These: Die Neuentwicklungen der Teams geben den Ausschlag
Heidfeld: In den meisten Teams wird für das letzte Rennen nichts kommen. Gerade bei so einem Backt-to-back-Rennen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das bei den beiden Teams anders aussieht und irgendwelche neuen Kleinigkeiten kommen. In einer Woche kann das nicht viel sein, aber sie werden mit Volldampf daran arbeiten, irgendwo einen kleinen Vorteil rauszuholen. Interessant könnte die Erfahrung sein, die Ferrari in Austin gemacht hat: Der Unterboden, den man nur bei Alonso eingesetzt hat, war vielleicht nicht der richtige Schritt. Alonso war übers Jahr immer schneller als Felipe und ohne Felipes Leistung in Austin schmälern zu wollen: Es ist gut möglich, dass das Update der Grund war, dass Alonso plötzlich langsamer war und nicht mithalten konnte.
Manül: Die Entwicklung des F2012 ging nach dem schwachen Saisonbeginn dennoch stetig vorwärts. Zugegeben, mein Erstaunen ist nach wie vor groß, dass Ferrari nun schon im dritten Jahr in Folge mit dem gleichen Problem kämpft. Die Probleme mit den Windkanaldaten sind sehr seltsam. Dass sie zuletzt nach Köln reisten, in den alten Toyota-Windkanal, ist ein klares Eingeständnis der eigenen Schwäche. Trotzdem gibt Ferrari nie auf, der Glaube und der Wille sind stets existent. Das ist ihre größte Stärke.
Maack: Mich hat es schon gewundert, wie viel schneller Massa in Austin war. Da kann nicht nur die fahrerische Komponente ausschlaggebend gewesen sein. Bei Ferrari werden Freitagnacht die Computer heißlaufen. Sämtliche Daten aus den Freien Trainings werden wie gewohnt ausgewertet werden. Allerdings glaube ich, dass Ferrari sich dieses Mal im Zweifelsfall für die älteren Teile entscheidet, von denen sie wissen, wie sie sich verhalten.
Heidfeld: Das heißt, dass Ferrari und Alonso wieder näher an Sebastian dran sein können, wenn sie auf die Experimente verzichten. Im Rennen zuvor war der Abstand nicht so dramatisch, wie in Austin. Nach den beschränkten Informationen, die ich außerhalb des Teams habe, würde es mich auch nicht wundern, wenn man wieder auf die älteren Teile zurückgeht.
Manül: Die neuen Teile bringen wohl nur Red Bull etwas, Ferraris Windkanal hat in den letzten Wochen nur neues Traktorzubehör ausgeworfen. (lacht) Scherz beiseite: Beide Teams bringen noch einen Haufen neuer Teile nach Brasilien und dies kann am Kräfteverhältnis natürlich auch für Veränderungen sorgen. Grundsätzlich sind aber beide Teams lange genug im Geschäft, um die bestmögliche Fahrzeugperformance zu erzielen. Insofern müssen beide quasi nur darauf achten keine Fehler zu machen. Das ist natürlich auch die Erwartungshaltung. Bezüglich des Entwicklungstrends zum Ende der Saison ist es zumindest etwas beruhigend, dass viele der neuen Teile auch am 2013er Boliden funktionieren sollen, weshalb die aktuellen Bemühungen zum Beginn der nächsten Saison vielleicht wenigstens kein Nachteil sein werden.
These: Die Teamkollegen sind der entscheidende Faktor
Maack: Sicherlich können sowohl Massa als auch Webber ihren Teil beitragen. Die Ausgangslage ist jedoch anders. Wenn man von der Strafversetzung von Vettel in Abu Dhabi absieht, stand Massa in der Startaufstellung letztmals in Italien vor Vettel. Davor war er im Qualifying in Monaco schneller. Webber fährt dagegen meist nur etwas schwächer als sein Teamkollege. Er könnte Alonso lange im Weg stehen.
Heidfeld: Es ist aber ganz offensichtlich, dass Felipe den Alonso deutlich mehr unterstützt oder unterstützen muss, als es bei Mark Webber der Fall ist. Gefühlt hätte der nichts dagegen, wenn Vettel die Geschichte nicht nach Hause fährt. Zumindest, wenn man sich die Kommentare der letzten Wochen anschaut. Wenn er sagt: "Wenn's regnet, dann muss er aufpassen", oder dass er sein eigenes Rennen fährt - das sieht bei Ferrari ganz anders aus. Auch wenn Red Bull die aus Fahrersicht tolle Meinung vertritt, die Piloten frei fahren zu lassen: Mark sollte sich schon von sich selbst aus zur Verfügung stellen, dem Sebastian zu helfen. Alles andere wäre unverständlich.
Manül: Ich kann da zustimmen. Webber ist der Erfahrenere von Beiden und hat sogar mehrfach bewiesen, dass er auf einem Level mit Vettel und sogar darüber fahren kann, wenn er sich in seinem Wagen wohl fühlt. Zudem sitzt er im Gegensatz zu Massa im etwas stärkeren Auto und wird alles geben vor Alonso zu landen. Massa hingegen befindet sich am Wochenende in einem Gefühlschaos: Es ist sein Heim-GP und er will das Publikum begeistern, aber das Team gibt ihm ganz klar den Weg vor. Auch unter nassen Bedingungen habe ich die größeren Momente von Webber in Erinnerung, weswegen er ein ganz gewichtiger Faktor für Vettels Titelverteidigung sein wird.
Heidfeld: Nichtsdestotrotz ist das eine unterschiedliche Ausgangslage bei Beiden. Bei den letzten Rennen haben wir aber gesehen, dass Sebastian auch im Rennen sowieso schneller war als Webber. Damit erübrigt sich jegliche Diskussion hoffentlich. Ich glaube nicht, dass einer der Teamkollegen ein gegnerisches Auto abräumt. Aber wenn sie einen Gegner hinter sich haben, könnte es natürlich sein, dass Felipe ihm das Leben schwerer macht als Webber. Das ist jedenfalls mein Eindruck.
Manül: Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie den jeweiligen Kontrahenten ihres Teamkollegen abschießen werden, wie es hier und da bereits diskutiert wird. Beide sind Sportsmänner genug um sich eine solche Aktion verkneifen zu können, ganz zu schweigen vom Gesundheitsrisiko bei einem Unfall.
Maack: Dito. Beide Teams nutzen jedes Schlupfloch des Reglements aus, wie Ferrari mit dem Siegelbruch an Massas Getriebe in Austin. Aber sie bleiben innerhalb des Regelwerks. Es wird keine in dem Maße unsportlichen Aktionen geben. Teamorder ja, aber Abschussbefehl im Stil von Kampfpiloten? Nein, das schließe ich hundertprozentig aus.
These: Vettel verliert durch einen technischen Defekt die WM
Manül: Ich glaube es nicht. Natürlich sind Alonsos Konstanz und Zuverlässigkeit die Gründe, warum er überhaupt noch um den Titel kämpft. Und in der Tat hat Red Bull in diesem Jahr in Sachen Zuverlässigkeit ab und an geschwächelt, was das Nervenkostüm in Milton Keynes sicher nicht stählt, aber sie werden Sonntag keine Zuverlässigkeitsprobleme haben. Ferrari wird am Sonntag auch genauso zuverlässig weitermachen, wie im gesamten Jahr.
Heidfeld: Man tendiert dazu, vor dem letzten Rennen nur noch auf den ausstehenden Grand Prix zu schauen. Aber wenn man sich die vergangenen Rennen anschaut, könnte man sagen, dass Red Bull schon eine große Chance hatte und vielleicht am Ende den Titel durch technische Defekte weggeschmissen hat. Wir wollen es nicht hoffen! Natürlich wird man sich nicht so extrem dran erinnern, als wenn es in Sao Paulo passiert, aber die Ausfälle waren dramatisch aus Vettels Sicht. Da darf man aber auch nicht Lewis Hamilton vergessen, der gar keine Rolle mehr spielt. Aber ohne die ganzen technischen Probleme bei McLaren hätte er eine Riesenchance gehabt auch noch mit um den Titel zu kämpfen.
Maack: Von der fahrerischen Leistung Hamiltons mal abgesehen, fällt doch auf, dass beide Piloten noch nicht ausgeschieden sind, weil sie einen individuellen Fehler begangen haben. Renault hat außerdem mit einer neuen Lichtmaschine das größte Sorgnis behoben. Ich denke nicht, dass sie ein neues Teil bei Red Bull einsetzen würden, wenn sie sich nicht hundertprozentig sicher wären, dass das Teil wesentlich zuverlässiger ist. Ich hoffe einfach, dass die Fahrer die WM entscheiden und nicht die Teile. Das wäre dieser spannenden Saison und der Leistung der Beiden unwürdig.
Maack: Von der fahrerischen Leistung Hamiltons mal abgesehen, fällt doch auf, dass beide Piloten noch nicht ausgeschieden sind, weil sie einen individuellen Fehler begangen haben. Renault hat außerdem mit einer neuen Lichtmaschine die größte Besorgnis behoben. Ich denke nicht, dass sie ein neues Teil bei Red Bull einsetzen würden, wenn sie sich nicht hundertprozentig sicher wären, dass das Teil wesentlich zuverlässiger ist. Ich hoffe einfach, dass die Fahrer die WM entscheiden und nicht die Teile. Das wäre dieser spannenden Saison und der Leistung der Beiden unwürdig.
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