Wie McHale gepaart mit Gallinari

Von Philipp Dornhegge
Trotz seiner Größe verfügt der 16-Jährige Niklas Kiel über einen guten Distanzwurf
© imago

Basketball-Deutschland hat im Nachwuchsbereich ein Problem? Mitnichten! Zahlreiche Talente drängen darauf, in den kommenden Jahren den Sprung in die BBL oder gar in die europäische Spitze zu schaffen. Der eine oder andere kommt sogar als zukünftiger NBA Draft Pick in Betracht. SPOX stellt eines dieser Toptalente vor: Niklas Kiel, Forward für Herford und die finke baskets aus Paderborn.

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Das ist Niklas Kiel

Mit einer Größe von 2,07m und einer Spannweite von ca. 2,12m hat Niklas Kiel schon jetzt annähernd Gardemaß für einen Forward. Dabei ist er Anfang September gerade erst 16 Jahre alt geworden.

Mit zwei Europameisterschaften im Jugendbereich hat er sich in die Notizbücher zahlreicher Scouts gespielt, im März bekam er eine Einladung zum Jordan Brand Classic in Barcelona. Das, so Kiel, sei eine der besten Erfahrungen seiner jungen Karriere gewesen.

Der Youngster aus Herford hat einen klaren Kopf, eiserne Disziplin und weiß genau, was er will: eines Tages ein europäischer Spitzenspieler, vielleicht sogar NBA-Profi, sein. Um das zu schaffen, trainiert er neben der Schule drei Mal am Tag und spielt sowohl in der Regionalligamannschaft von Herford als auch neuerdings im Zweitligateam der finke baskets aus Paderborn.

Kiel mag die Spielweise von Robin Benzing, nennt aber Dirk Nowitzki als sein ganz großes Vorbild. Und wann immer er die Zeit findet, schaut er sich Highlights von LeBron James und Kevin Durant an.

Stärken: Kiels größte Stärke ist seine Vielseitigkeit: Der 16-Jährige wuchs erst in den letzten Jahren deutlich, davor spielte er Aufbauspieler und auf dem Flügel. Sein starkes Ballhandling hat er sich genauso bewahren können wie sein Passspiel.

Mit einem sehr soliden Wurf für einen Big Man zwingt er den Gegner zu einer engen Verteidigung, die er dann für seine Penetration nutzt. Coach Stefan Schettke rühmt Kiel darüber hinaus für seine Einstellung, Disziplin und seine Qualitäten als Verteidiger.

Schwächen: Derzeit arbeitet Kiel gezielt an seiner Beinarbeit im Low Post, die definitiv besser werden muss, wenn er ein Power Forward der Extraklasse werden will.

Außerdem muss er Muskelmasse aufbauen. Aber das ist bei einem so jungen Spieler keine Überraschung. Zudem fehlt es etwas an Stabilität in den Knien und im Rumpfbereich, weil er in den letzten Jahren so dermaßen in die Höhe geschossen ist.

Interview

SPOX: Niklas, wie und wann bist Du zum Basketball gekommen?

Niklas Kiel: Als Kind bin ich geschwommen, aber mit sieben Jahren wurde mir das zu langweilig. Und weil mein Vater selbst 30 Jahre Basketball gespielt hat, hat er mich in die Richtung gebracht. Ziemlich schnell war klar, dass das genau mein Ding ist.

SPOX: Wie gelingt es Dir, Sport und Schule unter einen Hut zu bringen?

Kiel: Ich bin jetzt in der 10. Klasse des Gymnasiums und will das Abitur machen, das ist mir schon wichtig. Je mehr ich mich da anstrenge und je besser ich bin, umso mehr Zeit kann ich wiederum für Basketball aufwenden. Sicher gehört da eine Menge Disziplin dazu, aber der Körper gewöhnt sich nach einer Zeit daran - und dann ist das schon machbar.

SPOX: Welche Ziele hast Du Dir gesteckt?

Kiel: Ich will gern hoch hinaus. Bei den Spielen mit der Nationalmannschaft hab ich gemerkt: Wenn man es wirklich will und alles darauf ausrichtet, kann man es bis ganz nach oben schaffen, sprich auf europäisches Spitzenniveau oder sogar die NBA. Ohne Frage muss man dafür eine Menge tun und sehr diszipliniert sein. Es gibt immer Höhen und Tiefen, aber ich verliere mein Ziel nicht aus den Augen.

SPOX: Im Frühjahr warst Du in Barcelona zum Jordan Brand Classic eingeladen, wo einige der besten Talente Europas dabei waren. Was war das für eine Erfahrung für Dich?

Kiel: Das war eine der besten Erfahrungen meiner noch jungen Karriere. Da habe ich gesehen, wie man auf höchstem Niveau trainieren kann und was alles möglich ist. Es war sicher unglaublich anstrengend, aber ich habe eben auch sofort gesehen, was einem die harte Arbeit bringt. Es war darüber hinaus sehr interessant, sich mal mit den anderen Spielern zu vergleichen und ich fand eigentlich, dass ich ganz gut mithalten konnte.

SPOX: Wie sieht Deine Planung für die nahe Zukunft aus: Liegt der Fokus auf Herford und Paderborn, willst Du möglichst bald zu einem BBL-Team wechseln oder kannst Du Dir einen Wechsel aufs College vorstellen?

Kiel: Die College-Variante würde ich ausschließen, ich würde lieber den Weg über die Bundesliga gehen. Zunächst gilt es, mich in der Regionalliga zu etablieren und vor allem körperlich zu entwickeln. Nebenbei will ich in Paderborn im Training Fortschritte machen. Viel weiter habe ich noch gar nicht gedacht.

SPOX: Du hast erst Anfang September Deinen 16. Geburtstag gefeiert. Wie groß ist inzwischen das Interesse von Scouts und anderen Vereinen?

Kiel: Man merkt schon, gerade nachdem ich jetzt die Europameisterschaften gespielt habe, dass das Interesse größer wird. Es kommen immer mehr Scouts, viele Berater suchen den Kontakt und der eine oder andere größere Verein hat schon angefragt, ob ich nicht Interesse an einem Wechsel hätte.

Trainerzitat

Stefan Schettke, Trainer im Paderborner Nachwuchsbereich und Kiels Vertrauensperson: "Das erste Mal hatte ich mit Niklas 2009 bei einer Sichtung für den WBV zu tun, 2010 ist er ins Programm von Paderborn gewechselt. Seitdem hat sich unser Verhältnis toll entwickelt. Ich kenne seine Familie gut, ich trainiere ihn individuell in allen Belangen und kann sagen, dass die Arbeit mit ihm sehr viel Spaß macht. Er ist selbstständig, diszipliniert und hat schon eine unheimliche Reife. Man merkt ihm an, dass er ein festes Ziel hat und das mit aller Macht verfolgt. Wir versuchen, ihm so gut wie möglich dabei zu helfen. Er hat jetzt zwei Europameisterschaften gespielt, als nächstes gilt es, sich in der Pro-A zu etablieren und dann geht's immer weiter. Wenn er sich in den nächsten drei Jahren so entwickelt wie bisher, kann er richtig weit kommen."

Diesem NBA-Spieler ähnelt Kiel (in punkto Skill-Set): "Wie gesagt arbeiten wir an der Beinarbeit", sagt Trainer Schettke. "Aber was Finten und Bewegungen angeht, erinnert er mich schon ein wenig an Kevin McHale im Low Post. Er ist natürlich noch nicht auf dem Niveau, aber vom Ansatz ist er wie eine Symbiose aus McHale und Danilo Gallinari."

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