Igor Vori im Interview: "Deutschland spielt mit so viel Aggressivität und Emotionen"

Igor Vori hat seine Spielerkarriere beendet und ist jetzt Teammanager der Kroaten.
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SPOX: Ivano Balic war ein Genie auf dem Feld. Wie war es, mit ihm zusammenzuspielen?

Vori: Es war fantastisch. Es war ein Privileg, mit ihm auf der Platte zu stehen. Aber es war nicht nur Ivano, unsere Generation war mehr als eine Mannschaft, wir waren eine große Familie. Wir hatten ein sehr spezielles Verhältnis untereinander, die Atmosphäre war unfassbar gut.

SPOX: 2009 sind Sie in die Bundesliga nach Hamburg gewechselt. Was sind Ihre Gedanken beim Blick zurück?

Vori: Hamburg war die beste Zeit meiner Karriere. Ich hatte eine unglaublich schöne Zeit dort. Ich habe großen Respekt vor Martin Schwalb, der für mich einer der besten Trainer der Welt ist. Wir hatten bei jedem Spiel eine volle Halle mit einer super Stimmung. Es ist so schade, was mit dem Verein passiert ist. Ich hoffe wirklich sehr, dass Hamburg in einigen Jahren wieder in der HBL spielt. Der deutsche Handball braucht Hamburg als Standort.

Igor Vori über den Triumph in der Champions League

SPOX: Der größte Erfolg mit Hamburg war der Champions-League-Triumph in einem wahnsinnigen Finale gegen Barcelona, in dem Mimi Kraus groß aufspielte.

Vori: Das war großartig. Zu Mimi habe ich immer noch Kontakt, auch zu den Gille-Brüdern und vielen Menschen außerhalb des Vereins, ich habe in Hamburg Freunde fürs Leben gefunden. Und mit Dule bin ich jetzt hier. (lacht) Aber zurück zu Mimi: Ich bin mir sicher, dass er im deutschen Team stehen würde, wenn die Verletzung nicht dazwischengekommen wäre. Wie Mimi davor gespielt hat, war unfassbar. 18 Tore, 12 Tore, 10 Tore - ich hoffe, er kommt gesund zurück und macht so weiter.

Igor Vori gewann an der Seite von Mimi Kraus mit Hamburg die Champions League.
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Igor Vori gewann an der Seite von Mimi Kraus mit Hamburg die Champions League.

SPOX: Wie schätzen Sie das DHB-Team bei der WM bislang ein?

Vori: Die Deutschen haben eine starke Mannschaft. Sie spielen mit Kopf, jeder weiß auf dem Feld, was er zu tun hat. Und sie haben diese gewaltige Unterstützung von den Fans. Ich denke, dass Deutschland noch länger dabei sein wird im Turnier. Deutschland und Kroatien im Halbfinale, wo muss ich unterschreiben? (lacht)

SPOX: Deutschland ist mit Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Jannik Kohlbacher auf Ihrer alten Position am Kreis stark besetzt. Was sagen Sie zu den dreien?

Vori: Deutschland hat drei unglaubliche Kreisläufer. Zwei spielen in Kiel, der andere bei den Löwen - das sagt doch schon alles über die Qualität aus. Pekeler hat im Angriff einen riesigen Schritt nach vorne gemacht, Wiencek hat jetzt auch schon viel Erfahrung gesammelt. Aber mich beeindrucken nicht nur die Kreisläufer. Wenn ich Deutschland sehe, sehe ich eine Mannschaft, die mit so viel Aggressivität und Emotionen spielt, das ist beeindruckend und super für den Handballsport in Deutschland.

Igor Vori: "Es ist nicht normal, was im Handball los ist"

SPOX: Wer am Ende Weltmeister ist, wird in zweieinhalb Wochen zehn Spiele absolviert haben. Das hammerharte Programm im Handball wurde schon oft thematisiert, was ist Ihre Meinung dazu?

Vori: Es ist ein extrem schwieriges Thema. Es ist nicht normal, was im Handball los ist. Wir müssen innerhalb von 24 Stunden zwei Top-Spiele gegen Mazedonien und Spanien bestreiten, Deutschland musste an zwei Tagen nacheinander gegen Russland und Frankreich ran. Das geht nicht. Du hast keine Chance, in so kurzer Zeit zu regenerieren. Und am Ende verliert nur der Handball, egal ob Spieler oder Fans, jeder verliert.

SPOX: Haben Sie auch selbst mit Schmerzmitteln gespielt?

Vori: Ja, so wie jeder. Das war ganz normal.

SPOX: Letzte Frage, sehen wir Sie in einer Funktion vielleicht mal in Deutschland wieder?

Vori: Man weiß nie, was passiert. Das Leben kann unvorhersehbar sein. Schauen wir mal, im Moment bin ich sehr glücklich mit meiner Rolle in Kroatien. Ich hatte mein ganzes Leben lang nur Sport im Kopf und bin dankbar, wie meine Karriere verlaufen ist. Jetzt kann ich wie erwähnt auch nach der Karriere das machen, was mir am meisten bedeutet. Ich könnte aktuell wirklich nicht zufriedener sein.

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