SPOX: Eine Ihrer Schlussfolgerungen des Engagements bei Fulham ist, dass Sie künftig nur dann bei einem Verein arbeiten können, wenn dieser vollständig hinter Ihrer Arbeitsweise steht und diese auch unterstützt. Fürchten Sie, dass es für Trainer künftig immer schwieriger werden wird, kontinuierlich arbeiten zu können?
Magath: Natürlich. Das sage ich aber schon seit Jahren, ungeachtet meiner persönlichen Erfahrungen. Die Einflüsse auf die Spieler werden immer größer. Sie bekommen mittlerweile viel zu viele Informationen, die es ihnen erschweren, sich hinreichend zu fokussieren. Familie, Freundin, Berater, Trainer, Manager, Präsident und Journalisten - jeder erzählt dem Spieler, wie er Fußball spielen soll.
SPOX: Ist der Blick auf die Realität im Fußballgeschäft zu häufig verstellt?
Magath: Klar. Der Sport wird immer schwächer gemacht. Deshalb habe ich mich in England so wohl gefühlt. Alleine die Art und Weise, wie auf der Insel die Spiele geleitet werden: Bei uns wird ein Aufstand gemacht, sobald ein Spieler berührt wird oder hinfällt, dass wird gleich dramatisiert. In England ist der körperliche Einsatz deutlich höher als bei uns. Das heißt nicht, dass man damit am Ende auch erfolgreicher Fußball spielt. Doch die Tatsache, dass das Spiel in Deutschland deutlich häufiger unterbrochen wird, hat aus meiner Sicht zur Folge, dass es uninteressanter und weniger dynamisch wird.
SPOX: Sie sind seit einiger Zeit in den sozialen Medien aktiv, weil Sie dort ungefiltert Ihre Meinung äußern können. Wie wurde Ihnen klar, dass Sie das öffentliche Bild, das man von Ihnen zeichnet, nicht mehr ausschließlich anderen überlassen möchten?
Magath: Das war zu meiner Zeit auf Schalke. Ich fühle mich seit rund vier Jahren von einigen Teilen der Medien diskreditiert. Die Medien verbreiten nur etwas, was sie verbreiten wollen. Sie sind nicht daran interessiert, ein Thema sachlich aufzuarbeiten.
SPOX: Wann fing in Ihren Augen die Diskriminierung genau an?
Magath: Dazu muss ich etwas ausholen: Im ersten Jahr auf Schalke wurden wir Vizemeister. Ich habe mir dennoch erlaubt, die Mannschaft umzukrempeln. In der folgenden Saison zogen wir ins Endspiel des DFB-Pokals ein und erreichten das Viertelfinale in der Champions League. Wir hatten allerdings Schwierigkeiten in der Meisterschaft, was dann letztlich auch dazu geführt hat, dass man sich von mir trennte. Im Herbst dieser Saison entschloss ich mich in meiner Funktion als Trainer und Manager, für den FC Schalke Geld zu sparen. Ich habe Jermaine Jones ausgeliehen. Dadurch hat der Verein ein halbes Jahr lang einen siebenstelligen Betrag gespart und eine Leihgebühr eingenommen. Im Januar des neuen Jahres habe ich mich von Ivan Rakitic getrennt, weil er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wollte. Auch das hat eine Gehaltsersparnis im siebenstelligen Bereich gebracht, dazu kam eine Million Euro Ablösesumme. Auch Christoph Moritz ging, weil es nach einer Verletzung in der Vorrunde absehbar war, dass er auch in der Rückrunde nicht zur Verfügung steht. Insgesamt sind damit fast fünf Millionen Euro gespart worden.
SPOX: Und stattdessen haben Sie Angelos Charisteas und Ali Karimi verpflichtet. Das war für viele auf den ersten Blick unverständlich.
Magath: Genau. Drei Spieler sind gegangen und zwei habe ich geholt. Keiner der beiden Neuen hat Ablöse gekostet, ihre Berater haben nicht einen Euro an Honorar bekommen. Der finanzielle Aufwand für die fünf Monate, die beide Vertrag hatten, betrug 600.000 Euro. Das hat aber niemand so verbreitet. Stattdessen hieß es: Da holt er zwei alte Spieler und niemand weiß, was das soll. Kein Wort davon, dass es dem Verein über vier Millionen Euro eingebracht hat. Und unglücklicherweise hat Charisteas bei seinem ersten Einsatz auch noch ein Tor geschossen...(lacht).
SPOX: Diese Episode gab dann den letzten Ausschlag dafür, sich künftig über Facebook zu äußern?
Magath: So ist es. Damit eben nichts mehr verfälscht dargestellt wird und ich solche Themen klarstellen kann. Ich hatte mit Facebook keine Berührungsängste, sondern sehe das als ideale Sache, um ungefiltert meine Meinung sagen zu können. Natürlich war es für mich anfangs ungewohnt. Wissen Sie: Ich bin eben Fußballer und völlig auf meinen Sport ausgerichtet. Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Fernsehserie derzeit angesagt ist oder wie die neuesten Entwicklungen im Internet aussehen. Das kriege ich alles kaum mit, da ich mich ausschließlich mit Fußball beschäftige und Zeit für meine Familie aufwende.
SPOX: Wie schauen Sie für sich persönlich in die Zukunft?
Magath: Für mich geht es jetzt darum, einen Verein zu finden, der nach außen auch sagt, dass er den Magath haben will und meine sowie die Arbeitsweise meines Trainerteams aus Überzeugung unterstützt und in der täglichen Arbeit auch danach handelt.
SPOX: Wenn Sie es sich aussuchen könnten: Wo würden Sie am liebsten anfangen?
Magath: Ich habe keine Präferenzen. Wenn ich ein Angebot aus London bekomme, wäre das schon ein Argument. Dort würde ich gerne noch ein paar Jährchen leben und arbeiten. Ein größeres Argument ist und bleibt aber selbstverständlich die Situation des Vereins. Wenn ich etwas suche, dann einen wirklich gut und solide geführten Verein.
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