste Fußballer der Welt. Nach der Rückkehr von seiner monatelangen Verletzung will der Gillette-Markenbotschafter bei der WM 2018 in Russland mit Brasilien Weltmeister werden.
Im Interview spricht Neymar über seinen großen Kindheitstraum und das Leben als Superstar.
SPOX: Neymar, wann fing es bei Ihnen an, dass Sie der Fußball faszinierte?
Neymar: Sehr früh. Ich bin als kleines Kind irgendwann einmal ins Stadion des FC Santos mitgenommen worden. Das war eindeutig der Ausgangspunkt meiner Leidenschaft für den Fußball. Ein paar Stadionbesuche später war es endgültig um mich geschehen. Ich bin ein echter Santos-Fan geworden und habe parallel dazu selbst mit dem Kicken angefangen.
SPOX: War es damals schon Ihr Ziel, zu einem weltweiten Superstar zu werden oder hätte es Ihnen gereicht, einfach nur Fußballprofi zu werden?
Neymar: Das war schon sehr früh mein Ziel - eigentlich ab dem Zeitpunkt, an dem ich in einem Klub Fußball spielte. Das war mit elf Jahren. Es mag sich plump anhören, aber ich habe ab dann versucht, jeden einzelnen Tag besser zu werden und an mein Maximum zu gehen. Ich habe wirklich jeden Tag meines Lebens dafür gearbeitet und geopfert, um eines Tages Profi zu werden. Das war der einzige Traum, den ich je hatte. Ich träumte davon, für Santos in der ersten Mannschaft zu spielen, ins Nationalteam eingeladen zu werden und eines Tages nach Europa zu gehen. Damals war nicht absehbar, dass mir das gelingen wird, doch ich dachte ständig daran. Für mich gab es nichts anderes.
spoxSPOX: Gab es eine bestimmte Phase, in der Ihnen klar wurde, dass Sie zumindest einen gewissen Teil Ihres Traums erreichen werden?
Neymar: Den einen Zeitpunkt gab es nicht. Das war eher eine Entwicklung, die nach und nach darauf zusteuerte. Ich trainierte wie ein Verrückter mit meinem Ziel vor Augen. Das Ganze vollzog sich letztlich auf natürliche Art und Weise, würde ich sagen. Ich habe als Jugendlicher ja keinen Weg eingeschlagen, den vor mir noch niemand gegangen ist.
SPOX: Ein paar Jahre nach Ihrem Eintritt in einen Fußballverein hat ein anderer 222 Millionen Euro für Sie gezahlt. Sie sind jetzt der teuerste Fußballspieler aller Zeiten. Macht Sie das stolz?
Neymar: Auf die Ablösesumme bin ich nicht stolz und auch nicht darauf, der teuerste Spieler aller Zeiten zu sein. Das ist einfach nur Geld und sonst nichts. Dafür kann ich nichts.
SPOX: Was macht Sie dann stolz?
Neymar: Ich bin stolz darauf, dass ich mein Ziel erreicht habe, das ich mir als Kind gesetzt habe. Das war und ist für mich am wichtigsten. Es macht mich natürlich auch stolz, bei meinen Vereinen immer willkommen gewesen zu sein und dort viele sportliche Ziele erreicht zu haben. Man muss als Spieler immer zeigen, wer man ist und sich behaupten. Lediglich auf die Ablösesumme zu verweisen, hilft dir nicht weiter und sagt auch nichts darüber aus, wie gut du wirklich bist.
SPOX: Sind Sie eigentlich noch mit Freunden von früher in Kontakt?
Neymar: Natürlich, mit sehr vielen sogar. Zwei meiner engsten Freunde sind hier mit mir in Paris.
SPOX: Sie sind 26 Jahre alt und haben in Ihrer Karriere schon vieles erlebt. Was würden Sie als den größten Fehler bezeichnen?
Neymar: Ich habe sehr viele Fehler gemacht, da kann ich keinen bestimmten herauspicken. Letztlich habe ich immer daraus gelernt und manches würde mir heute bestimmt nicht mehr passieren. Ich bereue diese Fehler aber nicht und würde auch nicht in der Zeit zurückreisen wollen, um manche davon ungeschehen zu machen. Anfangs habe ich mich häufiger darüber geärgert. Mir wurde mit der Zeit allerdings bewusst, dass es natürlich ist, gerade in einem jüngeren Alter Fehler zu machen. Daran wächst man und das ist einfach menschlich. Das steht am Ende über allem: Ich bin auch nur ein Mensch wie jeder andere.
SPOX: Würden Sie gerne ein anonymeres Leben führen können, das nicht auf Schritt und Tritt verfolgt wird?
Neymar: Selbstverständlich. Ich hoffe, diese Antwort überrascht Sie jetzt nicht? (lacht)
SPOX: Kein Stück.
Neymar: Dennoch bin ich Gott sehr dankbar, dass ich zu dem wurde, der ich nun bin. Ich bin auch wirklich sehr dankbar dafür, viele Fans zu haben, die meine Karriere und mein Leben begleiten. Ich wäre aber auch manchmal gerne einfach nur ein stinknormaler Typ, der in der Lage ist, noch häufiger mit seinem Sohn und seiner Familie zusammen zu sein. Meine Privatsphäre könnte sehr gerne größer sein. Andererseits bin ich ja sozusagen auch selbst schuld daran. Ich habe mir gewünscht, erträumt und gehofft, einer der besten Fußballer der Welt zu werden. Dieses Leben habe ich mir also seit meiner Kindheit so erarbeitet. Darüber freue ich mich am meisten und deshalb darf und will ich mich auch nicht beschweren.
SPOX: Was machen Sie denn privat am liebsten?
Neymar: Große Geheimnisse sollte ich besser nicht verraten, denn wenn ich das tue, ist es schnell vorbei mit der Privatsphäre. (lacht) Es kommt bei mir immer auf den Tag und meine Laune an, manchmal auch auf das Wetter. Ich bin grundsätzlich sehr gerne zu Hause in den eigenen vier Wänden mit meiner Familie um mich herum. Wenn ich einmal privat vor die Tür gehe, dann meist mit meinem Sohn.
SPOX: Seit vergangenem Sommer gehen Sie in Paris privat vor die Tür. Wie empfanden Sie die erste Zeit in Frankreich und worin besteht für Sie der größte Unterschied zu den Brasilianern?
Neymar: Am wichtigsten war, dass ich nach meiner Ankunft auf Anhieb gut in Form war, ordentliche Spiele abgeliefert habe und wir in dieser Saison einige Titel gewonnen haben. Ich fühle mich in Paris wohl. Der Unterschied zwischen Franzosen und Brasilianern ist schon gewaltig. Die Brasilianer sind grundsätzlich lockerer und feierwütiger als die Europäer. Das sind für mich eigentlich die deutlichsten Merkmale. Die Europäer sind im Vergleich dazu in vielen Lebensbereichen sehr diszipliniert.
Neymar: Die Karrierestatistik in Verein und Nationalmannschaft
Team | Zeit | Spiele | Tore |
Brasilien | seit 2010 | 84 | 54 |
FC Santos | 2009 bis 2013 | 134 | 70 |
FC Barcelona | 2013 bis 2017 | 209 | 112 |
Paris Saint-Germain | seit 2017 | 30 | 28 |
SPOX: Die WM steht vor der Tür und Sie sind rechtzeitig von Ihrer dreimonatigen Verletzungspause zurückgekehrt. 2014 flog die Selecao nach einer 1:7-Niederlage gegen Deutschland aus dem Heimturnier - und Sie mussten verletzt zusehen. Wie blicken Sie heute darauf zurück?
Neymar: Das war eine riesengroße Niederlage - für jeden Brasilianer. Entsprechend natürlich auch für mich, denn obwohl ich nicht aktiv auf dem Feld stand, gehörte ich zur Mannschaft. Ich fühlte mich genauso geschlagen wie sie und war betroffen wie jeder andere auch. Die Erwartungen an uns im eigenen Land waren fast unmenschlich hoch und Deutschland ein exzellenter Gegner. Wir wussten, dass es schwer werden würde. Leider ist es so gekommen, wie es gekommen ist. Jetzt haben wir bald endlich wieder die Möglichkeit, die letzte WM wegzuwischen.