Russell Wilson - wichtiger denn je?

Von Adrian Franke
07. Januar 201722:44
Russell Wilson wird die Seahawks in dieser Saison stärker tragen müssen, als in vergangene Jahrengetty
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Das Warten hat ein Ende - it's Playoff-Time! Los geht es in Houston, wo die Texans die Oakland Raiders zum Duell der Quarterback-Fragen empfangen - die entscheidenden Faktoren liegen somit anderswo. Anschließend müssen die Detroit Lions nach Seattle, wo Russell Wilson in Topform wartet. Die wird er allerdings auch brauchen, zu sehen gibt es beide Spiele, genau wie die gesamte Postseason, live auf DAZN!

No. 4 Houston Texans (9-7) - No. 5 Oakland Raiders (12-4) (Sa., 22.35 Uhr live auf DAZN)

Der Weg in die Playoffs:

Houston: Mit großen Hoffnungen gestartet - mit großer Ernüchterung in die Playoffs. So in etwa lässt sich die Saison aus Sicht der Texans zusammenfassen. Alles begann mit der turbulenten Free Agency, als Houston mal eben mit Brock Osweiler einen neuen Starting-Quarterback und mit Lamar Miller einen neuen Starting-Running-Back verpflichtete. Die Offense sollte schneller werden und endlich zur eigenen starken Defense um J.J. Watt und Co. aufschließen.

All das aber stürzte schnell in sich zusammen: Für Watt war die Saison aufgrund einer Rückenverletzung frühzeitig beendet, während die Kritik an Osweiler von Woche zu Woche zunahm. So schlugen die Texans zwar schwächere Gegner zumeist, sobald es aber gegen Teams wie New England (0:27), Minnesota (13:31), Denver (9:27) oder Oakland (20:27) ging, war nicht selten ein deutlicher Klassenunterschied erkennbar. Allerdings innerhalb der eigenen Division erlaubte sich Houston bei fünf Siegen nur eine Pleite, die Grundlage für das nächste Playoff-Ticket - kein anderes AFC-South-Team hatte mehr als drei Siege innerhalb der Division.

Oakland: Lange deutete vieles auf eine Märchen-Saison in Oakland hin. Die Raiders eilten früh von Sieg zu Sieg und präsentierten sich vor allem auswärts extrem stark, selbst der neue Strafen-Rekord in Tampa gegen die Bucs stoppte Oakland nicht. Zwei Spiele vor Saisonende thronten die Raiders dann - trotz der kurz zuvor erlittenen Pleite in Kansas City - an der Spitze der AFC West und waren fest auf Kurs Playoff-Bye-Week. Doch ab da ging alles schief.

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Beim ungefährdeten Heimsieg über die Indianapolis Colts verletzte sich Quarterback Derek Carr schwer, schnell war klar: Carr würde in dieser Saison nicht mehr spielen können. Und es kam noch schlimmer: Oakland verspielte anschließend in Week 17 durch die Niederlage in Denver nicht nur den Division-Sieg und die Playoff-Bye-Week, auch Backup-Quarterback Matt McGloin verletzte sich und wird in der Wildcard-Runde nicht zur Verfügung stehen.

Die aktuelle Situation:

Houston: Nachdem Houston im Saison-Schlussspurt die Reißleine zog, Osweiler auf die Bank setzte und ihn durch Tom Savage ersetzte, darf jetzt doch Osweiler wieder ran: Nach seiner in Week 17 erlittenen Gehirnerschütterung, das war schon früh in der Woche klar, würde Savage nicht rechtzeitig fit werden. Osweiler startet am Samstag, Brandon Weeden ist sein Backup.

Damit dürfte sich offensiv nicht allzu viel ändern - und das ist keine gute Nachricht für die Texans. Houston geht mit einer Punkte-Differenz von -49 (!) in die Playoffs, ligaweit waren nur Jacksonville, Chicago, die Jets, die Rams, die 49ers und die Browns schlechter. Immerhin: Running Back Lamar Miller ist nach zweiwöchiger Verletzungspause wieder fit, Miller war oftmals der einzige Lichtblick einer ansonsten desolaten Offensive.

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"Ich fühle mich gut, es fühlt sich an wie Week 1", erklärte der Running Back unter der Woche. "Ich habe viele Behandlungen sowie Massagen erhalten, und viele kleine Dinge gemacht, um mich auf die kommenden Wochen vorzubereiten." Ohne Miller gelangen den Texans-Running-Backs insgesamt 95 Yards gegen die Bengals in Week 16 und 46 Yards gegen die Titans zum Abschluss der Regular Season.

Oakland: It's Connor-Cook-Time! Als erster Rookie-Quarterback in der Super-Bowl-Ära wird Cook nach den Ausfällen von Carr und McGloin am Samstag sein NFL-Start-Debüt in den Playoffs geben. Eine eher zweifelhafte Ehre, dürften sich für ihn über die Saison als Nummer-3-Quarterback doch auch die Trainings-Snaps in Grenzen gehalten haben. Immerhin: Cook hat laut der Adjusted Sack Rate von Football Outsiders die statistisch beste Pass-Protection vor sich und mit Amari Cooper sowie Michael Crabtree zwei Receiver, die auch mit ungenauen Pässen umgehen können - gleichzeitig aber beide auch Drop-Probleme haben.

"Wir vertrauen ihm. Er wird da raus gehen und uns anführen", stellte Head Coach Jack Del Rio im Gespräch mit dem Houston Chronicle klar. Cooper fügte mit Blick auf Cooks Debüt von der Bank in Week 17 hinzu: "Er ist selbstbewusst, er lässt den Ball fliegen und sah in der Pocket gut aus. Er hat gute Arbeit geleistet." Bei allem Lob muss es dennoch das ganz klare Ziel sein, Ball und Verantwortung so oft wie möglich aus den Händen des Rookies zu nehmen.

Die Raiders haben die Offensive Line sowie das vielseitige Running-Back-Corps, um Gegner im Running Game dominieren zu können - vereinzelt blitzte das in der Regular Season auch auf. Nur mit einem dominanten Run Game wird Oakland den Gegner und vor allem die Uhr kontrollieren können. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, die extrem löchrige Defense (7,9 Yards pro gegnerischem Pass, 4,5 Yards pro Run) zu entlasten. Allerdings wird das alles dadurch erschwert, dass mit Left Tackle Donald Penn der wohl beste O-Liner des Teams ausfällt. Ein weiterer Rückschlag für die Raiders. Stat-Nugget: Hatte Oaklands Latavius Murray in dieser Saison mindestens 13 Rushing-Versuche, stehen die Raiders bei 7-1.

Players to Watch:

Houston: Jadeveon Clowney. Zumindest über Teile dieser Saison war Clowney einer der dominantesten Run-Defender in der NFL und diese Qualitäten werden am Samstag unabdingbar sein, um das Schlüsselduell an der Line für sich zu entscheiden. Der ehemalige Nummer-1-Draft-Pick weiß jedenfalls, was die Stunde gegen den jungen Quarterback geschlagen hat. "Ich hoffe, dass wir ihn die ganze Zeit blitzen", erklärte Clowney bei KHOU. "Ich weiß, dass das in der Verantwortung der Coaches liegt. Aber wir müssen ihn die ganze Zeit unter Druck setzen und Fehler erzwingen."

Oakland: Connor Cook. Game Plan hin, Fokus auf das Run Game her: Am Ende des Tages wird Cook auswärts gegen eine gefährliche Defense und einen guten Defensive Coordinator Plays machen müssen, wollen die Raiders in die Divisional-Runde einziehen. Letztlich ist Cook eine komplette Wundertüte, es wird spannend sein zu sehen, was sich die Raiders in puncto Game Plan und Play-Design einfallen lassen - und im Gegenzug, ob die Texans Cook erfolgreich Fallen stellen können.

Darauf kommt es an: Kann Houstons auch ohne Watt durchaus schlagkräftige Defense die Line of Scrimmage bestimmen und das Spiel so in die Hände von Cook legen? Gelingt den Texans das, sollte Oakland dieses Spiel nicht gewinnen können - selbst wenn sich Osweiler erneut Turnover leistet.

Auf der anderen Seite des Balls könnte Lamar Miller den Unterschied ausmachen: Ähnlich wie auch Oakland täten die Texans ebenfalls gut daran, ihren Quarterback so weit es geht aus dem Spiel zu halten.

Prognose: Die Raiders werden ihr Playbook vereinfachen und anpassen müssen, um Cook nicht komplett zu überfordern. Die Chemie mit den Starting-Receivern kann nach einer äußerst begrenzten Zahl an gemeinsamen Trainings-Snaps eigentlich nicht da sein, während Houston auf der anderen Seite mit Miller und Cornerback A.J. Bouye wichtige Stützen zurück erhält - Bouye ist in der Lage, einen der beiden Raiders-Receiver weitestgehend abzumelden, was die Aufgabe für Cook noch schwerer macht. Das gesündere Team gewinnt. Tipp: 17:13 Texans.

No. 3 Seattle Seahawks (10-5-1) - No. 6 Detroit Lions (9-7) (So., 2.15 Uhr live auf DAZN)

Der Weg in die Playoffs:

Seattle: Eine vom Grundverlauf her normale Seahawks-Saison, könnte man mittlerweile fast sagen: Seattle kam wieder einmal langsam aus den Startlöchern, erneut hing die schwache Offensive Line wie ein Klotz am Bein der Offense - dieses Mal sogar so weit, dass Russell Wilson die komplette erste Saisonhälfte sichtbar angeschlagen absolvieren musste.

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Die O-Line blieb eine Katastrophe und zog das Running Game mit runter, Wilson und sein Receiving-Corps aber hielten die Seahawks im Fluss: Eindrucksvolle Siege gab es unter anderem in New England sowie gegen die Panthers - wobei der Erfolg über Carolina durch die schwere Verletzung von Safety Earl Thomas stark getrübt wurde.

Die Division war frühzeitig gewonnen, die Probleme aber blieben - nicht umsonst setzte es in den letzten vier Spielen eine Packung in Green Bay und eine Heimpleite gegen Arizona, was Seattle letztlich auch die Bye-Week kostete. Zum Abschluss gab es einen durchwachsenen Auftritt beim 25:23 über die indisponierten 49ers.

Detroit: Auch Detroit hatte nicht gerade einen angenehmen Regular-Season-Schlussspurt, ganz im Gegenteil: Bei den Giants und den Cowboys sowie im NFC-North-Finale gegen Green Bay setzte es jeweils Pleiten, nach zuvor fünf Siegen in Serie kommen die Lions also mit drei Pleiten nacheinander im Gepäck in die Playoffs.

Und auch davor war es alles andere als ein souveräner Marsch durch die NFL. Vielmehr etablierten sich die Lions als die Comeback-Könige der Liga - weil sie meist im Schlussviertel zurücklagen, Matthew Stafford sie dann aber noch zum Sieg trug. So gewann Detroit viele enge Spiele, von den neun Saisonsiegen standen bei sechs am Ende drei oder weniger Punkte Vorsprung zu Buche, und verschaffte sich so ein gutes Polster. Gegen die Schwergewichte im Schlussspurt funktionierte das dann nicht mehr.

Die aktuelle Situation:

Seattle: "Ich fühle mich wirklich gut. Ich habe das Gefühl, dass ich jedes Play machen kann, das ich machen muss. Keine Frage", machte Russell Wilson, der am Samstag gar seine Knie-Stütze ablegen könnte, Seattle-Fans unter der Woche über die News Tribune Hoffnung. "Wenn ihr mich vor einigen Wochen gefragt hättet - da war ich nicht so schnell, wie ich es sein kann. Aber jetzt fühle ich mich wirklich gut."

Die Coaches-Entlassungen - Alljährlicher Aufbruch ins Ungewisse

Wilsons verbesserte Beweglichkeit ist gerade im Vergleich zur ersten Saisonhälfte deutlich sichtbar, früher oder später wird er die im Laufe der Playoffs angesichts der Pass-Protection vor ihm auch dringend brauchen. Eine wichtige Waffe wird ihm dabei fehlen: Tyler Lockett hat sich in Week 16 das Bein gebrochen, die Seahawks verpflichteten bereits Return-Altmeister Devin Hester, um zumindest die Punt- und Kick-Return-Aufgaben zu übernehmen.

Der schwerwiegendste Ausfall ist der bereits angesprochene Earl Thomas, dessen Kombination aus Explosivität, Spielverständnis und Instinkt in Seattles Cover-3 spürbar fehlen wird. Man darf nicht vergessen: Seattles Defense agiert aus der Cover-3 so dominant, weil die Spieler das System und ihre Nebenmänner in- und auswendig kennen und dementsprechend schnell spielen können. Ohne Thomas fehlt der Stabilisator über die Mitte, wodurch die Cornerbacks etwas anders agieren müssen und die Front um Bennett, Avril, Wagner und Co. mehr Verantwortung erhält.

Positive Nachrichten gab es derweil unter der Woche: Running Back C.J. Prosise könnte, sollten die Hawks die Divisional-Runde erreichen, dann wieder mitwirken.

Detroit: Detroit scheint, dieser Eindruck hat sich nicht nur in den Ergebnissen, sondern auch im Tape der letzten Wochen zunehmend manifestiert, auf dem Boden der Tatsachen angekommen zu sein. Die Lions gehören im Run-Blocking zu den schwächsten Teams der Liga, da hilft es wenig, dass die Running Backs Ameer Abdullah und Theo Riddick für die kompletten Playoffs ausfallen. Center Travis Swanson plagt sich nach wie vor mit den Folgen einer Gehirnerschütterung herum, Tackle Riley Reiff hat eine Hüftverletzung.

Ermutigend dagegen war der Auftritt von Darius Slay am Sonntagabend gegen Green Bay: Detroits Top-Cornerback scheint seine Oberschenkelverletzung erfolgreich auskuriert zu haben, Slay ist für Detroits Defense ein unersetzlicher Baustein.

Wenig Neues gibt es dagegen von Stafford zu berichten. Detroits Quarterback hat sich Mitte Dezember im Spiel gegen Chicago den rechten Mittelfinger ausgekugelt, noch immer sind die Folgen sichtbar: Die Lions spielen kaum mit Under-Center-Formationen und müssen in der Folge viel aus der Shotgun heraus laufen. Auch Staffords Würfe wirken längst nicht mehr so präzise.

Players to Watch:

Seattle:Russell Wilson. Nicht die kreativste Wahl, doch die Situation in Seattle macht Wilson in dieser Saison vielleicht wichtiger als er es jemals war. Die mit Abstand günstigste Offensive Line der Liga (Seattles O-Line belastete den Cap 2016 mit 6,2 Millionen Dollar, der Liga-Durchschnitt liegt bei 22,7 Millionen) ist nochmals schwächer als in der Vorsaison. Darunter leidet vor allem das Running Game, ein Bereich, auf den sich Seattle bei vergangenen Playoff-Erfolgen meist stützte. Wilson muss im Passing Game dominieren - und sollte zudem mit Read-Option-Runs seinen Running Backs unter die Arme greifen.

Detroit:Zach Zenner. Wer sich die vergangenen beiden Spiele der Lions anschaut, dem wird Detroits Nummer 34 auffallen - und zwar nicht selten. Zenner sorgte sowohl in Dallas als auch gegen die Packers jeweils in der ersten Halbzeit für viele positive Szenen, explodierte häufig durch die Line of Scrimmage und gab dem von Verletzungen geplagten Lions-Run-Game neues Leben. Gegen die starke Seahawks-Front muss Detroit es vermeiden, eindimensional zu werden. Zenner ist ein Schlüssel dafür.

Darauf kommt es an: Kann Detroit Russell Wilson konstant unter Druck setzen und gleichzeitig so das Running Game im Keim ersticken? Es wäre der direkteste Weg für die Lions, um das Spiel eng zu halten. Gelingt das nicht, wird es extrem schwer. Umgekehrt muss Seattle, das seit 2004 kein Playoff-Heimspiel verloren hat, auch ohne Earl Thomas gegen Detroit die Mitte des Feldes aufmerksam verteidigen: Zwar attackiert Detroit gegnerische Defenses selten tief, dennoch dürfen die Seahawks hier auch in der mittleren Distanz möglichst keine Lücken aufkommen lassen.

Prognose: Detroits Offense wird gegen die Seahawks-Defense keinen Stich sehen. Stafford spielt seit seiner Fingerverletzung längst nicht mehr auf dem gleichen Level, wie noch zur Saisonmitte und die Line of Scrimmage sollte Seattle kontrollieren. Umgekehrt macht die Offensive Line der Hausherren das Spiel spannend - noch spannender wäre es, hätte Lions-Pass-Rusher Ziggy Ansah seine 2015er Form. So wird Seattle mehr als genug Punkte auf die Anzeigetafel bringen. Tipp: 30:17 Seahawks.

Die Wildcard-Runde im kompletten Überblick

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Wild Card Playoffs:

Florian RegelmannStefan PetriAdrian FrankeMarcus Blumberg

Raiders @Texans

17:2010:1313:1713:23

Lions @Seahawks

13:2716:2317:3020:35

Dolphins @Steelers

14:3413:2420:3124:34

Giants @Packers

20:2320:2720:1717:23
Week 1713-312-412-410-6
Insgesamt
159-97156-100

164-92

156-100