26.02.2008 um 13:52 Uhr
p = W : G x 100
Wie sagte einst ein College-Quarterback zu seiner örtlichen Zeitung: „Ich gebe immer 120 Prozent, mehr geht einfach nicht."
Tja, Sportler und Mathematik, das passt einfach nicht zusammen. Ich habe ja auch den Verdacht, dass es meine Ahnungslosigkeit im Bereich Mathe ist, die mich dazu befähigt, meine Brötchen als Sportkommentator zu verdienen. Auch wenn ich mir einrede, dass ich in der Schule definitiv bessere Mathenoten bekommen hätte, wenn es mich nur ein bisschen interessiert hätte. Aber darum soll es hier gar nicht gehen.
Nach dem Hinspiel zwischen Arsenal und dem AC Mailand sagte Premiere-Experte Dietmar Hamann Folgendes: „Arsenal hat sich ja drei, vier hundertprozentige, sogar tausendprozentige Chancen erspielt. Normalerweise machen sie davon neun von zehn rein." Puh, Didi, bist du dir da sicher?
Aber es soll auch nicht um Didi Hamanns Probleme mit der Prozentrechnung gehen. Mein Thema ist die beliebte „hundertprozentige Torchance". Wo der Kommentator dann noch hinterher schiebt: „Den MUSS er doch machen." Immer dann, wenn „er" ihn gerade nicht gemacht hat. Und ich gebe zu: solche Worte sind auch schon über meine Lippen gekommen. Auch wenn ich versuche, es zu vermeiden. Schließlich weiß jeder, der schon einmal selbst gegen den Ball getreten hat, und sei es auch nur in der Freizeit, dass es so etwas wie eine hundertprozentige Chance nicht gibt. Man kann ihn immer noch irgendwie vorbei oder drüber schießen. Und mal ganz ehrlich: wer von uns hat nicht schon einmal aus drei Metern das leere Tor verfehlt? Ich jedenfalls ganz bestimmt.
Da stellt sich doch nun die Frage: wenn es keine Hundertprozentigen gibt, wie sollte man die Großchancen beim Fußball sonst nennen? Um der Lösung näher zu kommen, habe ich Nachforschungen angestellt. Und zwar bei der Bundesliga-Datenbank. Die führen nämlich Buch über sämtliche Großchancen, die es in der Fußball-Bundesliga gibt. „Großchance" ist (in meinen Worten) definiert als: allein frei vor dem Torwart (oder dem leeren Tor) stehen. Also ziemlich genau das, was wir Reporter und der Rest der Welt als hundertprozentige Chance bezeichnen. Und siehe da: meine Nachforschungen ergaben, dass es in dieser laufenden Bundesligasaison genau 625 Großchancen gab, von denen 298 zu Treffern verwertet wurden. Das sind genau 47,68 Prozent.
Deshalb schlage ich vor, in Zukunft nicht mehr fälschlicherweise von einer hundertprozentigen Torchance zu sprechen, sondern korrekterweise von einer „siebenundvierzigkommasechsachtprozentigen Torchance". Wer faul ist, darf von mir aus die Stellen nach dem Komma aufrunden.
Und noch etwas: der Satz „hundertprozentige Torchancen gibt es gar nicht" ist natürlich auch falsch. Hundertprozentige Torchancen sind aber nur die, bei denen der Ball dann auch im Tor landet. Und wenn dann demnächst der Stürmer eures Lieblingsklubs mal wieder eine „siebenundvierzigkommasechsachtprozentige Torchance" vergeigt, dann springt nicht aus eurem Sessel, schreit nicht „Du Idiot" und werft nicht die Fernbedienung Richtung Fernseher. Bleibt ruhig und erinnert euch: Fußballspielen ist gar nicht so leicht. Sage ich. Und da bin ich mir sicher. Ungefähr hundertsechsprozentig sicher. Mehr geht einfach nicht.
Bis bald,
Andreas
Tja, Sportler und Mathematik, das passt einfach nicht zusammen. Ich habe ja auch den Verdacht, dass es meine Ahnungslosigkeit im Bereich Mathe ist, die mich dazu befähigt, meine Brötchen als Sportkommentator zu verdienen. Auch wenn ich mir einrede, dass ich in der Schule definitiv bessere Mathenoten bekommen hätte, wenn es mich nur ein bisschen interessiert hätte. Aber darum soll es hier gar nicht gehen.
Nach dem Hinspiel zwischen Arsenal und dem AC Mailand sagte Premiere-Experte Dietmar Hamann Folgendes: „Arsenal hat sich ja drei, vier hundertprozentige, sogar tausendprozentige Chancen erspielt. Normalerweise machen sie davon neun von zehn rein." Puh, Didi, bist du dir da sicher?
Aber es soll auch nicht um Didi Hamanns Probleme mit der Prozentrechnung gehen. Mein Thema ist die beliebte „hundertprozentige Torchance". Wo der Kommentator dann noch hinterher schiebt: „Den MUSS er doch machen." Immer dann, wenn „er" ihn gerade nicht gemacht hat. Und ich gebe zu: solche Worte sind auch schon über meine Lippen gekommen. Auch wenn ich versuche, es zu vermeiden. Schließlich weiß jeder, der schon einmal selbst gegen den Ball getreten hat, und sei es auch nur in der Freizeit, dass es so etwas wie eine hundertprozentige Chance nicht gibt. Man kann ihn immer noch irgendwie vorbei oder drüber schießen. Und mal ganz ehrlich: wer von uns hat nicht schon einmal aus drei Metern das leere Tor verfehlt? Ich jedenfalls ganz bestimmt.
Da stellt sich doch nun die Frage: wenn es keine Hundertprozentigen gibt, wie sollte man die Großchancen beim Fußball sonst nennen? Um der Lösung näher zu kommen, habe ich Nachforschungen angestellt. Und zwar bei der Bundesliga-Datenbank. Die führen nämlich Buch über sämtliche Großchancen, die es in der Fußball-Bundesliga gibt. „Großchance" ist (in meinen Worten) definiert als: allein frei vor dem Torwart (oder dem leeren Tor) stehen. Also ziemlich genau das, was wir Reporter und der Rest der Welt als hundertprozentige Chance bezeichnen. Und siehe da: meine Nachforschungen ergaben, dass es in dieser laufenden Bundesligasaison genau 625 Großchancen gab, von denen 298 zu Treffern verwertet wurden. Das sind genau 47,68 Prozent.
Deshalb schlage ich vor, in Zukunft nicht mehr fälschlicherweise von einer hundertprozentigen Torchance zu sprechen, sondern korrekterweise von einer „siebenundvierzigkommasechsachtprozentigen Torchance". Wer faul ist, darf von mir aus die Stellen nach dem Komma aufrunden.
Und noch etwas: der Satz „hundertprozentige Torchancen gibt es gar nicht" ist natürlich auch falsch. Hundertprozentige Torchancen sind aber nur die, bei denen der Ball dann auch im Tor landet. Und wenn dann demnächst der Stürmer eures Lieblingsklubs mal wieder eine „siebenundvierzigkommasechsachtprozentige Torchance" vergeigt, dann springt nicht aus eurem Sessel, schreit nicht „Du Idiot" und werft nicht die Fernbedienung Richtung Fernseher. Bleibt ruhig und erinnert euch: Fußballspielen ist gar nicht so leicht. Sage ich. Und da bin ich mir sicher. Ungefähr hundertsechsprozentig sicher. Mehr geht einfach nicht.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 9647 | Kommentare: 2 | Bewertungen: 14 | Erstellt:26.02.2008
ø 9.0
KOMMENTARE
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26.02.2008 | 13:56 Uhr
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20Legend : Oh man,
welch wahre Worte.Endlich mal einer,der es ausspricht.Danke,Andreas!! Super Blog,mehr davon.
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26.02.2008 | 14:36 Uhr
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oliver : lol
echt geiles blog! feiere es sehr ab! und ich bitte darum, dass du beim nächsten spiel, das du kommentierst, konsequenterweise von einer siebenundvierzigkommasechsachtprozentigen torchance sprichst, wenn da wieder einer ne hundertprozentige versemmelt :)
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