Edition: Suche...
11.07.2011 um 19:33 Uhr
Die Geister die ich rief....
Das war es dann also. Trocken und abrupt platzte die Seifenblase des künstlich zelebrierten Sommermärchens und stürzte eine ganze Nation in gespielte Trauer. Kurz vor Ende der Verlängerung schlossen die aufopferungsvoll kämpfenden Japanerinnen einen sehenswerten Spielzug erfolgreich ab und hinterliessen einen Trümmerhaufen in schwarz-rot-geil. Spielerisch und technisch überlegen und mit großer taktischer Disziplin, fingen die Japanerinnen die kläglich naiven Angriffsbemühungen der Deutschen ab, und belohnten ihre Mühen mit dem hochverdienten Einzug ins Halbfinale.

Da stand es nun auf der Anzeigetafel. Null zu Eins. Unverrückbar und mit kalter Emotionslosigkeit schlug es denjenigen entgegen, die jedes noch so schlechte Spiel in einer schon dreisten Art und Weise als gelungen verkaufen wollten. Nein, da waren dann selbst die Moderatoren und Kommentatoren vom öffentlichen Fernsehen mit ihrem Latein am Ende, die den Auftrag hatten, die künstliche Schwarz-Rot-Geil Euphorie irgendwiemöglich ins Land zu tragen.

Fussball ist Ergebnissport. Fussball wird aber auch gespielt und wer die Anzeichen für dieses frühe aus verklären, und der Realität nicht ins Auge blicken wollte, der muss sich am Ende auch fragen lassen, wie man mit einer solch epischen Naivität diese offenbaren Hinweise verkennen konnte.
Der Frauenfussball ist eine Randsportart, die man fälschlicherweise als professionelles Main-Event verkaufen wollte. Amateurhafte Strukturen bilden abseits der WM diesen Sport und das liess sich durch keinen Kameratrick und keine audiovisuelle Verklärung mehr kaschieren. Laienhafte Schiedsrichterinnen, schlecht ausgebildete Spielerinnen und letztlich auch eine mit der Situation überforderte Trainerin gaben insgesamt ein erbärmliches Bild des deutschen Frauenfussballs ab, der in diesen Wochen doch so professionell verpackt worden war.

Mit deutschem Organsisationstalent wurde nichts dem Zufall überlassen und alles sollte exakt so ablaufen wie im Jahre 2006 bei den Männern, lediglich dass dieses mal Frauen in den Trikots stecken sollten. Die Medien wurden in Position gebracht und berichteten täglich vom Großereignis der FrauenfussballWM. Spielerinnen wurden portraitiert. Vorberichte zusammengeschnitten und es wurde mit allen Mitteln um die Gunst des deutschen Fussballkonsumenten geworben.
Nur eines hatte man dabei nicht bedacht. Keine der aktiven Spielerinnen und des Betreuerstabs haben diese Situation, und auch die damit einhergehenden Schattenseiten der öffentlichen Wahrnehmung, jemals erlebt. Der männliche Fussballprofi ist darin ein Routinier, denn er kennt dieses Gebahren aus seinem täglichen Vereinsleben. Er wickelt Ereignisse, die sich abseits des Platzes abspielen, gekonnt ab ohne dem ganzen eine zu große Bedeutung zukommen zu lassen. Der psychische Druck einer großen Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein ist für ihn ein Normalzustand. Er fokussiert sich auf seine Aufgabe des Fussballspielens und erreicht dadurch einen effektiveren Abruf seiner Leistungsstärke.

Viele Spielerinnen äusserten sich dahin gehend, dass sie sich wieder auf ihr normales Leben, jenseits der Öffentlichkeit, freuen würden womit sie sich schon selbst eingestehen, diesem Druck nicht ganz stand halten zu können. Auf dem Platz agierten sie plan - und einfallslos. Silvia Neid hinterliess den Eindruck keine Linie und kein zu Konzept zu besitzen, als sie die volle mediale Wucht traf, um eine große verdiente Spielerin aus der ersten Elf streichen zu lassen. Bezeichnenderweise verbrachten in diesem letzten Spiel die abgesetzte Birgit Prinz und die Werbeikone der WM Bajramaj keine Sekunde auf dem Rasen der WM-Arena. War es der Druck der öffentlichen und medialen Präsenz, der sie keine klare Entscheidung mehr treffen liess?

Es zählte nur der Weltmeistertitel und wie dieser am Ende größtmöglich vermarktet werden sollte. Der angepriesene nachhaltige Effekt auf diese Sportart war blosse Verkaufsstrategie. Der Männerfussball ist in diesem Lande eine nie zu brechende Dominanz und der Versuch den Frauenfussball in dessen Fahrwasser einzulassen, scheiterte auf eine klägliche Art und Weise. Es reichte am Ende einfach nicht mehr, lediglich eine körperliche Überlegenheit auf dem Rasen zum Erfolg zu führen, denn die anderen Nationen haben sichtlich an vielen Facetten ihres Spiels gearbeitet und selbst schmächtige Japanerinnen zeigten ein taktisches Konzept. Einen Plan, den sie gekonnt in die Tat umsetzten, um die großen und körperlich starken Deutschen zu Fall zu bringen.

Letztendlich zerbrach die deutsche Mannschaft an ihrer eigenen Naivität und Hilflosigkeit, als sie sich im Angesicht des medialen Monsters gegenüber sah und von diesem schonungslos instrumentalisiert wurde. Den Schlussakkord in moll bildeten weinende deutsche Spielerinnen, die sich nach dem Spiel traurig über den Wolfsburger Rasen schleppten und zu guter letzt noch angewiesen wurden ein Transparent hochzuhalten,
mit der Aufschrift: "Ein Team – Ein Traum – Millionen Fans, Danke"
Sie wussten nicht, was sie da tun.
Aufrufe: 14030 | Kommentare: 48 | Bewertungen: 78 | Erstellt:11.07.2011
ø 9.5
KOMMENTARE
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taneu
11.07.2011 | 21:21 Uhr
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taneu : 
11.07.2011 | 21:21 Uhr
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taneu : 
Und alles nur weil der Prinz nicht mitmachen durfte. Und jetzt hat er sich auch noch dem Magen verdorben...
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scholli99
11.07.2011 | 21:33 Uhr
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scholli99 : 
11.07.2011 | 21:33 Uhr
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scholli99 : 
80 min.... Josh krallt sich in seinen Sessel.... fiebert dem Ausgleich entgegen....

Am Ende des Abends und des letzten Bier bleibt die Frage... Warum???

Warum gewinnt die Manschaft mit 2 realen Chancen und Deutschland hat ca. 20 vergeigt.... Warum nur?
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Josh9
11.07.2011 | 21:53 Uhr
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Josh9 : 
11.07.2011 | 21:53 Uhr
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Josh9 : 
boah, ich bin hier schon ne Zeit lang am brüten welches Spiel du meinen könntest. ;)

hmm. Deutschland - DDR 1974 ?

ne, echt keine Ahnung.
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scholli99
11.07.2011 | 21:59 Uhr
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scholli99 : 
11.07.2011 | 21:59 Uhr
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scholli99 : 
Nich brüten....

Klasse Blog und wen DU das Ding nich so gefühlt hast, hilft auch das brüten nix..

Ich hatte meine Deja-Dings...
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midget
12.07.2011 | 00:25 Uhr
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midget : 
12.07.2011 | 00:25 Uhr
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midget : 
großartig!
wirklich!
genauso und nicht anders.... und irgendwie tun sie mir dann ja doch leid.
oder auch nicht!
juuu essss eyyyyyyyyyyyyyy :)
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Tagon
12.07.2011 | 02:23 Uhr
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Tagon : 
12.07.2011 | 02:23 Uhr
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Tagon : 
Höllisch gut, Josh. Wunderbare Metaphern, gekonnte Bildsprache, exzellent ins große Ganze eingebettet. Rundum ein sharfes Hefeteilchen, das ich mit Genuss goutiert habe!

Und natürlich auch: einhundert Prozent wahr!
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Torres9
12.07.2011 | 11:40 Uhr
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Torres9 : @SPOX
12.07.2011 | 11:40 Uhr
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Torres9 : @SPOX
"England: Players to watch 2011/12
BLOG Hilflose Marionetten der Öffentlichkeit "


Da stimmt was nicht...
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Josh9
12.07.2011 | 11:44 Uhr
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Josh9 : 
12.07.2011 | 11:44 Uhr
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Josh9 : 
der Max mal wieder.
hat wohl noch Restalkohol drinne. ;)
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Torres9
12.07.2011 | 11:47 Uhr
8
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Torres9 : 
12.07.2011 | 11:47 Uhr
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Torres9 : 
Zum Blog:

10er!
Weil alles sooooo wahr ist!
Und hättest du diesen bösen Blog WÄHREND der WM geschrieben, stünde am Ende keine 9,X Bewertung für diesen tollen Blog, sondern eine 5,X oder 6,X.
Daran sieht man schon wie manipulierbar der Konsument von den Medien ist und wie einige das Fähnchen im Wind spielen.

Bin froh, dass es vorbei ist und froh, dass es noch andere Menschen gibt die sich nicht blenden lassen. Danke dafür.

Und jetzt zählen wir die Tage.
Bald gibt es wieder richtigen Fußball, Männer!
8
Gotti1963
12.07.2011 | 11:48 Uhr
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Gotti1963 : 
12.07.2011 | 11:48 Uhr
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Gotti1963 : 
Das ist das Beste, daß je ein User zu diesem Themenkomplex auf dieser Seite zu sagen hatte.
Beeindruckend und absolut wahr, vom ersten bis zum letzten Buchstaben!
10 P.
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