Ein Präsident im Frauenkostüm

Jörn Duddeck
17. Oktober 200821:47
SPOXImago
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Während sein Klub Rot-Weiß Oberhausen im Abstiegskrimi der zweiten Liga bei Osnabrück unterlag, hatte Präsident Hajo Sommers etwas anderes zu tun. Er war im Theater.

Der ehrenamtliche Vereinsvorsitzende betreibt hauptberuflich die Oberhausener Kleinkunstbühne "Ebertbad" und ist daher arbeitsmäßig voll eingespannt.

Sommers sieht die Sache trotz der prickelnden Tabellensituation relaxed: "Ich werde in regelmäßigen Abständen mit meinen Vorstandskollegen telefonieren und mich über den Spielstand informieren. Es ist nicht das erste Mal, dass ich ein Spiel verpasse."

Die Verlobte führt Regie

Als Theaterchef kümmert er sich nicht nur um den Betrieb, er tritt unter der Regie seiner Verlobten Gerburg Jahnke auch gelegentlich selbst als Darsteller auf. Im bald anlaufenden Stück "Kalte-Colts-und-heiße-Herzen" wird der 49-Jährige sowohl als Mann als auch als Frau zu sehen sein.

Bundesweit sorgte Sommers zuletzt für Aufsehen, als er einen Arbeitslosen spielte, der für Geld alle Hüllen fallen lässt. Seine Verlobte wurde einst durch das Oberhausener Frauenkabarettduo "Missfits" berühmt, das 2005 seine letzte Vorstellung im Hamburger "St. Pauli-Theater" hatte.

Sommers: "Sie fiebert natürlich mit. Wir haben aber festgestellt, dass es besser ist, wenn wir nicht gemeinsam ins Stadion gehen. Der Stress ist in der 2. Liga im Vergleich zur Oberligazeit, als ich hier anfing, für alle einfach viel größer geworden."

Auftritt als Flitzer platzt

Auch in Hamburg hat Sommers bereits gestrippt, im "Schmidts Tivoli", dem Theater des St. Pauli-Präsidenten Corny Littmann, mit dem Sommers eine enge Freundschaft verbindet, die über das alltägliche Fußballgeschäft hinausgeht.

Ratschläge habe sich Sommers jedoch zu seinem Amtsantritt nicht holen müssen: "Die haben viel mehr Fan-Klubs und machen mit Fanartikeln einen Umsatz, der mit unserem kaum vergleichbar ist. Wir haben ganz andere Voraussetzungen."

Der 8. Spieltag der 2. Liga im Überblick

Seiner Rolle als "Chef des Clans" beim Zweitligisten tun seine schrillen Auftritte keinen Abbruch. Zu gerne hätten ihn Spieler und Zuschauer auch als Flitzer im Niederrheinstadion über den Platz laufen sehen, doch sein Auftritt scheiterte daran, dass er gegen Stürmer Julian Lüttmann eine Wette gewann und Oberhausen den Aufstieg im vorletzten Regionalliga-Spiel gegen Erfurt nicht vorzeitig im eigene Stadion klarmachte.

Außen locker, innen knallhart

Der frühere Hockeyspieler des Oberhausener THC zieht einen Vergleich zwischen seinem Präsidentenamt und der Rolle als Theaterchef: "Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass die Stadt Oberhausen und RWO keine Kohle haben. Daher sind die Bedingungen ähnlich. Im Fußball ist aber der Spielausgang nicht so gut planbar, sonst würden viele Fans gar nicht ins Stadion gehen."

Das Theaterpublikum muss immer unterhalten werden, am Spielfeldrand ist Sommers allerdings keineswegs der Typ, der die Gesetzmäßigkeiten der Fußball-Unterhaltungsbranche bedient: "Ich weiß doch genau, was die Reporter nach Niederlagen hören wollen. Natürlich sind die dann enttäuscht, wenn von mir nur ein flapsiger Spruch als Antwort auf die Frage nach dem Trainer kommt."

Nach Außen gibt man sich in Oberhausen locker, intern wurde am Niederrhein stets knallharte Analyse betrieben. Dabei verliert Sommers nie aus dem Auge, dass der Verein noch Anfang 2006 kurz vor dem finanziellen Aus stand.

Grippewelle bereitet Sorgen

"Es war damals Viertel nach Zwölf als ich hier zusammen mit einigen Freunden aus dem Vorstand anfing. Das Risiko einer erneuten Verschuldung kommt für uns nicht in Frage, auch wenn die meisten Zuschauer gerne teure Stars sehen würden. Selbst wenn wir aus der 2. Liga absteigen, dann hat das den Verein weiter gebracht als ein Jahr in Liga 3. Wir müssen aus den ersten Spielen lernen und Fehler abstellen, die in Liga 2 sofort bestraft werden."

Schon bald könnte mit dem Senegalesen Papa Malick Diop ein Ex-Nationalspieler als Verstärkung für die nicht sehr sattelfeste Hintermannschaft hinzustoßen.

Der sei vor Schreck vom Stuhl gefallen, als er das finanzielle Angebot der Oberhausener zur Kenntnis nahm. Sommers nimmt es mit Humor: "Wir werden nochmal versuchen uns mit ihm in Verbindung setzen, wenn er wieder unter den Lebenden ist."

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