Kurz nach Saisonende, der Abstieg aus der Bundesliga frisch besiegelt, ließ sich Heribert Bruchhagen ein letztes Mal am Spielfeldrand vor die Kamera zerren. Ein wenig beschwert hat er sich dabei. Der Platzverweis gegen die Eintracht in Dortmund sei eine klare Fehlentscheidung gewesen.
Da das aber keinen mehr ernsthaft interessierte, setzte Bruchhagen zur Kampfansage an. In einem Jahr seien die Frankfurter zurück in der Beletage des Fußballs.
Bruchhagen kein Alleinherrscher mehr
Wenig später traf man einen einsamen Bruchhagen außerhalb der Katakomben des Signal Iduna Parks an. Ganz allein stand er da, um ihn herum fast kein Mensch. Er rauchte eine Zigarette. Man konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf ratterte. "SKY"-Kommentator Marcel Reif kam hinzu, die beiden unterhielten sich kurz.
Bruchhagen wird da schon gewusst haben, dass Christoph Daum das sinkende Schiff verlassen wird. Er wird auch gewusst haben, dass eine Menge Arbeit vor ihm und Eintracht Frankfurt liegt, der Abstieg deutete sich ja an, fast schon über Wochen.
Was den 62-Jährigen in diesem Moment so in sich gekehrt erscheinen ließ, war wohl auch die Erkenntnis, als Hauptverantwortlicher ausgedient zu haben.
Erster Sportdirektor seit acht Jahren
Längst stand fest, dass Bruchhagen im Abstiegsfall einen Sportdirektor neben sich zu dulden habe. Auf Bruno Hübner, vom MSV Duisburg losgeeist, fiel die Wahl. Er ist seit Tony Woodcock vor acht Jahren der erste, der bei den Hessen diese Berufsbezeichnung trägt.
Und Hübner ist es nun, der ab sofort die Hoheit über alle sportlichen Entscheidungen inne hat - das Aushandeln der Spielerverträge inklusive. Vorstandsboss Bruchhagen ist damit nicht übergangen, er wird kraft seines Amtes das finale Wort sprechen.
Die Kerngebiete der beiden sind also klar abgesteckt. Hübner wird dabei nicht Bruchhagens Adjutant sein. Mit einer solchen Lösung hätte Bruchhagen beim Aufsichtsrat keine Chance gehabt. Es wird daher spannend sein zu sehen, wie er seine neue Rolle nach fast acht Jahren Alleinherrschaft annimmt und interpretiert.
Eintracht: Kein Umbruch geplant
Er muss nun einen Teil seiner Macht abtreten, noch mehr delegieren und zusammen mit Hübner geschlossen nach außen auftreten. Kompetenzgerangel wäre da pures Gift. "Ich muss das Gefühl haben, die Geschicke eines Vereins lenken zu können", kündigte Hübner vorab schon einmal an.
Das Spielerbudget, zwischen 19 und 20 Millionen Euro groß und neuer Rekord in der Geschichte des Unterhauses, darf er ganz alleine lenken. Dass er weiß, wie das in der 2. Liga geht, hat er in den dreieinhalb Spielzeiten an der Wedau eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Beinahe in jeder Saison war Hübner gezwungen - freilich mit deutlich weniger Kapital -, einen personellen Umbruch einzuleiten. Er brachte dabei Spieler wie Sandro Wagner, Olcay Sahan oder Julian Koch hervor und senkte zudem das Durchschnittsalter des Kaders.
Ein Umbruch ist in Frankfurt jedoch nicht nötig, so Hübner. Eher "punktuelle Veränderungen, die Mannschaft hat bewiesen, dass sie sogar erstklassig sein kann."
"Das letzte Mal hatte ich Spaß beim VfB Stuttgart"
Derjenige, der das Team wieder in die Erstklassigkeit führen soll, ist Armin Veh. Das kam überraschend, hatte doch Veh zuletzt beim Hamburger SV sichtbar die Schnauze voll ("Das letzte Mal hatte ich Spaß beim VfB Stuttgart") und ließ daher den - im Rückblick etwas unbedachten - Satz fallen, keine Mannschaft mehr in Deutschland übernehmen zu wollen.
Hübner schaffte es, Veh von der Aufgabe am Main zu überzeugen. Er war von Beginn an sein Wunschkandidat. Bruchhagen und der Aufsichtsrat hoben den Daumen.
Der Coach, mit dem für seine Engagements üblichen Einjahresvertrag ausgestattet, ließ bei seiner Vorstellung allerdings auch keinen Zweifel daran, dass er bei Nichtaufstieg das Weite suchen werde.
Veh zuletzt 2001 in der 2. Liga
Veh soll und wird sich anders als zuletzt in Wolfsburg und Hamburg nur ums Sportliche kümmern. Damit hat er genug zu tun und dort liegen auch seine Stärken. "Du kannst nicht den Trainer alleine entscheiden lassen, welche Spieler geholt werden. Dann ist der Trainer weg, und die Spieler sind da", stützte Veh den vorgegebenen Kurs.
Die Frage, ob Veh und die 2. Liga zusammenpassen (Veh arbeitete dort zuletzt 2001 mit dem SSV Reutlingen), war für Hübner schon während der Trainersuche kein entscheidender Faktor: "Das ist nicht so wichtig. Zum einen kenne ich die Liga, zum anderen ist die Fluktuation in dieser Klasse so groß, dass es nicht weiter ins Gewicht fällt, wenn man die Liga nicht haargenau kennt."Hübner baut selbstbewusst auf seinen profunden Erfahrungsschatz und hat einen Trainer an Land gezogen, der prädestiniert scheint, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen.
Hübner: "Wir müssen Spielformen üben"
"Du musst schnell nach vorne spielen in der zweiten Liga. Wir brauchen noch ein, zwei schnelle Spieler. Und dann müssen wir im Training Spielformen üben. Wir müssen endlich wieder in die Tiefe spielen und nicht mehr quer. Da muss der Trainer seine Handschrift einbringen, da muss seine Philosophie durchkommen. Denn bei aller Kampfkraft, die du in der zweiten Liga brauchst: Du musst die fußballerischen Elemente beibehalten", erläutert Hübner.
Am Ende soll, ja muss, der Aufstieg stehen, denn die Eintracht wird von der Pole-Position in die Saison gehen. Man wird sich jedoch mit der Rolle des Gejagten erst anfreunden müssen und einen langen Atem benötigen. Es ist also nicht nur Bruchhagen, der sich an neue Begebenheiten gewöhnen muss.
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