"Man muss sehen, wo wir herkommen"

Präsident und Vize: Bernhard Bauer (l.) mit Bob Hanning
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SPOX: Ab wann wäre das Turnier aus Ihrer Sicht ein Erfolg?

Bauer: Da bleibt die Zielsetzung von vor der WM bestehen: Wir müssen das Achtelfinale erreichen. Dann kommt es nicht in erster Linie auf die Platzierung an, sondern darauf, wie die Mannschaft auftritt. Wenn sie zeigt, dass sie einen oder mehrere Schritte nach vorne gemacht hat, ist alles offen. Aber zu sagen, es wäre nur bei Platz x ein Erfolg, wäre verfrüht. Wir sind schließlich noch am Anfang unserer Entwicklung. Und Entwicklung heißt, wir müssen auch etwas draufsetzen können.

SPOX: Handball findet in Deutschland nur ein breites öffentliches Interesse, wenn das DHB-Team erfolgreich ist. Die bisherigen Auftritte lösten zumindest einen kleinen Aha-Effekt aus. Wie wichtig ist das?

Bauer: Ich habe bereits vor dem WM-Start gesagt, dass wir in der Bringschuld sind. Grundsätzlich ist klar, dass es vom Fußball abgesehen für jede Sportart enorm wichtig ist, erfolgreich zu sein. Das gilt auch für eine Traditionssportart, wie es Handball in Deutschland ist. Wir sind nach dem Fußball regelmäßig die Nummer eins. Wir müssen jetzt die Bevölkerung mitnehmen. Die müssen sagen: Hoppla, schau die Handballer, da geht was. Die Chance dazu bietet sich uns in Katar.

SPOX: Stichwort Katar. Wie ist bisher Ihr Eindruck von diesem Turnier?

Bauer: In Sachen Organisation gibt es keine Kritikpunkte. Die Bedingungen, die für die Spieler wichtig sind, sind fast einzigartig. Dabei denke ich an das Hotel, die Arenen, die Trainingsmöglichkeiten. Es wird in diesem Bereich in Zukunft für jedes Land schwierig sein, dieses Niveau zu halten.

WM-Roundup: Alle Spiele, alle Gruppen, alle Topscorer

SPOX: Jeden zweiten Tag ein Spiel, zahlreiche Termine außen herum. Hat der DHB das Thema Menschenrechte in dieser Situation trotzdem im Kopf?

Bauer: Das haben wir. Darüber sprachen wir auch mit der deutschen Botschafterin hier in Katar.

SPOX: In welche Richtung ging das Gespräch.

Bauer: Ich war ja mittlerweile schon ein paar Mal in Katar. Und es ist schon so, dass wir in solchen Dingen oft zu schnell zu einem Schwarz-Weiß-Denken neigen. Natürlich ist die Situation in Katar eine ganz andere als bei uns. Frauenrechte, Arbeitnehmerrechte und so weiter. Das sprechen wir auch an. Aber uns wurde auch gesagt, man ist auf dem Weg, in vielen Bereichen eine Entwicklung einzuleiten. Dass längst nicht der Standard erreicht ist, den wir in Deutschland über viele Jahre in der Diskussion erreicht haben, ist verständlich.

SPOX: Was meinen Sie genau?

Bauer: Man muss berücksichtigen, wo Katar herkommt, wie sich das Land in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: Bei uns ging es auch erst Ende des 19. Jahrhunderts mit Bismarcks Sozialgesetzen los. Immer wieder ist es in den Jahren danach gelungen, etwas draufzulegen. Wir sollten nicht immer von außen mit dem Finger auf andere zeigen, sondern mit ihnen diskutieren und Wege aufzeigen, wie es geht.

SPOX: Warum müssen dafür gleich Weltmeisterschaften an Katar vergeben werden?

Bauer: Ich glaube, gerade solche Veranstaltungen, bei denen man miteinander spricht, bei denen Spieler aus unterschiedlichen Gesellschaftsformen miteinander sprechen, helfen, so ein Land für die Zukunft zu öffnen.

Seite 1: Bauer über Dagurs Power, Kretzsche und den WM-Start

Seite 2: Bauer über den Stellenwert des Handballs und Menschenrechte

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