Für viele der mitgereisten Fans der Borussia haben die Erinnerungen an diese Auswärtsfahrt wenig mit solchen sportlichen Aspekten zu tun. Denn abseits von Kameras und jenseits der meisten Medienberichte kam es zu mehreren Konfrontationen mit der spanischen Polizei. Und "Konfrontationen" steht hier als Euphemismus für Schläge, Tritte und Verhaftungen.
Erst im Nachhinein wurde bekannt, dass einer ganzen Reihe von Fans von Seiten der spanischen Polizei übel mitgespielt wurde. So zumindest die Beschreibungen, die in vielen Dortmunder Blogs zu finden sind. Den Wahrheitsgehalt der Formulierungen kann man nicht überprüfen - doch die eindrücklichen Schilderungen und die Vielzahl an Augenzeugenberichten sollten es Jedem erlauben, sich ein eigenes Bild von den Ereignissen zu machen.
In Momenten wie diesen zeigt sich eine Stärke der Sportblogs: Sie können Themen auf die Agenda setzen, die ohne ihre Verbreitung im Internet einer breiteren Masse nicht zugänglich geworden wären. Die Aufgabe der Blogschau ist es nicht nur, auf den Klamauk und Trubel hinzuweisen, sondern auch solche Themen zu beleuchten.
Das Ende einer Auswärtsfahrt
"Wir waren vor dem Mob im Stadion und gingen auf den Unterrang, um uns ein Bild vom Stadion zu machen. Als wir den Block wieder verlassen wollten wurde uns das von den Polizisten verweigert. Auch der Hinweis, dass man zur Toilette müsse führte nur zu einem "No" - dem am häufigsten gebrauchten Ausdruck der Ordnungsmacht. Nach endlos langer Zeit schafften wir dann den Weg raus. Es standen übrigens drei (!) Dixieklos zur Verfügung. Für 3000 Mann. Okay, eigentlich waren es sechs, aber die anderen drei wurden von den Polizisten nicht freigegeben. Warum? "No!". Das muss reichen als Begründung. Irgendwann kam die große Masse der Fans und danach eskalierte die Situation.Die Cops hauten wahllos auf Leute ein, bevor dann Sitzschalen flogen, was zugegebenermaßen auch keine perfekte Strategie zur Beruhigung der aufgebrachten Schlägertruppe in Uniform war. Aber so wie ich es erlebt habe ging die Gewalt ganz klar von der Staatsmacht aus. Wobei es mir auch hier wieder egal ist, denn die Polizei schlug auch auf Leute ein, die offensichtlich nicht an irgendeiner Aktion beteiligt waren, sondern am Rand standen offensichtlich unbeteiligt waren und die Arme erhoben hatten. Es waren neun Mitglieder von "The Dudes" in Sevilla. Von denen war niemand an irgendwelchen Gewalttaten beteiligt, aber vier wurden geschlagen und bei einem ging die Rippe zu Bruch. In dem Moment wo ihn der Polizeiknüppel traf beugte er sich gerade übrigens zu einem Menschen runter, der neben ihm zu Boden gegangen war. Mithin also eine Situation wo man nicht davon ausgehen konnte, dass der Polizist ihn für eine Gefahr hielt. Aber liebe spanische Polizei: Das hindert ja nicht am knüppeln."
Hamburg Schwarz-Gelb: Liebe spanische Polizei
"Allein die nackten Zahlen führen einem vor Augen, dass in Spanien der Begriff Deeskalation nicht zum Sprachgebrauch der hiesigen Polizei gehören kann. Bis heute liegen uns Nachrichten von gebrochenen Rippen (mehrere Personen), einem Nasenbeinbruch samt Gehirnerschütterung, einen Armbruch, Handbruch und mehreren Platzwunden vor. Auch einer der szenekundigen Beamten bekam nach Augenzeugenberichten den spanischen Holzknüppel zu spüren, als er sich um einen Verletzten kümmern wollte! Diese Fans wurden erst am Donnerstagabend entlassen, nachdem sie sich zu Straftaten bekannten, die sie gar nicht begangen hatten."
Schwatzgelb: Internationale Härte
"Gegen 3 Uhr etwa dürften wir in den Zellen gewesen sein. Die Zellen waren 2*3 Meter, ganz aus weißen Fliesen und auf einem kleinen Podest brannte die ganze Zeit Licht. Einige bekamen Unterlagen und Decken, einige bekamen gar nichts. Die Unterlagen waren etwa 3cm dick und aus kaltem Leder, die Decken waren übersät mit Flecken. Toiletten etc. gab es nicht und die Klimaanlage war an, so dass es sehr kalt dort war. Schlafen konnte aufgrund der Angst, des Lichtes und der Kälte so gut wie keiner. Jedes Mal, wenn man jemanden kommen hörte, wurde die Angst wieder größer."
Schwatzgelb: Ein Tag Gefängnis in Sevilla I
"Am Tag des Spiels haben wir uns gemeinsam die Stadt angeschaut und sogar abends friedlich mit Sevilla-Anhängern gefeiert (es existieren Fotos). Auf dem Weg zum Eingang vom Stadion begannen die Probleme. Aus unerfindlichen Gründen wurde mein Schwiegervater plötzlich von mehreren Polizisten zu Boden geworfen und es wurden ihm sofort Handschellen angelegt. Da er keine Fremdsprachen beherrscht, rief er auf bosnisch immer wieder: "Ich habe keine Schuld, nichts gemacht. Was wollt ihr von mir?" Dies nahm die Polizei dann zum Anlass, mit Schlagstöcken auf ihn einzuschlagen. Er hat Verletzungen am Hinterkopf, im Gesicht und einen riesigen Bluterguss auf dem Oberschenkel. Aufgrund seiner erheblichen Verletzungen wurde er von mehreren Polizisten, unglaublicherweise in Handschellen, ins Krankenhaus gebracht.
Dort bemerkte er, wie selbst die diensthabende Ärztin die Polizisten anschrie, den armen, alten Mann endlich in Ruhe zu lassen. Dies schien diese Herren in keinster Weise zu beeindrucken. Vielmehr wurde er ins Gefängnis gebracht. Dort ging die Schlägerei weiter. Er wurde auf dem Weg zur Zelle mehrfach mit Schlagstöcken malträtiert, die Brille ihm brutal vom Gesicht geschlagen."
Schwatzgelb: Ein Tag Gefängnis in Sevilla II
"Meiner Einschätzung nach kann man das Verhalten der spanischen Polizei so nicht hinnehmen. Der Polizeieinsatz war völlig übertrieben, dabei wurde grundlos auf friedliche Dortmundfans eingeschlagen. Die Haftbedingungen in der Polizeistation und auch im Gerichtsgebäude waren menschenunwürdig. Die Behandlung durch die Polizisten kann ich kaum in Worte fassen. Auch auf mehrmaliges Nachfragen, wurde mir nichts zu Essen und nichts zu Trinken gewährt. Am schlimmsten war allerdings für mich die Nacht, alleine in dieser dunklen Zelle, ohne jegliches Zeitgefühl und Informationen, was mit mir passieren wird. Man wurde permanent beschimpft. Kaum ein Polizist war der englischen Sprache mächtig und somit war eine Kommunikation nicht möglich."
Schwatzgelb: Ein Tag Gefängnis in Sevilla III
Volker Finke
"Denn in Freiburg durfte Finke auch Abstiege hinnehmen. Die zweite Liga war immer wieder einkalkuliert. In Köln darf er sich solche Rückschläge nicht erlauben. Ebenso wenig, wie er die Kölner Presse links liegen lassen dürfte. Finke muss sich verkaufen können. Schaefer tut das super. Horstmann ist der stille Arbeiter im Hintergrund, der es nicht muss. Overath dürfte im Boulevard in den Hintergrund rücken. Finke wird sich erklären müssen. Er muss sich verkaufen, präsentieren und sich mit der Presse arrangieren. Hoffentlich kann er das. Denn erlernen kann man sowas nicht. Daran ist auch Soldo schon zerbrochen."Spielfeldrand: Meine Gedanken zu Volker Finke
Pirmins Wenderede
"Schwegler ist bereits in jungen Jahren ein erstklassiger Fußballer, er genießt eine in dieser Einigkeit seltene Wertschätzung bei seinem Förderer und Trainer sowie bei Journalisten und Fans. Er selbst sollte aber seine Rolle und seine Wirkung außerhalb des Platzes nicht überbewerten, auch wenn ihm das eine wie das andere von seinem Trainer und Journalisten zugetraut wird und seine Position für Vertragsverhandlungen sicher nicht schlechter macht. Aber vielleicht verfehlen ja seine Worte auch nur bei mir ihre Wirkung."The Diva and the Kid: Wirkung verfehlt
Schalkes Sieg in Augsburg
"Ich bin weit davon entfernt, das Schalker Spiel schön zu reden. Jedoch habe ich schon so manchen Pokalfight gesehen, bei dem ein Favorit weiterkam und deutlich schlechter aussah. Gestern gab es für ein Stolpern kaum Anzeichen, sieht man einmal davon ab, dass das Spiel mit 0:0 begann und diesen Spielstand bis zum ersten Tor beibehielt. Die Mannschaft hat die Pflichtaufgabe - die angesichts der Heimstärke des Zweitliga-Spitzenreiters niemals eine war - gut gelöst. Und damit muss es auch gut sein."Schalkefan: Nicht toll aber trotzdem gut
Bremen im Dezember 2010
"Blickt man auf die Hinrunde zurück, braucht es eigentlich Verstärkungen, vor allem für die Abwehr. Nun sind Außenverteidiger nicht wie Sand am Meer zu finden und wenn nicht ganz preiswert. Allofs und Schaaf werden also wieder auf die Selbstheilungskräfte der Spieler hoffen. Irgendwann werden sie schon ihr volles Potential abrufen. Habe ich dennoch Hoffnung für die Rückrunde? Ja, ich denke, Werder wird sich stabilisieren. Ich hoffe, das ganze Team erlebt eine gute Vorbereitung und eine schonungslose Aufarbeitung der Hinrunde. Sollten Pizarro und Almeida ohne Verletzugen bleiben, dürfte Werder wieder torfgefährlicher werden. Und man kann sich voll und ganz auf die Bundesliga konzentrieren.Ziemlich viel Konjunktiv und fast schon Festhalten am häufig zitierten Strohhalm. Aber so ist das bei Werder Bremen im Dezember 2010.
Medien-Sport-Politik: Werder Bremen im Dezember 2010 - es kann nur besser werden
Weihnachtslieder im Stadion
"Angesichts der aktuellen Verletztenliste der Mannschaft war es vielen befragten Helfern egal, ob das Spiel gegen den Karlsruher SC stattfinden wird oder nicht. Die Sorge, die die meisten umtrieb, war, dass eventuell das traditionelle Weihnachtssingen am 23. Dezember im Stadion, an dem letztes Jahr 8.000 Fans teilnahmen, ausfallen könnte. Und Weihnachtslieder nicht im Kreise der Familie singen? Unvorstellbar."Textilvergehen: Weihnachten in Familie
Was man außerdem unbedingt lesen sollte:
Wer schießt bei Schalke eigentlich die wichtigen Tore? Schalkefan hat mal nachgerechnet - und der Spitzenreiter ist nicht ganz überraschend. Warum Halil Altintop von Frankfurt unter die Marionettenspieler gegangen ist, erfahrt Ihr dagegen im Werder-Fußball-Blog. Ein Aufwärmtraining für Schiedsrichter mit Schneeballeinlage führt uns "Fritten, Fußball & Bier" vor. Und abschließend: Einige der schönsten Fußball-Momente des Jahres 2010.
Die nächste Blogschau erscheint wie gewohnt am nächsten Mittwoch, den 29. Dezember. Alle früheren Ausgaben finden Sie im Blogschau-Archiv oder unter https://www.spox.com/blogschau
Außerdem können Sie kostenlos den RSS-Feed der SPOX-Blogschau abonnieren: https://www.spox.com/pub/rss/blogschau.xml