07.03.2012 um 16:14 Uhr
Bleibt fast alles anders
"Den Freiburgern ist es egal, ob sie in der ersten oder zweiten
Liga spielen. Die haben eh keinen Druck"
VfB-Sportdirektor Fredi Bobic vor dem Derby Stuttgart gegen SC Freiburg
„ Mhm, ahja, Du bist also wirklich Freiburg-Fan? Ja eigentlich mag ich die
ja auch. Ist ein sehr sympathischer Verein, aber ist der Finke da
eigentlich noch Trainer?"
Mit solch großem Interesse nehmen die meisten Gesprächspartner Anteil an
meinem Verein. Meist geht es dann noch um Studenten, Strandkorb,
Breisgau-Brasilianer, Dutt, Cissé und im äußersten Falle um die
Nachwuchsarbeit.
So lebt man seine Leidenschaft als Fan relativ ungestört von der Außenwelt
aus. Irgendwie ist der Verein eben in der Bundesliga, aber falls nicht ist
das auch nicht weiter tragisch. Und so war es Außenstehenden eben auch
egal, dass der SC mit 13 Punkten Tabellenletzter war.
„ Ja eigentlich mag ich die ja auch. Aber ist ja nicht schlimm wenn sie
absteigen."
Wie oft habe ich versucht zu erklären, dass ein Abstieg sehr wohl weh tut,
dass auch bei mir nach einem 0:6 gegen Bremen für mindestens zwei Tage kein
rollender Ball mehr auf dem Fernseher zu sehen ist.
Doch mit einem Mal war diese Winterpause alles anders. Plötzlich war der
SC-Fan gefragt, aber vor allem hatte jeder eine Meinung zu den Handlungen
des Vereins.
„ Jetzt habt Ihr Eure Unschuld verloren."
„ Ihr seid eben doch nicht anders als die anderen Clubs."
„ Hire and fire nun also auch bei Euch."
Das waren so die Standardformulierungen die es in diesen Tagen zu hören
gab.
Aber was war eigentlich passiert?
Spielern die sportlich keine Rolle mehr spielten wurde zu Beginn (!) der
Winterpause mitgeteilt, dass sie sich einen neuen Verein suchen könnten.
Der große Aufreger der selbsernannten Kenner war natürlich der
Trainerwechsel. Es musste wohl so mancher Praktikant im Archiv nachschauen
wann zum letzten Mal in Freiburg ein Trainer entlassen wurde. Zumal dann
auch kein bekannter Name kam.
„ Seid Ihr bescheuert? Er klappt es mit dem Amateurtrainer nicht und nun
wird Euer ehemaliger A-Jugend Coach der neue Chef?"
Mein Einwand, dass es doch aber eben immer auch um eine langfristige
Perspektive für den Verein gehe und Christian Streich einer der
erfolgreichsten Jugendtrainer und Ausbilder der letzten zehn Jahre sei
wurde dann meist mit dem Satz beantwortet:
„ Stimmt, denn es ist ja bei Euch gar nicht so schlimm wenn Ihr absteigt."
Dass ich auf diesen Satz noch einmal antwortete konnte dann niemand mehr
verlangen.
Schon in der Winterpause war von einem neuen Geist zu lesen, von einem Mehr
an Kommunikation und Miteinander. Aber was bedeutete das? Waren es die
üblichen Parolen oder sollten die Veränderungen etwas bewirkt haben?
Bereits beim ersten Spiel gegen Augsburg war zu sehen, dass es nicht nur
die Parolen waren. Und der Coach? Dessen größte Sorge in der
Pressekonferenz nach dem Sieg gegen Augsburg war den Torschützen vor den
Journalisten zu schützen, da der Verein auch einen Erziehungsauftrag habe
und dieser Spieler in drei Monaten doch ein gutes Abitur machen solle. Nur
stand ich nun auch wieder mit meinem Interesse und meiner Begeisterung für
die neue, junge Mannschaft ziemlich allein da.
„ Eigentlich mag ich Euch ja, aber ob das mit dem Trainer, wie heißt der
gleich nochmal, und den jungen Spielern gut gehen kann?"
Unbemerkt bekamen dann auch vier Nachwuchsleute einen Profivertrag und auch
in den drei folgenden Partien waren immer wieder deutliche Verbesserungen
zu erkennen. Statistikern fiel vielleicht noch auf, dass in Wolfsburg die
jüngste Freiburger Bundesligamannschaft ever auf dem Platz stand.
„ Das war richtig gut am Samstag. Hätte Euch den Sieg gegönnt, denn
eigentlich mag ich Euch ja."
So war es nach dem Spiel gegen den FC Bayern auf einmal wieder vielfach zu hören. Das erste 18.30 Uhr Spiel in Freiburg und dann wird auch noch gegen die großen Bayern ein 0:0 erspielt und erkämpft. Dass gegen Schalke am ketzten Samstag ein Spitzenteam geschlagen wurde war dann kaum noch eine Erwähnung wert.
Wahrscheinlich wird auch der Rest der Saison so weitergehen: Abstiegskampf begleitet von jeder Menge Ignoranz und geheuchelter Sympathie
Den Mögern und Sympathisanten, Ignoranten und Fußballfans sei gesagt:
Schaut auf diesen Verein, es lohnt sich!
Der SC Freiburg ist zur Zeit so spannend und interessant wie lange nicht
mehr. Drei Spieler in der Viererkette gegen Bayern stammen aus der eigenen Jugend, zwei davon haben bis zur Rückrunde keine Minute Bundesliga gespielt. Insgesamt standen gegen die Münchner sechs Spieler aus der Fußballschule in der Anfangsformation. Und am Spielfeldrand ein Trainer der mit all seiner Fachkenntnis, seiner Emotionalität und seiner Bescheidenheit dieses Team schon in der kurzen Zeit geprägt hat.
Ob es am Ende der Saison zum Klassenerhalt reicht? Keine Ahnung! Aber Druck gibt es in Freiburg ja eh nicht, oder Herr Bobic?
Liga spielen. Die haben eh keinen Druck"
VfB-Sportdirektor Fredi Bobic vor dem Derby Stuttgart gegen SC Freiburg
„ Mhm, ahja, Du bist also wirklich Freiburg-Fan? Ja eigentlich mag ich die
ja auch. Ist ein sehr sympathischer Verein, aber ist der Finke da
eigentlich noch Trainer?"
Mit solch großem Interesse nehmen die meisten Gesprächspartner Anteil an
meinem Verein. Meist geht es dann noch um Studenten, Strandkorb,
Breisgau-Brasilianer, Dutt, Cissé und im äußersten Falle um die
Nachwuchsarbeit.
So lebt man seine Leidenschaft als Fan relativ ungestört von der Außenwelt
aus. Irgendwie ist der Verein eben in der Bundesliga, aber falls nicht ist
das auch nicht weiter tragisch. Und so war es Außenstehenden eben auch
egal, dass der SC mit 13 Punkten Tabellenletzter war.
„ Ja eigentlich mag ich die ja auch. Aber ist ja nicht schlimm wenn sie
absteigen."
Wie oft habe ich versucht zu erklären, dass ein Abstieg sehr wohl weh tut,
dass auch bei mir nach einem 0:6 gegen Bremen für mindestens zwei Tage kein
rollender Ball mehr auf dem Fernseher zu sehen ist.
Doch mit einem Mal war diese Winterpause alles anders. Plötzlich war der
SC-Fan gefragt, aber vor allem hatte jeder eine Meinung zu den Handlungen
des Vereins.
„ Jetzt habt Ihr Eure Unschuld verloren."
„ Ihr seid eben doch nicht anders als die anderen Clubs."
„ Hire and fire nun also auch bei Euch."
Das waren so die Standardformulierungen die es in diesen Tagen zu hören
gab.
Aber was war eigentlich passiert?
Spielern die sportlich keine Rolle mehr spielten wurde zu Beginn (!) der
Winterpause mitgeteilt, dass sie sich einen neuen Verein suchen könnten.
Der große Aufreger der selbsernannten Kenner war natürlich der
Trainerwechsel. Es musste wohl so mancher Praktikant im Archiv nachschauen
wann zum letzten Mal in Freiburg ein Trainer entlassen wurde. Zumal dann
auch kein bekannter Name kam.
„ Seid Ihr bescheuert? Er klappt es mit dem Amateurtrainer nicht und nun
wird Euer ehemaliger A-Jugend Coach der neue Chef?"
Mein Einwand, dass es doch aber eben immer auch um eine langfristige
Perspektive für den Verein gehe und Christian Streich einer der
erfolgreichsten Jugendtrainer und Ausbilder der letzten zehn Jahre sei
wurde dann meist mit dem Satz beantwortet:
„ Stimmt, denn es ist ja bei Euch gar nicht so schlimm wenn Ihr absteigt."
Dass ich auf diesen Satz noch einmal antwortete konnte dann niemand mehr
verlangen.
Schon in der Winterpause war von einem neuen Geist zu lesen, von einem Mehr
an Kommunikation und Miteinander. Aber was bedeutete das? Waren es die
üblichen Parolen oder sollten die Veränderungen etwas bewirkt haben?
Bereits beim ersten Spiel gegen Augsburg war zu sehen, dass es nicht nur
die Parolen waren. Und der Coach? Dessen größte Sorge in der
Pressekonferenz nach dem Sieg gegen Augsburg war den Torschützen vor den
Journalisten zu schützen, da der Verein auch einen Erziehungsauftrag habe
und dieser Spieler in drei Monaten doch ein gutes Abitur machen solle. Nur
stand ich nun auch wieder mit meinem Interesse und meiner Begeisterung für
die neue, junge Mannschaft ziemlich allein da.
„ Eigentlich mag ich Euch ja, aber ob das mit dem Trainer, wie heißt der
gleich nochmal, und den jungen Spielern gut gehen kann?"
Unbemerkt bekamen dann auch vier Nachwuchsleute einen Profivertrag und auch
in den drei folgenden Partien waren immer wieder deutliche Verbesserungen
zu erkennen. Statistikern fiel vielleicht noch auf, dass in Wolfsburg die
jüngste Freiburger Bundesligamannschaft ever auf dem Platz stand.
„ Das war richtig gut am Samstag. Hätte Euch den Sieg gegönnt, denn
eigentlich mag ich Euch ja."
So war es nach dem Spiel gegen den FC Bayern auf einmal wieder vielfach zu hören. Das erste 18.30 Uhr Spiel in Freiburg und dann wird auch noch gegen die großen Bayern ein 0:0 erspielt und erkämpft. Dass gegen Schalke am ketzten Samstag ein Spitzenteam geschlagen wurde war dann kaum noch eine Erwähnung wert.
Wahrscheinlich wird auch der Rest der Saison so weitergehen: Abstiegskampf begleitet von jeder Menge Ignoranz und geheuchelter Sympathie
Den Mögern und Sympathisanten, Ignoranten und Fußballfans sei gesagt:
Schaut auf diesen Verein, es lohnt sich!
Der SC Freiburg ist zur Zeit so spannend und interessant wie lange nicht
mehr. Drei Spieler in der Viererkette gegen Bayern stammen aus der eigenen Jugend, zwei davon haben bis zur Rückrunde keine Minute Bundesliga gespielt. Insgesamt standen gegen die Münchner sechs Spieler aus der Fußballschule in der Anfangsformation. Und am Spielfeldrand ein Trainer der mit all seiner Fachkenntnis, seiner Emotionalität und seiner Bescheidenheit dieses Team schon in der kurzen Zeit geprägt hat.
Ob es am Ende der Saison zum Klassenerhalt reicht? Keine Ahnung! Aber Druck gibt es in Freiburg ja eh nicht, oder Herr Bobic?
Aufrufe: 2529 | Kommentare: 3 | Bewertungen: 3 | Erstellt:07.03.2012
ø 10.0
KOMMENTARE
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07.03.2012 | 16:17 Uhr
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Zugzwang :
Allererster Blogbeitrag ever. *puh
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12.03.2012 | 18:33 Uhr
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Der SC macht mir als neutralem Fußballfreund (zumind. in Liga 1) schon Spaß zum zuschauen. Erinnert mich an den 1.FCK im Jahr 2006. Junge Spieler, die trotz schlechter Tabellensituation eine kleine Euphorie entfachen.
Leider bezweifel ich, daß sie es schaffen. Somit gehts runter, wie damals beim FCK, und auch das ein oder andere Talent wird dann weg sein.
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14.03.2012 | 18:10 Uhr
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checkdas :
toller blog! ich fand den tenor vieler sc fans, dass jetzt unbedingt die klasse gehalten werden muss, trotzdem falsch. es muss perspektivisch gedacht werden, man will zu den besten 20 mannschaften deutschlands gehören., dementsprechend find ich hat der sc vieles richtig gemacht!und symbadisch isser auch noch der streich, macht spaß die pressekonferenzen anzuschauen!
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