Frage: Nach der Angola-Niederlage und dem WM-Aus hat sich die gesamte DBB-Delegation für mehrere Minuten in der Kabine eingeschlossen. Was haben Sie Ihren Spielern gesagt?
Dirk Bauermann: Ich habe den Spielern dafür gedankt, dass sie eine so toll funktionierende Mannschaft waren und dass sie mir vertraut und sehr hart gearbeitet haben. Der Dank richtete sich auch an die Co-Trainer und Betreuer, von denen ich perfekt unterstützt wurde. Über etwas anderes zu reden war nicht sinnvoll. Jeder weiß genau, was besser hätte laufen können, da muss man nicht den Finger in die Wunde legen. Da saßen viele nicht nur mit Tränen in den Augen, es wurde Rotz und Wasser geheult.
Frage: Sie selbst wirkten nach dem Abpfiff tief berührt. Wie sieht es in Ihnen aus?
Dirk Bauermann: Es ist sicher der bitterste Moment mit der Nationalmannschaft. Vielleicht noch vergleichbar mit dem verlorenen EM-Finale 2005. Damals war es ein großer Erfolg, aber das Gefühl ist ähnlich traurig. Die junge Mannschaft hätte für die harte Arbeit und das gute Miteinander und das gute Zuhören eine Belohnung verdient gehabt.
Frage: Sie haben als Ziel das Erreichen des Achtelfinals ausgegeben. Kommt nach dem Verpassen des Ziels ein Rücktritt in Betracht?
Bauermann: Nein. Wir haben immer gesagt, dass wir die Mannschaft entwickeln wollen. Unser wichtigstes Ziel lautet, junge Spieler an das Weltniveau heranzuführen - und das haben wir hundert Prozent erreicht. Was wir nicht erreicht haben, ist das Achtelfinale, das jedoch nur denkbar knapp. Das müssen die Leute anerkennen. Wir haben den deutschen Basketball hervorragend verkauft.
Frage: Wie sehr schadet die Niederlage jedoch der generellen Entwicklung des Basketballs in Deutschland? Nach dem Einstieg des FC Bayern und Tibor Pleiß' Draft ist in den letzten Monaten eine kleine Euphorie entstanden, die mit einem Schlag verschwunden ist.
Bauermann: Sie schadet nachhaltig überhaupt nicht. Im Achtelfinale hätten wir es mit großer Wahrscheinlichkeit mit den USA zu tun bekommen, was eine sensationelle Geschichte gewesen wäre. Ein Spiel gegen die USA mehr oder weniger ändert jedoch nichts an der Zukunft des Basketballs.
Frage: Warum so zuversichtlich?
Bauermann: Ein Zeichen dafür ist ja schon, dass uns viele Nationen sehr beneiden. Im türkischen Fernsehen wurden wir zuletzt mit dem FC Arsenal und Arsene Wenger verglichen. Dass wir eine Art Basketball-Schule verkörpern mit vielen jungen Spielern, die einen weiten Weg vor sich haben, aber über eine Menge Potenzial verfügen. Unser episches Spiel gegen Serbien gilt als das beste des Turniers. Ich glaube, dass die Leute eine Menge zurückbekommen, wenn sie unseren Basketball sehen. Von daher mache ich mir keine Sorgen.
Frage: Besteht die Gefahr, dass das WM-Aus länger in den Köpfen nachhängt?
Bauermann: Die Fähigkeit, Rückschläge zu verarbeiten und den eigenen Weg zu verfolgen, gehört zum Sport dazu. Wir wissen über das große Potenzial und werden weiter hungrig auf Erfolge sein. Die große Depression wird nicht einsetzen.
Der WM-Spielplan: Alle Spiele, alle Gruppen, alle Topscorer!
Frage: Sie nehmen Ihre Mannschaft in Schutz. Dennoch die Nachfrage: Wie enttäuscht sind Sie speziell vom Auftreten Ihrer beiden Routiniers Steffen Hamann und Demond Greene?
Bauermann: Das Letzte, was wir machen sollten, ist über einzelne Spieler und deren Fehler zu sprechen. Keiner macht es mit Absicht und auch anderen guten Spielern ist in solchen Situationen Ähnliches passiert. Schuldzuweisungen wären falsch und ungerecht, Schwamm drüber.
Frage: Und was war mit der fehlenden Dominanz unter dem Korb, obwohl das DBB-Team im Schnitt deutlich größer ist als Angola?
Bauermann: Es war nicht so, dass die Großen bei uns nicht erfolgreich gespielt hätten. Jan Jagla hatte 23 und Tim Ohlbrecht 17 Punkte. Und Tibor Pleiß ist einfach noch nicht in der Lage, ein Spiel offensiv zu tragen. Bei Olympia 2008 konnten wir gegen Angola immer in Brettnähe Dirk Nowitzki und Chris Kaman anspielen und dann warten, ob sie selbst punkten oder den Ball einem freien Mitspieler zu passen. So weit ist Tibor noch nicht. Größe ist das eine, aber dazu gehört auch eine basketballerische Reife, die es erlaubt, diese Größe auszuspielen.
Frage: Wie lautet Ihr Fazit?
Bauermann: Wir hatten die jüngste deutsche Nationalmannschaft aller Zeiten. Dementsprechend wurde viel gelernt - und das muss man im größeren Zusammenhang anerkennen. Die jungen Spieler haben an Erfahrung dazu gewonnen und werden noch motivierter sein, hart zu arbeiten. Wir müssen nicht mit gesenktem Haupt nach Hause fliegen.