18.01.2008 um 17:50 Uhr
Defense wins Championships…
Oder etwa nicht?
Das Divisional Playoff-Wochenende hat ganz sicher das gehalten, was sich Footballfans davon versprochen hatten. Außer man ist Anhänger eines der Verliererteams. Sogar dann könnte man sich damit trösten, dass sich auch keins der unterlegenen Teams für seine Leistung schämen muss, vielleicht mit Ausnahme der Seattle Seahawks, die ohne zwei frühe Geschenke von Packers-Running Back Ryan Grant böse unter die Räder gekommen wären.
Und was für ein Unterschied zu den Wild Card-Spielen. Nicht dass die besonders schlecht gewesen wären. Aber am ersten Playoff-Wochenende hieß für mich das verbindende Thema der vier Partien: Druck auf den Quarterback. Seattle verprügelte Washingtons Todd Collins nach Strich und Faden und was Jeff Garcia von den Buccaneers gegen New York einstecken musste, tat ja schon beim Hinsehen weh.
Aber diese Woche: das genaue Gegenteil. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal eine derart offensiv geprägte Playoff-Runde gesehen zu haben (auch wenn das natürlich an meinem Gedächtnis liegen könnte). Eine lange Angriffsserie jagte die andere, die Quarterbacks waren fast alle gut bis herausragend und die Verteidigungen machten genau das nicht, was in der Vorwoche noch das Erfolgsrezept war: Druck auf den Quarterback nämlich.
Deshalb hatte Dallas eine Angriffsserie über 20 (!) Spielzüge gegen die Giants. Deshalb mussten die Colts gegen San Diego nur einmal punten. Deshalb hatten die Chargers nur 3 Ballbesitze in Halbzeit 1 (plus einen Spielzug zum Abknien am Ende der Halbzeit). Deshalb gab es beim Spiel Patriots – Jaguars nur je 8 Ballbesitze für beide Teams. Und auch Brett Favre und die Packers hielten den Ball trotz starkem Schneefall in den eigenen Reihen.
Nun hat man als Abwehrkoordinator zwei Möglichkeiten. Kurz gesagt: Druck machen oder lieber möglichst viele Passverteidiger aufs Feld schicken. Zwei Möglichkeiten, von denen keine die perfekte Lösung ist. Denn jedes System hat Stärken und Schwächen. Und wenn man Pech hat, dann nutzt der Gegner die Schwächen aus.
Nehmen wir das Beispiel der Jaguars gegen die New England Patriots. Defensive Coordinator Mike Smith hatte folgende Wahl: Attackiere ich Tom Brady mit möglichst vielen Verteidigern, entblöße dafür aber meine Rückraumverteidigung und gehe das Risiko ein, dass Randy Moss einen langen Pass nach dem anderen fängt. Oder mache ich keinen Extradruck, attackiere Brady nur mit den vier Linienspielern und versuche, dahinter mit 7 Verteidigern die Passwege zuzustellen. Auf Deutsch: wähle ich den schnellen Tod oder lieber den langsamen (und qualvollen).
Smith entschied sich für Variante zwei. Eigentlich keine schlechte Wahl, lautet die zugrunde liegende Philosophie doch: Wir geben euch die kleinen Raumgewinne, weil wir nicht glauben, dass ihr fehlerfrei das Feld überbrückt. Immer und immer wieder. Denn ein fallengelassener Pass oder eine Strafe beendet eine solche Serie oft. Dummerweise nicht gegen die Patriots. Denn die marschierten unbeeindruckt übers Feld, Brady brachte fast jeden Pass an, Strafen gegen den Angriff gab es nur einmal, was prompt zu einem verschossenen Field Goal führte. Ansonsten: eine makellose Bilanz der Gastgeber. Zwar fing Randy Moss nur einen Pass, aber was soll's.
Ich persönlich (und das habe ich auch schon vor ein paar Wochen geschrieben), würde lieber das Risiko eingehen, dass mir ein paar Big Plays um die Ohren fliegen, als zuzusehen, wie der Gegner immer wieder methodisch über das Feld marschiert. Die Patriots sind eine Mannschaft, die extrem von ihrem Passangriff lebt. Wenn man da erfolgreich sein will, muss man den Quarterback ins Schwitzen bringen. Getreu dem alten Al Davis-Motto : "The other team's quarterback must go down. And he must go down hard." ("Der gegnerische Quarterback muss zu Boden gehen. Und es muss ihm wehtun.")
Klar ist Tom Brady auch noch unter Druck herausragend. Aber wenn die Patriots in dieser Saison Probleme hatten (oft war's ja nicht), dann deshalb, weil ihr Quarterback unter Druck geriet. Das ist kein sicheres Erfolgsrezept, denn es kann auch böse nach hinten losgehen. Aber wenigstens schaut man so nicht tatenlos zu, wie man vom Gegner überrollt wird.
Bis bald,
Andreas
Das Divisional Playoff-Wochenende hat ganz sicher das gehalten, was sich Footballfans davon versprochen hatten. Außer man ist Anhänger eines der Verliererteams. Sogar dann könnte man sich damit trösten, dass sich auch keins der unterlegenen Teams für seine Leistung schämen muss, vielleicht mit Ausnahme der Seattle Seahawks, die ohne zwei frühe Geschenke von Packers-Running Back Ryan Grant böse unter die Räder gekommen wären.
Und was für ein Unterschied zu den Wild Card-Spielen. Nicht dass die besonders schlecht gewesen wären. Aber am ersten Playoff-Wochenende hieß für mich das verbindende Thema der vier Partien: Druck auf den Quarterback. Seattle verprügelte Washingtons Todd Collins nach Strich und Faden und was Jeff Garcia von den Buccaneers gegen New York einstecken musste, tat ja schon beim Hinsehen weh.
Aber diese Woche: das genaue Gegenteil. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal eine derart offensiv geprägte Playoff-Runde gesehen zu haben (auch wenn das natürlich an meinem Gedächtnis liegen könnte). Eine lange Angriffsserie jagte die andere, die Quarterbacks waren fast alle gut bis herausragend und die Verteidigungen machten genau das nicht, was in der Vorwoche noch das Erfolgsrezept war: Druck auf den Quarterback nämlich.
Deshalb hatte Dallas eine Angriffsserie über 20 (!) Spielzüge gegen die Giants. Deshalb mussten die Colts gegen San Diego nur einmal punten. Deshalb hatten die Chargers nur 3 Ballbesitze in Halbzeit 1 (plus einen Spielzug zum Abknien am Ende der Halbzeit). Deshalb gab es beim Spiel Patriots – Jaguars nur je 8 Ballbesitze für beide Teams. Und auch Brett Favre und die Packers hielten den Ball trotz starkem Schneefall in den eigenen Reihen.
Nun hat man als Abwehrkoordinator zwei Möglichkeiten. Kurz gesagt: Druck machen oder lieber möglichst viele Passverteidiger aufs Feld schicken. Zwei Möglichkeiten, von denen keine die perfekte Lösung ist. Denn jedes System hat Stärken und Schwächen. Und wenn man Pech hat, dann nutzt der Gegner die Schwächen aus.
Nehmen wir das Beispiel der Jaguars gegen die New England Patriots. Defensive Coordinator Mike Smith hatte folgende Wahl: Attackiere ich Tom Brady mit möglichst vielen Verteidigern, entblöße dafür aber meine Rückraumverteidigung und gehe das Risiko ein, dass Randy Moss einen langen Pass nach dem anderen fängt. Oder mache ich keinen Extradruck, attackiere Brady nur mit den vier Linienspielern und versuche, dahinter mit 7 Verteidigern die Passwege zuzustellen. Auf Deutsch: wähle ich den schnellen Tod oder lieber den langsamen (und qualvollen).
Smith entschied sich für Variante zwei. Eigentlich keine schlechte Wahl, lautet die zugrunde liegende Philosophie doch: Wir geben euch die kleinen Raumgewinne, weil wir nicht glauben, dass ihr fehlerfrei das Feld überbrückt. Immer und immer wieder. Denn ein fallengelassener Pass oder eine Strafe beendet eine solche Serie oft. Dummerweise nicht gegen die Patriots. Denn die marschierten unbeeindruckt übers Feld, Brady brachte fast jeden Pass an, Strafen gegen den Angriff gab es nur einmal, was prompt zu einem verschossenen Field Goal führte. Ansonsten: eine makellose Bilanz der Gastgeber. Zwar fing Randy Moss nur einen Pass, aber was soll's.
Ich persönlich (und das habe ich auch schon vor ein paar Wochen geschrieben), würde lieber das Risiko eingehen, dass mir ein paar Big Plays um die Ohren fliegen, als zuzusehen, wie der Gegner immer wieder methodisch über das Feld marschiert. Die Patriots sind eine Mannschaft, die extrem von ihrem Passangriff lebt. Wenn man da erfolgreich sein will, muss man den Quarterback ins Schwitzen bringen. Getreu dem alten Al Davis-Motto : "The other team's quarterback must go down. And he must go down hard." ("Der gegnerische Quarterback muss zu Boden gehen. Und es muss ihm wehtun.")
Klar ist Tom Brady auch noch unter Druck herausragend. Aber wenn die Patriots in dieser Saison Probleme hatten (oft war's ja nicht), dann deshalb, weil ihr Quarterback unter Druck geriet. Das ist kein sicheres Erfolgsrezept, denn es kann auch böse nach hinten losgehen. Aber wenigstens schaut man so nicht tatenlos zu, wie man vom Gegner überrollt wird.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 3155 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 2 | Erstellt:18.01.2008
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