Ein Unentschieden, eine Niederlage - Theo Zwanziger ist in den juristischen Auseinandersetzungen mit Manfred Amerell vorerst ins Hintertreffen geraten.
Und dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) droht nach seinem Scheitern vor dem Landgericht Augsburg, wo eine einstweilige Verfügung des früheren Schiedsrichterbeobachters Amerell aufrechterhalten wurde, weiter Ungemach. Sollten sich die Anschuldigungen von Amerell gegen Schiedsrichter Michael Kempter und drei seiner Kollegen spätestens vor Gericht bewahrheiten, geriete Zwanziger massiv unter Druck.
"Unwahre Tatsachenbehauptungen"
Bei der Verhandlung in Augsburg fällte das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Rainer Brand ein eindeutiges Urteil: Zwanziger, der persönlich nicht anwesend war, wurde die weitere Verbreitung von "unwahren Tatsachenbehauptungen" untersagt. Zwanziger hatte die Aufklärungsarbeit in der Affäre um Amerell und Referee Kempter in Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche gebracht.
In der Urteilsbegründung sagte Richter Brand, Zwanziger habe ein "angebliches System Amerell auf eine Ebene mit Sachverhalten gestellt, für die das Strafrecht Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vorsieht und die von der Gesellschaft besonders geächtet sind". Zwanzigers Anwalt Christian Schertz, vom Richter in der Verhandlung mehrfach in die Enge getrieben, kündigte Revision an.
"Einschränkung der Meinungsfreiheit"
"Herr Amerell versucht auch durch Rechtsstreitigkeiten öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen. Das kann ich ihm nicht untersagen, aber ich kann es auch nicht zulassen, dass daraus eine unzumutbare Einschränkung meiner Meinungsfreiheit entsteht", sagte Zwanziger am Montagabend im Vereinsheim von Tusa 06 in Düsseldorf.
Amerell verzichtete unterdessen auf die erneute Forderung nach dem Rücktritt von Zwanziger: Darüber zu befinden und zu urteilen, sei nicht seine Angelegenheit, sagte er am Montag.
Das Verfahren am Montag war eine Art Nebengeplänkel. Es sei "noch nicht zu Ende", sagte Amerells Anwalt Jürgen Langer, und sein Mandant ließ daran auch keinen Zweifel. Amerell verwies dabei stets auf einen Ordner, in dem er seine Kommunikation mit Kempter angeblich penibel dokumentiert hat: 260 Mails, 150 SMS.
"Kempter hat massiv gelogen"
Der Ordner liegt seit dem vergangenen Donnerstag den Anwälten von Zwanziger vor. Aus dem E-Mail- und SMS-Verkehr soll man erkennen können, betonte Amerell, wie eng in der Tat sein Verhältnis zu Kempter gewesen sei und dass dieser "massiv gelogen hat". Wer den Ordner lese, kriege "das Kotzen".
Der Ordner wird wohl im Sommer eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Amerell hat ein zivilrechtliches Verfahren gegen Kempter angestrengt, weil dieser in der Öffentlichkeit die Unwahrheit über die Affäre verbreitet haben soll. Der nun vorgelegte Schriftverkehr werde dies beweisen, betonte der ehemalige Schiedsrichtersprecher.
Darüber hinaus legte Amerell dem künftigen DFB-Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel nahe, die Unterlagen zu lesen: "Spätestens nach der Seite fünf würde er den Ordner zumachen und sagen: Feierabend."
"Kein Mitleid mit Kempter"
"Feierabend" heißt nach dem Verständnis von Amerell: Die Karriere von Kempter "muss sofort beendet sein". In diesem Fall geriete auch Zwanziger in Erklärungsnot. Er hatte sich früh auf die Seite von Kempter geschlagen und sein eigenen Schicksal mit dem des jungen Schiedsrichters verknüpft.
Der DFB-Präsident, sagte Amerell, werde aber schon eine Möglichkeit finden, die Affäre zu überstehen: "Zwanziger, so kenne ich ihn, ist rücksichtslos. Der geht über die Leute hinweg." Mit Kempter habe er, Amerell, "aber kein Mitleid."
In der Affäre sind noch zwei weitere Verfahren anhängig: Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen Amerell, nachdem er von Kempter und einem weiteren Schiedsrichter der sexuellen Nötigung bezichtigt wurde.
Einigung auf Vergleich
Zugleich haben die Behörden in Augsburg auch das Verfahren von Amerell gegen Kempter und die drei namentlich nicht genannten Schiedsrichter an sich gezogen. Amerell hat die Vier wegen falscher eidesstattlicher Aussage und Verleumdung angeklagt.
In einer ersten Runde Anfang März hatten sich der DFB und Amerell vor dem Landgericht in München auf einen Vergleich geeinigt. Amerell zog dabei einen Antrag auf Unterlassung zurück und bekam dafür im Gegenzug Akteneinsicht. Er kennt seitdem die Namen der drei öffentlich nicht genannten Schiedsrichter.
Amerell ist sich sicher, dass deren vorliegenden eidesstattlichen Versicherungen bei einer Gerichtsverhandlung nicht zu halten sind. "Dort sind Dinge angegeben, die technisch nicht möglich waren."