"Ein riesiges Horror-Szenario"

Von Interview: Haruka Gruber
Das NBA-Motto "Where amazing happens": Die BSW Sixers können ein Lied davon singen
© Getty

Eigentlich ist es kaum zu glauben... Die NBA bedrohte die Existenz eines deutschen Drittliga-Aufsteigers. Fast kam es zu einer Justizschlacht - doch am Ende siegte der Zwerg. Die Vorgeschichte: Um die Namensrechte der Philadelphia 76ers zu schützen, kündigte die NBA eine Klage gegen die BSW Sixers aus Sachsen-Anhalt an. Nun gelang eine außergerichtliche Einigung. Im Interview spricht Sixers-Manager Maik Leuschner über die Farce, seine große Angst und Peter "The next Nowitzki" Fehse.

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SPOX: Die Meldung erstaunt jeden, doch was steckt dahinter? Wie konnte es passieren, dass die NBA eine Klage gegen die BSW Sixers vorbereitet?

Maik Leuschner: Da muss ich von vorne beginnen: 2006 fusionierten die Basketball-Abteilungen von drei Vereinen und der neu entstandene Klub bekam den Namen BG Bitterfeld-Sandersdorf-Wolfen 06 e.V. Aber schon bei der Gründungsveranstaltung hat sich das Kürzel durchgesetzt: BSW Sixers. Kein Mensch in unserer Region benutzt "BG Bitterfeld-Sandersdorf-Wolfen 06 e.V." - und als die ersten Erfolge gefeiert wurden, entstand die Idee, die "BSW Sixers" als Marke zu schützen. Eigentlich alles ganz harmlos. Wir meldeten den Namen also beim deutschen Markenpatentamt in München an.

SPOX: Dann begannen die Probleme?

Leuschner: Mitte Mai 2010 erhielten wir ein Schreiben von einer großen Münchner Anwaltskanzlei, die von der NBA beauftragt wurde. Darin war eine Unterlassungserklärung verbunden mit der Forderung, dass wir unseren Namen und unser Logo nicht mehr benutzen sollen, weil sie mit den Rechten der Philadelphia 76ers kollidieren würden. In einem eventuellen Prozess wäre es sicherlich zu einer hohen Schadenersatzforderung gekommen.

SPOX: Wie wurde die NBA überhaupt auf einen kleinen Basketball-Klub aus Sachsen-Anhalt aufmerksam?

Leuschner: Genau wissen wir es nicht, aber wir nehmen an, dass die NBA weltweit ihre Markenrechte überwachen lässt und dass sich auch in Deutschland ein Büro darum kümmert, im Falle eines möglichen Rechtsstreits die Liga zu alarmieren. Das Vorgehen der NBA ist bei großen Firmen offenbar üblich: Sie baute ein riesiges Horror-Szenario auf, um uns einzuschüchtern.

SPOX: Aber Sie ließen sich nicht einschüchtern.

Leuschner: Unsere Anwälte erklärten uns, dass normalerweise der David gegen den Goliath einknickt und den Forderungen nachgibt. Alleine schon, um die sehr kostspieligen Gerichtsverhandlungen zu ersparen. Wir wollten den Namen und das Logo jedoch nicht kampflos hergeben. Das waren wir den Fans, den Sponsoren und uns selbst schuldig.

SPOX: Wie lautete Ihre Strategie?

Leuschner: Wir wussten, dass wir rechtlich sehr gute Chancen hatten. Nur: Die NBA wäre bestimmt durch alle Instanzen gegangen - und das hätten wir finanziell nicht durchstehen können. Deswegen war eine außergerichtliche Lösung unsere einzige Chance.

SPOX: Wie gelang es, die NBA davon zu überzeugen, die geplante Klage fallenzulassen?

Leuschner: Ein großes Lob an unsere Anwälte. Sie handelten mit den Vertretern der NBA aus, dass wir den Namen behalten dürfen, dafür aber das Logo minimal verändern, indem wir die beiden Sterne herausnehmen und den Farbverlauf leicht verändern. Das hat der NBA offenbar ausgereicht - was uns wiederum zugegebenermaßen etwas überrascht hat.

SPOX: Die NBA veranstaltete über ein Jahr lang eine seltsame Posse. Welches Wort haben Sie für die Farce?

Leuschner: Auf jeden Fall ist das alles kaum zu glauben. Wenn ich nicht selbst involviert wäre, hätte ich die Story als Märchen abgetan. Was das alles so merkwürdig macht: Keiner versteht, worum es der NBA eigentlich ging. Erstens: Philadelphia heißt nicht einmal "Sixers", sondern "76ers". Zweitens: Die Logos haben fast nichts gemeinsam, selbst bei den Sternen kann ich keine Ähnlichkeiten erkennen. Und drittens: Es bestand doch nicht einmal ansatzweise die Gefahr einer Verwechslung - hier die BSW Sixers, dort der riesige NBA-Klub.

SPOX: Obwohl die Auseinandersetzungen über ein Jahr gingen, drang nichts an die Öffentlichkeit durch. Warum?

Leuschner: Wir entschieden im kleinen Kreis - nur der Präsident, der Vorstand und ich -, dass das Thema nicht in die Öffentlichkeit darf. Sonst hätte die NBA womöglich eher darauf bestanden, den Prozess durchzuziehen. Es wäre jedoch unser Todesurteil, unser Ruin gewesen. Einen Gerichtsstreit gegen das Milliarden-Unternehmen NBA hätte ein Klub mit einem Mini-Etat nie überlebt.

Peter Fehse anno 2009: "Die NBA ist noch immer ein Traum"

SPOX: Wie landete die Meldung über den Verzicht der NBA auf die Klage bei den überregionalen Agenturen?

Leuschner: Kurz vor dem Zustandekommen der Vereinbarung mit der NBA sickerte doch noch etwas zur "Mitteldeutschen Zeitung" durch. Aber ich bat persönlich den Redakteur inständig darum, erst einmal keinen Artikel zu verfassen, weil es der Sache geschadet hätte. Er hielt sich daran und schrieb erst etwas, als alles durch war. Diese Meldung übernahmen dann die Agenturen und so machte sie die Runde. Jetzt sind wir froh, dass der Druck vorbei ist und dass wir uns wieder auf das Sportliche konzentrieren können.

SPOX: Dass die BSW Sixers sportlich erfolgreich sind, geriet in den Hintergrund. Mit welchen Zielen geht die Mannschaft von Trainer und Ex-Nationalspieler Stephen Arigbabu in die kommende Saison?

Leuschner: Nach drei Aufstiegen in fünf Jahren und der Auseinandersetzung mit der NBA ist die Zeit für eine Konsolidierung gekommen. Für uns geht es darum, uns in der ProB zu etablieren.

SPOX: Werden Sie dabei weiter auf die Mithilfe von Peter Fehse zählen können? Der ehemalige NBA-Draft-Pick und designierte Nowitzki-Nachfolger versuchte nach unzähligen Verletzungen bei den Sixers einen Neuanfang.

Leuschner: Er ist seit Januar 2010 bei uns. Wir führen aktuell Gespräche, wie es weitergeht. Er kann zwar wieder spielen, aber die Problematik wegen seiner Verletzungsanfälligkeit besteht immer noch. Jeder sieht, dass er Talent mitbringt, aber nach über zwei Jahren Pause und der Beinahe-Invalidität kann er gewisse Dinge auf dem Court einfach nicht mehr umsetzen. Dennoch kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er bei uns bleibt.

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