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NBA-Legendenserie - Drazen Petrovic: Der Mozart des Basketballs

Von Andreas Dieterle
Platz 5: Drazen Petrovic (Kroatien) - Er starb viel zu früh. Der Mozart des Basketballs war bei den Nets der erste Franchisespieler aus Europa. Sein Jumper war wie aus dem Bilderbuch.
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Eine wichtige Stütze zu dieser Zeit wird Divac, der gleichzeitig mit ihm in die NBA kam und bei den Lakers erfolgreich ist. Die beiden telefonieren viel, tauschen sich aus. Der eher introvertierte Kroate muss sich in einem fremden Land an viele neue Dinge gewöhnen und das Schlimmste dabei ist, dass er nicht tun kann, was er liebt.

Zur gleichen Zeit ist sein Heimatland durch politische Unruhen gespalten. Der Jugoslawienkrieg bahnt sich an. Das hindert das Nationalteam nicht daran, in Argentinien die nächste Goldmedaille einzufahren. Im WM-Finale bezwingen sie die Sowjetunion. Der Erfolg spornt ihn an, sich endlich auch in der NBA durchzubeißen. Die Wende folgt mit dem Trade zu den New Jersey Nets. Endlich bekommt er Spielzeit und Vertrauen.

Im zweiten Jahr führt Petrovic die Nets in Sachen Scoring an. Endlich misst er sich Abend für Abend mit den besten Spielern der Welt. New Jersey erreicht die Playoffs. Zwar werden die Nets in Runde eins von den Cleveland Cavaliers gesweept, doch Drazen ist in der NBA angekommen.

1992 erklärt Kroatien seine Unabhängigkeit und der Shooting Guard wird bei den Olympischen Spielen 1992 endgültig zum Nationalhelden. Er führt sein Land zur Silbermedaille. Gegen die USA um Magic, Bird und Co. ist kein Kraut gewachsen, doch Petrovic stemmt sich gegen die Niederlage wie kein Zweiter und steht für die Kroaten sinnbildlich für deren neue Identität, Nationalstolz und Eigenständigkeit.

"Petro for three - got it"

Auch in New Jersey wird Petrovic zum Leader. Die Trainer lernen sogar einige kroatische Sätze auswendig, um Petrovic Anweisungen zu geben. Der häufigste, der zum Einsatz kommt: "Shoot the three." Petrovic sagt selbst einmal: "Wieso soll ich einen langen Zweier nehmen, wenn ich nur einen Schritt zurück machen muss und einen Dreier werfen kann." Er lacht viel häufiger und wirkt entspannter.

Der Kroate punktet fast wie er will. Die Verteidiger verzweifeln an seinem lupenreinen Sprungwurf. Erneut ziehen die Nets in die Playoffs ein, erneut kommt das Aus gegen die Cavaliers. Drazen und die Nets blicken dennoch einer rosigen Zukunft entgegen. Dann folgt die Tragödie.

Im Sommer 1993 ruft die kroatische Nationalmannschaft, die Vorbereitung zur EM steht an. Trainer und Freunde raten ihm ab: Er solle sich erholen. Doch Petrovic will spielen. Sein Ehrgeiz ist zu groß.

Nach Testspielen in Deutschland fliegt das Team von Frankfurt aus zurück nach Kroatien. Drazen entscheidet sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin und einer Freundin der beiden, mit dem Auto zu fahren. Seine Freundin sitzt am Steuer, Petrovic ist erschöpft und schläft ein.

Tragischer Tod in Deutschland

Dann passiert der Unfall. Auf regennasser Fahrbahn auf der A9 durchbricht ein LKW die Gegenfahrbahn und crasht in den VW Golf von Petrovic und seinen beiden Begleiterinnen. Der 28-Jährige überlebt den Unfall nicht. Ein ganzes Land verfällt schlagartig in Trauer.

Als der damalige General Manager, der den Shooting Guard einst zu den Nets brachte, Willis Reed, zur Beerdigung nach Zagreb fährt, beschreibt er die unfassbare Stimmung: "Ich denke jeder Kroate weiß, wer Drazen Petrovic war. Wir alle trauern. Ich wusste, dass er berühmt war, aber er war größer als alles, was man sich vorstellen kann."

Der Flügelspieler ist noch heute eine absolute Legende. Sein Trikot hängt unter der Hallendecke im Barclays Center. Jedes Kind in Kroatien will so sein wie er. 2002 wird er in die Basketball Hall of Fame berufen, 2008 zu einem der 50 bedeutendsten Spieler der FIBA gewählt. Beim Three-Point-Contest 2012 trägt Anthony Morrow das Trikot mit der legendären Nummer 3.

In der Dokumentation "Once Brothers" fasst Vlade Divac das Leben, Wirken und die Tragik des Kroaten zusammen: "Alles was Drazen erreicht hat, hat er sich hart erarbeitet. Er war unser großes Vorbild, vor allem, was den Arbeitseifer anging. Er war einer der besten Drei-Punkte-Werfer in Europa und Amerika - bis heute zählt er zu den Besten. Er wollte immer in der besten Liga der Welt spielen und als er es geschafft hatte, endete sein Leben tragisch."

Drazen Petrovic war einer der ersten Europäer in der NBA
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Drazen Petrovic war einer der ersten Europäer in der NBA

Was wäre wenn?

Petrovic war einer der großen europäischen Pioniere in der NBA. Er öffnete den Weg für Größen wie Peja Stojakovic, Dirk Nowitzki und die Gasol-Brüder. Divac denkt noch heute: "Was hätte noch aus ihm werden können?"

Es ist mühselig, darüber nachzudenken. Vielmehr sollte man sich daran erinnern wie er die Basketballwelt mit seinem einzigartigen Sprungwurf, seiner Übersicht auf dem Feld in den Bann gezogen hat. Oder um es mit den Worten von Divac zu sagen: "Er war dazu geboren, ein Basketballspieler zu sein."

Die NBA-Statistiken von Drazen Petrovic

SaisonTeamSpieleMinutenPunkteFG%3FG%
89/90Blazers7712,67,648,545,9
90/91Blazers/Nets6116,610,249,335,4
91/92Nets8236,920,650,844,4
92/93Nets703822,351,844,9
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