Dirk Nowitzki erlebte in Dallas den NBA-Draft und wie die Mavericks im Werben um Dwight Howard mal wieder leer ausgingen. Außerdem steht ein ganz persönlicher Höhepunkt dicht bevor: die Geburt seines ersten Kindes. Ein Gespräch über ein nervöses Warten, die Zukunft der Mavs, Abendessen mit Barack Obama und Rio 2016.
SPOX: Auch Dwight Howard hat sich gegen Dallas entschieden, wieder sind die Mavericks im Werben um einen Superstar leer ausgegangen? Was jetzt?
Dirk Nowitzki: Wir hatten ein langes Meeting mit Dwight, in dem wir ihm aufgezeigt haben, wie wir uns die Zukunft mit ihm vorstellen würden. Wir haben unser Bestes gegeben und einen guten Pitch hingehauen, aber jetzt hat er sich anders entschieden. Wenn er gekommen wäre, hätten wir natürlich gehofft, wieder ganz oben und um die Meisterschaft mitzuspielen. Das Verpassen der Playoffs in der letzten Saison war eine riesige Enttäuschung. Aber auch ohne Howard wollen wir wieder besser werden und eine starke Truppe hinstellen. Das Minimalziel für die nächste Saison heißt Playoffs, auch ohne Howard.
SPOX: Haben Sie Howard im Meeting angeboten, dass Sie die Mavs quasi an ihn abgeben und einen Schritt zurück machen würden?
Nowitzki: Das ist ja eigentlich ganz klar. Ich bin 35 Jahre alt. Dass ich da nicht mehr so herumrennen kann wie mit 22, das weiß jeder. Wir hätten als Spielertypen gut zusammengepasst. Howard ist ein super dominanter Spieler im Low Post, ich hätte ihm viel Platz verschaffen und ihm auch mit meiner Erfahrung helfen können. Das haben wir auch ein bisschen mit ihm besprochen. Aber es war seine Entscheidung, die müssen wir akzeptieren. Houston ist eine gute junge Mannschaft.
spoxSPOX: Sie waren zuletzt beim Draft live im War Room der Mavs dabei. Was war das für eine Erfahrung?
Nowitzki: Es war der Hammer. Normalerweise bin ich ja zu der Draft-Zeit immer in Deutschland, jetzt war ich zum ersten Mal mit im War Room, 15 Jahre nach meinem eigenen Draft, das war schon beeindruckend. Bei den ersten zehn Picks war es noch relativ ruhig bei uns, dann haben wir uns ja entschieden, nach hinten zu traden. Und dann ging es los. Eine Mannschaft nach der anderen hat bei uns angerufen und Angebote gemacht. Da war die Hölle los. Aber Donnie (Nelson) und Mark (Cuban) hatten alles im Griff und haben das clever gemacht. Nach der 1. Runde bin ich dann nach Hause gegangen, in der 2. Runde haben wir ja noch einen Deal gemacht und Ricky Ledo geholt. Jetzt schauen wir mal, wie die zwei Jungs reinpassen. Shane Larkin ist ein sehr guter Pick, er ist ein sehr guter Pick-and-Roll-Spieler und schießt gut von außen.
SPOX: GM Nowitzki hatte im "Players only Draft" ja auch schon Larkin gepickt, da hatten Sie einen guten Riecher, Respekt!
Nowitzki: Das war eigentlich eher Zufall. Ich habe natürlich gewusst, dass wir einen Point Guard suchen und es war klar, dass Trey Burke und Michael Carter-Williams weg sein würden. Dann habe ich einfach geschaut, wer als Aufbau für uns interessant sein könnte. Dennis Schröder war auch in der Verlosung, aber ich habe dann einfach mal auf Larkin getippt, ich habe ja keine Ahnung. (lacht) Dass er wirklich an 18. Stelle verfügbar war, war unser Glück. Wir freuen uns auf Shane und die Fähigkeiten, die er mitbringt.
SPOX: Schröder wurde einen Spot vorher von den Atlanta Hawks gezogen. Wie bewerten Sie seine Situation?
Nowitzki: Ich freue mich für Dennis. Er hat im Vorfeld des Draft ein Testtraining in Dallas absolviert, da habe ich ihn das erste Mal so richtig spielen sehen und ihn persönlich kennengelernt. Ich freue mich riesig, dass er an 17. Stelle von den Hawks gezogen wurde. Es ist ein guter Klub für ihn, bei dem er auch Chancen hat, sofort Minuten zu bekommen, das ist wichtig am Anfang. Er ist ein guter Typ, ein netter Junge. Wenn er weiter hart an sich arbeitet, wird er hoffentlich eine sehr lange NBA-Karriere vor sich haben.
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SPOX: Sie mussten sich an diesem Abend sicher auch an Ihren Draft im Jahr 1998 erinnern, als Sie von den Bucks gezogen und sofort an die Mavs weitergereicht wurden.
Nowitzki: Ich bin damals ja auch in Deutschland geblieben, weil ich nicht genau wusste, was passieren wird. Mitten in der Nacht kam dann der Anruf der Mavs, es war eine große Überraschung. Es war eine komische und witzige Zeit. Ich habe Dennis vor dem Draft mitgegeben, dass er diese Zeit unbedingt genießen soll. Es ist eine schöne Zeit für ihn und seine Familie. Es ist auch der Lohn für die Arbeit, die er bis jetzt reingesteckt hat. Er muss die Zeit wirklich genießen. Den Draft, die Vorstellung in Atlanta, das musst du alles aufsaugen, du erlebst das nur einmal in deiner Karriere. Aber ganz klar: Dann muss er auch sofort wieder hart arbeiten und sich auf die neue Saison vorbereiten.
Teil 2: Nowitzki über Wimbledon, das erste Kind und Rio 2016
SPOX: Neben Draft und Free-Agent-Wahnsinn gab es in der NBA auch viele interessante Trainerwechsel. Ihr ehemaliger Mitspieler und guter Freund Jason Kidd war wenige Tage nach der Verkündung seines Karriereendes schon Head Coach bei den Nets. Überrascht?
Nowitzki: Ja, Wahnsinn. Wir waren alle geschockt, wie schnell das ging. Aber ich freue mich für ihn. Ich habe schon immer gesagt: Wenn ein Spieler eine Karriere als Trainer machen kann, dann ist es Jason. Sein Basketball-Wissen ist überragend, er war als Spieler schon total Coach-mäßig unterwegs und hat sich Notizen gemacht. Durch den Trade für Kevin Garnett und Paul Pierce hat er natürlich jetzt auch sofort großen Druck. Mit der Mannschaft muss er jetzt sofort gewinnen. Und dann ist es noch in New York, wo der Druck sowieso immer groß ist. Da wird was los sein. Aber wenn es jemand meistert, dann Jason.
SPOX: Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, welche Rolle für Sie passen würde nach der aktiven Karriere? Mark Cuban will Sie ja wohl unbedingt bei den Mavs halten.
Nowitzki: Da haben wir dann noch genug Zeit, wenn die Karriere vorbei ist. Ich muss schauen, wo ich meine Nische finden werde und was mir Spaß macht. Vielleicht will ich dann auch gar nicht in den USA bleiben, das muss man alles sehen. Klar ist, dass ich noch drei, vielleicht vier Jahre auf hohem Niveau spielen will. Danach werden wir uns zusammensetzen und einen Plan machen, wie die Zukunft aussieht. Ich denke schon, dass ich dem Basketball erhalten bleiben werde, aber in welcher Funktion ist noch nicht klar. Wenn Cuban mich im Klub halten will, freut mich das aber natürlich.
SPOX: Abseits der NBA haben Sie als Tennis-Maniac ja auch Wimbledon und Sabine Lisickis Finaleinzug verfolgt...
Nowitzki: ... ich war jetzt schon viermal in Wimbledon live vor Ort. Es ist mein absolutes Lieblingsturnier, noch aus Becker-Zeiten. Als ich das erste Mal da sein durfte, habe ich gleich Roger Federer getroffen, das war ein Riesenerlebnis. Ich bin einfach ein ganz großer Tennisfan. Bine habe ich im letzten Jahr gesehen, als sie das Viertelfinale gegen Angie Kerber knapp verloren hat. Sie war dann auch mal bei einem Spiel von uns in Orlando, wir kennen uns schon seit Jahren. Ich habe mich natürlich wahnsinnig über ihre Erfolge gefreut. Ich habe mir morgens zum Frühstück in den USA die Matches reingezogen, gerade wie sie Serena geschlagen hat nach dem 0:3-Rückstand und dann auch das Halbfinale nach Rückstand im Dritten - das war unglaublich. Sie ist eine brutale Kämpferin. Ich hätte ihr den Titel sehr gewünscht.
SPOX: Als Sie zuletzt in Deutschland waren, durften Sie beim Besuch von Barack Obama mit dabei sein. Sie saßen beim Abendessen mit dem US-Präsidenten am Tisch. Was wurde da denn so gesprochen?
Nowitzki: Es war natürlich eine Riesenehre für mich, dass ich von der Frau Bundeskanzlerin eingeladen wurde und ich als Sportler beim Abendessen mit Politgrößen wie Frau Merkel und dem Herrn Präsidenten und Industriebossen gemeinsam am Tisch sitzen durfte. Da gibt es dann viel Small Talk, große Weltprobleme habe ich an dem Abend nicht gelöst. (lacht)
SPOX: Inzwischen sind Sie wieder in den USA, auch weil Sie und Ihre Frau Jessica das erste Kind erwarten. Bald ist es so weit, schon aufgeregt?
Nowitzki: Klar bin ich ein bisschen nervös. Da kommen sehr viele Gefühle zusammen, die neun Monate haben sich doch ganz schön hingezogen. Wir freuen uns sehr darauf und hoffen, dass alles glatt läuft. Wenn es so weit ist, geben wir Bescheid. Wir haben auf jeden Fall schon alles vorbereitet, Kinderwagen, Autositz, alles da!
SPOX: Das erste Kind ist etwas ganz Großes und Besonderes, was sind die sportlichen Wünsche und Träume, die Sie noch haben? Mit der Meisterschaft und der Olympia-Teilnahme haben Sie eigentlich alles erreicht.
Nowitzki: Das stimmt. Die Championship und Olympia waren immer meine beiden großen Ziele. Und beides war besser, als ich es mir je vorgestellt habe. Beides war besser, als ich es mir je erträumt habe. Von daher würde ich beides natürlich gerne noch einmal erleben. Ob ich das wirklich schaffe, werden wir sehen. Bei den Mavs hängt das logischerweise von der Mannschaft ab, die wir in den nächsten Jahren haben werden. Ich glaube nicht, dass es passiert, dass ich den Klub noch wechsle. Ich denke, dass ich meine Karriere in Dallas beenden werde. Und was Olympia 2016 in Rio angeht: Mit 38 Jahren wäre ich dann schon in einem fortgeschrittenen Alter. Ich hoffe, dass Dennis Schröder in den nächsten Jahren einen großen Schritt macht, dass er dem deutschen Basketball hilft und im Sommer immer zur Verfügung steht. Wenn dann noch ein paar mehr Talente nachkommen, können wir vielleicht in Richtung Olympia noch einmal einen Push machen, das wäre doch schön.