Die Saison war geprägt vom Homerun, und das spiegelt sich auch in der Rookie-Wahl wieder: Beide Preisträger führten alle Neulinge an - Judge überragte sogar in der gesamten American League mit seiner Power. Auch wenn die Konkurrenz durchaus überzeugende Leistungen zu bieten hatte, stellte sich für die wahlberechtigten Journalisten der Baseball Writers Association of America nicht die Frage, ob jemand anders in der jeweiligen Liga Stimmen bekommen sollte.
Erst zum vierten Mal überhaupt gab es keinerlei Diskussionen, was beide Rookie-Awards angeht. Zuvor wurden in beiden Ligen Mark McGwire und Benito Santiago (1987), Tim Salmon und Mike Piazza (1993) und Nomar Garciaparra und Scott Rolen (1997) im selben Jahr einstimmig gewählt. Judge und Bellinger sind damit auch die einstimmigen Rookies eines Jahres Nummer 22 und 23.
Selten jedoch war die Sache wirklich so klar.
Bellinger (39 HR, 97 RBI) vollbrachte das Kunststück, als erster Rookie überhaupt ein Team mit mindestens 100 Siegen sowohl bei den Homeruns als auch bei den RBI anzuführen. Zudem ist er der 18. Rookie des Jahres für die Dodgers, die schon im Vorjahr Corey Seager als besten Neuling feiern durften.
Judge wiederum begann seine Saison direkt mal mit einem Monster-Homerun in den Monument Park im Yankee Stadium und zeigte schnell, wo die Reise hingeht. Insgesamt schlug er 52 Homeruns und übertraf damit McGwires Rookie-Rekord von 49. Zudem führte er die American League in Homeruns, Runs (128) und Walks (127) an und ist der erste geehrte Yankees-Rookie seit einem gewissen Derek Jeter, der 1996 ausgezeichnet wurde.
Auf unterschiedlichen Wegen zum Rookie of the Year Award
Dabei hätten die Wege der beiden Top-Rookies nicht unterschiedlicher verlaufen können. Bellinger war vor der Saison bei den Prospect-Gurus von Baseball America die Nummer 7 der MLB - nur zwei National-League-Spieler standen vor ihm: Dansby Swanson von den Braves und Alex Reyes in der Cardinals-Organisation. Swanson hatte zu kämpfen und kehrte sogar kurz mal in die Minor Leagues zurück. Reyes wiederum spielte 2017 gar nicht in der MLB.
Bellinger war also streng genommen der Favorit auf den Rookie des Jahres, wobei solche Rankings vor einer Saison meist reine Glückssache sind im Baseball. Dennoch überzeugte Bellinger von Anfang an und profitierte letztlich von zahlreichen Verletzungen bei den Dodgers, die lange auf First Baseman Adrian Gonzalez sowie diverse Starter im Outfield verzichten mussten. Es war die Chance für Bellinger, der sie ab Ende April beim Schopf ergriff und sich direkt oben festspielte. Mit 39 Homeruns stellte er sogleich einen neuen National-League-Rookie-Rekord auf und machte Gonzalez fast schon vergessen.
Die Sachlage bei Judge hingegen war eine ganz andere. Zwar begann der Outfielder die Saison im Gegensatz zu Bellinger das Jahr bereits in der MLB, doch das lag hauptsächlich daran, dass General Manager Brian Cashman darauf bestand. Judges Leistungen im Spring Training und in seinen 27 Spielen, die er bereits 2016 gemacht hatte, rechtfertigten dies eigentlich nicht.
Doch der Hüne ließ alle Zweifler relativ zügig verstummen. Mit überragender Power zerschmetterte er diverse Rookie-Bestmarken und spielte sich sogar in die engere MVP-Auswahl. Schaut man allein auf die Zahlen, dann dürfte es selbst da keine zwei Meinungen geben - sieht man mal vom schwachen Saison-Mittelabschnitt ab, in dem dem Outfielder an der Platte nichts gelang. Dennoch war er laut FanGraphs mit seinen 8,2 Wins Above Replacement der wertvollste Spieler - in der gesamten MLB!
Aaron Judge: "Ein unglaubliches Jahr"
Der Hauptgrund für diese enorme Steigerung im Vergleich zu 2016 dürfte darin begründet sein, dass er über den Winter akribisch an seinen Schwächen gearbeitet hat. Seine Disziplin an der Platte sucht ihresgleichen dieser Tage, er schaffte es über weite Strecken der Saison, die Breaking Balls tief und außerhalb der Strikezone durchzulassen und somit etliche Walks zu erzielen.
"Es war ein unglaubliches Jahr", sagte Judge, der im MLB Network auf sein Jahr zurückblickte: "Damals im Spring Training kämpfte ich um meinen Job, das war meine Einstellung in jedem Spring Training." Und das galt schon lange vor seinem MLB-Debüt: "Selbst in den Minor Leagues habe ich immer gedacht, dass ich rausgehen muss, um mir einen Platz im Team zu verdienen. Dir wird nichts geschenkt. Das war das Gleiche, als mir gesagt wurde, dass ich der Starting Right Fielder sein würde. Du musst deinen Job jeden Tag aufs Neue verdienen. Auch mit Blick aufs nächste Jahr werde ich immer noch um meinen Job im Right Field und meinen Platz im Lineup kämpfen."
Diese Einstellung war auch Bellinger nicht fremd. Selbst mit seiner hohen Einstufung in den Prospect-Rankings konnte er keinesfalls sicher sein, vor September im MLB-Kader zu landen. "Ich wusste, dass ich nach dem Spring Training nicht im Kader stehen würde, also tat ich alles Menschenmögliche, um mich auf die Saison vorzubereiten", erinnerte sich Bellinger an den Saisonbeginn.
Dann verletzte sich Gonzalez zum ersten Mal in dieser Spielzeit und Bellingers Zeit war gekommen: "Zur rechten Zeit berufen zu werden war richtig wichtig, speziell was das Mentale anging, um meine Ziele zu erreichen."
Judge und Bellinger: Raum für Verbesserungen bleibt
Auch wenn beide Spieler herausragten, gibt es freilich Raum für Verbesserungen. Etwa in Sachen Strikeouts: Judge führte die AL mit der Rookie-Rekordmarke von 208 Strikeouts an, Bellinger wiederum kam auf 146 bei nur 64 Walks. Zudem überbot Bellinger Judges Playoff-Rekord (27) mit 29 Strikeouts in einer einzigen Postseason.
Der Titel Rookie des Jahres ist eine große Auszeichnung, zeigt sie doch, dass einem meist jungen Spieler die so schwierige Anpassung an die MLB im Prinzip auf Anhieb gelungen ist. In keinem anderen Sport ist der Sprung von den Minor Leagues oder dem College bzw. der High School hin zur obersten Stufe ein so hoher wie hier.
Und dennoch ist es nur eine Momentaufnahme. Die wirkliche Herausforderung nämlich kommt erst jetzt, im zweiten Jahr. Die Baseball-Welt hat beide nun ein Jahr lang beobachtet und die Analytik-Abteilungen und Scouts konnten sich ein Bild von ihnen machen. Also werden die Kontrahenten im neuen Jahr Wege finden, Judge und Bellinger besser zu attackieren.
Das Ziel nun lautet, sich auf die Anpassungen der Konkurrenz einzustellen. Und dieses Spiel wird dann für den Rest der Karriere - wie bei jedem anderen Spieler auch - fortgeführt.
Was von jetzt an passiert wird zeigen, wie gut Bellinger und Judge wirklich sind. Doch was sie in ihren Rookie-Kampagnen geliefert haben, wird in die Annalen eingehen. Wir sahen 2017 vielleicht die besten Rookies in der Geschichte des Baseballs.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.