"Pick und Geld interessieren nicht"

Jonas Schützeneder
11. April 201412:21
Die NHL fest im Blick: Leon Draisaitl gilt als sicherer Top-Pick im kommenden DraftTwitter/ NHL Public Realtions
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Beim kommenden NHL-Draft ist der Kölner Leon Draisaitl ein heißer Kandidat für die Top-Picks. Im SPOX-Interview spricht der 18-Jährige über große Verträge, Einsamkeit in Kanada und verrät, warum er einst nicht mehr Eishockey spielen wollte.

SPOX: Leon, noch etwa zehn Wochen bis zum NHL-Draft. In aktuellen Prognosen werden Sie an Rang 4 gezogen. Schon nervös?

Leon Draisaitl: Nein, nicht wirklich. Ich habe eine ordentliche Saison in Kanada gespielt und was dann genau beim Draft passiert, kann ich sowieso nicht beeinflussen. Ich hoffe, dass ich von einem Team gewählt werde und dann in der NHL spielen darf.

SPOX: Mit den Prince Albert Raiders haben Sie in der Nachwuchs-Liga WHL in Kanada eine überragende Saison mit 105 Scorerpunkten in 64 Spielen abgeliefert. Ein gutes Bewerbungszeugnis?

Draisaitl: Ich denke schon. Ich habe konstant gut gespielt, war auch durchgehend fit. Mit der Quote kann ich auf jeden Fall zufrieden sein. Ich habe mich gut entwickelt.

SPOX: Trotzdem kam das frühe Playoff-Aus in der 1. Runde. Ein Nachteil im Draft?

Draisaitl: Naja, natürlich ist es nie schlecht, wenn man in den Playoffs weit kommt. Und wir waren gegen Edmonton auch auf Augenhöhe. Die NHL-Teams haben aber ein sehr gutes Scouting und viele Videos, da ist das Ausscheiden jetzt auch nicht so dramatisch. Aber natürlich spiele ich Eishockey um zu gewinnen.

SPOX: Sie wären nach aktuellem Stand der am höchsten gezogene deutsche Spieler der Geschichte. Ein großer NHL-Vertrag wäre sicher, sofort würde riesiger Hype entstehen. Sind Sie vorbereitet?

Draisaitl: Der Pick und das Geld interessieren mich wirklich nicht. Ich spiele, weil ich diesen Sport liebe. Natürlich denkt man manchmal darüber nach, was passieren könnte. Ich habe auch keine Liste an Dingen, die ich mir unbedingt kaufen will. Bis Juni kann ich mich nur bestmöglich vorbereiten und dann sehen wir, was rauskommt. Aber ich habe während der letzten Monate schon gemerkt, dass das Interesse der Medien zunimmt. Damit muss ich klarkommen und bisher gibt es auch keine Probleme.

SPOX: Zugenommen hat sicher auch das Interesse der NHL-Teams. Gab es schon Kontakte?

Draisaitl: Ja, das ist auch ganz normal. Ich habe bisher etwa mit zehn Teams gesprochen. Das ist aber meist eher so ein Abtasten, man will sich kennenlernen und es kommt öfter vor, dass Scouts nach den Spielen kurz mit dir sprechen oder dich auch einmal zum Essen einladen.

SPOX: Sie können sich beim Draft Ihr Team logischerweise nicht aussuchen. Wenn es so wäre, wen würden Sie wählen?

Draisaitl: Ich war eigentlich immer Fan der Red Wings, das hätte was. Aber wie Sie sagen, kann ich das nicht beeinflussen, ich kann nur gut spielen.

SPOX: Stichwort spielen: Wie sieht der Plan für die nächsten Wochen aus?

Draisaitl: Das kann ich noch nicht genau sagen. Ich bin im nächsten Lehrgang der Nationalmannschaft dabei und freue mich auch schon sehr darauf. Dann kommt es drauf an: Wenn ich bei der WM dabei bin, dann spiele ich dort. Wenn nicht, fliege ich nach Ottawa um mich dort für den NHL-Combine vorzubereiten.

SPOX: DEB-Coach Pat Cortina schwärmt in höchsten Tönen von Ihnen. Hatten Sie zuletzt verstärkt Kontakt oder war die erste Einladung zur Nationalmannschaft eine Überraschung?

Draisaitl: Nein, wir hatten via Mail mehrmals Kontakt und da hatte er schon angedeutet, dass er mich einladen will. Ich habe mich dann riesig gefreut, es ist eine Ehre mein Land zu vertreten.

SPOX: Jetzt muss natürlich die Anmerkung kommen: Damit wandeln Sie auf den Spuren Ihres Vaters, der insgesamt 146 Spiele für die DEB-Auswahl absolviert hat.

Draisaitl: Ja, das musste jetzt kommen. Natürlich hat mein Vater großen Anteil an meiner Entwicklung. Mindestens so stark hat mich aber auch der Rest der Familie unterstützt. Ich denke da an meine Mutter, die viel gefahren ist, stundenlang in kalten Hallen saß und mir beim Spielen zugesehen hat. Dazu noch meine Schwester, die mir immer geholfen hat. Ohne meine Familie wäre das alles nie gegangen.

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SPOX: Seit zwei Jahren sind Sie durchgehend 15 Flugstunden von Ihrer Familie und Heimat entfernt. Ein harter Umstand für einen Jugendlichen...

Draisaitl: Ja, das ist manchmal schon schwer. Man ist sehr weit weg, manchmal läuft es einfach nicht und man hätte gerne Familie und Freundeskreis hier. Ich hatte aber Glück: In Prince Albert ist die ganze Kleinstadt verrückt nach Eishockey und alle waren unfassbar nett zu mir. Dazu hatte ich täglich Kontakt nach Hause und meine Eltern haben mich natürlich auch besucht.

SPOX: Also nur ein bisschen Einsamkeit in Kanada?

Draisaitl: Ja, ein bisschen. Wir hatten auch ein gutes Team und haben viel zusammen gemacht. Mal ins Kino, oder X-Box-Turniere. Recht viel mehr war dort auch nicht geboten. Wir konnten uns total auf das Eishockey konzentrieren. Sportlich und persönlich war das genau der richtige Schritt für mich.

SPOX: Wie können wir uns denn Ihr Leben in Kanada vorstellen?

SPOXDraisaitl: Der Verein hat eine Gastfamilie organisiert und ich hatte Glück, dass ich eine sehr nette ältere Frau zugeteilt bekommen habe. Sie hat sich sehr um mich gekümmert, auch wenn sie vom Eishockey nicht viel wusste. Die Woche bestand eigentlich durchgehend aus Training oder Spielen. Außerdem hat jeder Spieler vom Klub ein kleines Taschengeld bekommen. Jeder das gleiche. Im ersten Jahr bin ich auch noch zeitweise zur Schule gegangen. Was hart war, waren die Temperaturen. Einmal hatten wir sogar minus 50 Grad, im Winter täglich minus 30. Aber man gewöhnt sich daran. Zweiter Pulli und dicke Jacke drüber, dann geht's los.

SPOX: Man könnte meinen, dass Sie mittlerweile so schnell nichts mehr aus der Bahn bringt...

Draisaitl: Naja, man wird eben schnell selbstständig. Man muss sich täglich selbst um alles kümmern und versuchen, seine Ziele zu erreichen. Mir hat es enorm weitergeholfen und ich sehe, dass ich mich sportlich und persönlich weiterentwickelt habe.

SPOX: Als "German Gretzky" haben Sie zuletzt mehrfach Draft-Analysen bezeichnet. Freut Sie das?

Draisaitl: Naja, das geht schon zu weit. Es ist wohl der beste Spieler aller Zeiten und ich bin noch nicht einmal in der Liga. Ich habe noch viel vor mir und werde lieber an meinem Spiel arbeiten, als mir groß darüber Gedanken zu machen.

SPOX: Sie sind derzeit kurz in Deutschland, wo gerade die DEL-Playoffs laufen. Ihr Favorit?

Draisaitl: Ganz klar Köln! Das ist meine Heimat und ich glaube, die Haie haben dieses Jahr eine starke Truppe und können den Titel holen.

SPOX: Gab es für Sie als Kind eigentlich immer nur Eishockey oder auch andere Sportarten?

Draisaitl: Ja, das ist eine witzige Geschichte. Ich habe früh mit dem Eishockey begonnen aber dann wieder aufgehört und lieber Fußball gespielt.

SPOX: Warum?

Draisaitl: Ganz ehrlich? Ich hatte einfach keine Lust mehr, mich mit der kompletten Montur immer so lange an - und auszuziehen. Beim Fußball ging das eben schneller. Ich bin dann aber zum Glück schnell wieder zum Eishockey zurückgekommen.

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