"Es geht um Existenzen"

Von Interview: Andreas Dieterle
Markus Kauczinski im Mai 2013 nach dem Aufstieg in die 2.Liga
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Wie war es dann 2012, von Oliver Kreuzer zum Cheftrainer befördert zu werden? Der KSC lag damals auf Platz 17 in Liga zwei.

Kauczinski: Die Wertschätzung habe ich schon immer gespürt, egal ob von Oliver Kreuzer oder vom Präsidium - ich hatte davor schlichtweg keine Lizenz, um Cheftrainer zu werden. Als ich die Prüfung gemacht habe, war ich vier Tage später plötzlich Coach. In so einer Krisensituation diese Aufgabe übergeben zu bekommen, ist eine hohe Bürde - aber eben auch eine Herausforderung.

SPOX: Und diesen Rückhalt vom Präsidium spüren sie noch heute?

Kauczinski: Ja, ich habe absolute Rückendeckung. Wir sind uns absolut einig über den Weg des Klubs, dass es mit kleinen Schritten vorangeht. Uns ist allen noch im Gedächtnis, wie es die Jahre vorher war, eine Achterbahnfahrt, in der wir ums Überleben gekämpft haben. Nach dem Aufstieg haben wir eine gute Zweitligasaison gespielt, jetzt sind wir Siebter. Wir haben natürlich Erwartungen geweckt, aber wir wissen auch, wo wir herkommen. Es gibt in einigen Dingen noch Luft nach oben, wie bei der Infrastruktur und der Entwicklung der Spieler.

SPOX: In Sachen Rückendeckung dürfen Sie sich dann ja glücklich schätzen, wenn man sich Kollegen wie Jens Keller anschaut.

Kauczinski: Ich glaube, jeder weiß, wie dieses schnelllebige Geschäft ist und wie es sein kann. Es geht um den Verein und um Existenzen. Wenn die Zukunft in Gefahr ist, ist der Trainer als sportlich Verantwortlicher der Erste, der infrage gestellt wird. Dafür wird man auch gut bezahlt, damit kann man leben. Ich habe aber nicht das Gefühl, hier jahrelang über meinem Limit gearbeitet zu haben. Deshalb ist es immer gut, wenn die Verantwortlichen eine gesunde Einschätzung haben. Aber auch ich muss mich hinterfragen lassen und mich für die Ergebnisse verantworten. In einem normalen Job wird man in hohen Positionen auch zur Verantwortung für Handlungen gezogen. Prinzipiell finde ich es immer gut, wenn man Geduld hat. Aber ich als Trainer muss auch mal einem Spieler sagen: 'Jetzt geht es nicht anders, jetzt habe ich dir genug Chancen gegeben.'

SPOX: Kommen wir auf die Infrastruktur zurück. Ein neues Stadion ist gerade in der Planung. Verspüren Sie Vorfreude auf die neue Spielstätte?

Kauczinski: Vorfreude ist gut, scherzhaft könnte man sagen: mal sehen ob ich das noch erlebe (lacht). Aber wir freuen uns natürlich, für den Klub ist es überlebenswichtig, um die nächsten Schritte zu gehen und finanziell noch stabiler zu werden. Aber sollte die Entscheidung, mit dem Bau zu beginnen, jetzt fallen, ist es vielleicht 2019 fertig. Ich würde mich jetzt nicht trauen zu sagen: "In fünf Jahren bin ich noch hier". Ich unterstütze das Projekt natürlich, man wird sehen, wo ich dann bin.(lacht)

SPOX: Könnten Sie sich nach so langer Zeit beim KSC einen Wechsel zu einem anderen Verein überhaupt noch vorstellen?

Kauczinski: Das kann ich mir absolut vorstellen. Ich bin 44, meine Trainer-Karriere hat gerade erst angefangen. Der Wechsel damals von Schalke zu Karlsruhe war ein Abenteuer, der Schritt ins Ungewisse hat mich aber dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Ich stehe Veränderungen offen gegenüber. Wenn ich eine Entwicklung sehe und es eine Perspektive gibt, gehe ich natürlich den Weg beim KSC weiter.

SPOX: Sie haben ihre Vergangenheit auf Schalke schon angesprochen. Wie sind ihre Erinnerungen an diese Zeit?

Kauczinski: Das war noch etwas Unberührtes, Jungfräuliches als Trainer in der Jugend. Man hatte einfach Spaß an der Arbeit und Spaß am Fußball. Man bekommt unheimlich viel zurück von den Spielern, wenn die Karriere und das Geld noch nicht so im Vordergrund stehen. Das war irgendwie reiner.

SPOX: Was sind die großen Unterschiede gerade im Training zwischen Profis und Jugendspielern?

Kauczinski: Die Jungs sind im Wachstum und müssen natürlich ganz anders belastet werden. Und als Jugendkoordinator war das natürlich eine viel umfassendere Arbeit. Man muss sich um das Training kümmern, Spieler sichten und verpflichten, mit den Mannschaften zum Bahnhof fahren. Man muss schauen, wie die Jungs zum Training kommen, es gibt Schulprobleme, bei den Eltern muss man Rede und Antwort stehen. Das ist etwas ganz anderes als im Profibereich. Dort hält das Team einem den Rücken frei und man kann sich viel mehr auf den Fußball konzentrieren.

SPOX: Ein schwieriges Thema sind die immer wieder aufkommenden Ausschreitungen der Fans. Beim Spiel gegen Kaiserslautern gab es wieder erhebliche Probleme. Wie sehr belastet das einen Trainer?

Kauczinski: Im ersten Moment ist es nicht wirklich belastend, denn direkt nach dem Spiel steckst du als Trainer im Alltag, in festgelegten Abläufen. Das ist natürlich nie schön, aber man muss die Nerven bewahren. Es schadet auch dem Verein, wenn er in solche Schlagzeilen gerät. Wir hatten in der dritten Liga schon ein Geisterspiel gegen Osnabrück, das nicht schön war. Es ist ärgerlich, wenn sich die Dinge wiederholen.

SPOX: Die Diskussion, die sich daraus auch entwickelt hat, ist die Entscheidung über ein Montagsspiel für den KSC. Sie spielen meist Samstag oder Sonntag. Hätten Sie mal wieder Lust auf ein Abendspiel?

Kauczinski: Das ist für uns im Sport kein großes Thema. Wir wurden letztes Jahr nicht berücksichtigt, aber ich sehe keine böse Absicht dahinter. Wir jammern nicht, vielleicht klappt es ja im neuen Jahr.

Seite 1: Kauczinski über die Stärke seiner Mannschaft und den Job als Interimstrainer

Seite 2: Kauczinski über die Beförderung zum Chefcoach und Fan-Ausschreitungen