Was sind die größten Unterschiede zwischen Frauen- und im Männerfußball?
Covic: Bei Frauen herrscht ein Riesenkampf um Sponsoren, Ausrüsterverträge und Gleichberechtigung. Man kämpft quasi um alles. Ein durchschnittlicher Bundesligaspieler hat es wesentlich leichter als eine durchschnittliche Bundesligaspielerin. Eine Nationalspielerin von uns ist die Einzige ohne Ausrüstervertrag und Schuhkontingent. Adidas sagt, dass sie kein Geld haben. Aber wenn ich höre, dass ein durchschnittlicher Spieler mit der ganzen Familie und auch noch dem Berater auf Kosten des Ausrüsters shoppen gehen kann, habe ich kein Verständnis. Wir haben immer eng mit Puma zusammengearbeitet, weil das lange die einzige Marke war, die sich in unseren Augen stark für Frauenfußball eingesetzt hat. Die haben jetzt das Problem, dass die Spielerinnen von adidas und Nike abgeworben werden.
In anderen Ländern ist der Frauenfußball seit Jahren etabliert und zählt zu den größten Events. Wie bewerten Sie die Entwicklungen in Deutschland?
Covic: Es fehlt ein Frauenfußball-Konzept, das von qualifizierten Personen erstellt wird. Die Kampagnen, die wir vom Verband bekommen, haben kein Konzept dahinter. Da wird einfach irgendeine süße Kampagne gemacht, die sich "Fußball, die (feminin)" nennt. Jetzt wird schon wieder ein Film [der DFB produziert gemeinsam mit Warner Bros. eine Doku über die Frauen-Nationalmannschaft, Anm. d. Red.] gemacht. Wir hatten früher schon Filme, die keinen interessiert haben. Da wird etwas einfach aus Reflex scheinheilig produziert. Getreu dem Motto: "Hauptsache etwas machen, damit sich keiner beschweren kann." Es geht aber auch anders: Es entstehen immer mehr Fusionen, in denen Lizenzvereine Frauenfußballvereine übernehmen, wie beispielsweise in Frankfurt. DAZN hat sich die Rechte an der Champions League der Frauen gesichert. In Sachen TV-Gelder oder Gehaltsstrukturen ist das Männerniveau natürlich nicht zu erreichen.
Welche Länder dienen besonders als Vorbilder?
Covic: England und Spanien machen es uns vor. Man denkt vielleicht, dass das Machokulturen sind. Dort werden aber geniale Konzept erstellt, um den Frauenfußball auf lange Sicht zu pushen. Das spiegelt sich in den Sponsoren- und TV-Geldern wider. In den USA ist der Frauenfußball zum Beispiel beliebter als der Männerfußball. Dort haben volle Stadien und größere Nachfragen. Die Spielerinnen verdienen mit den Sponsorengeldern teilweise mehr als im Verein. Das liegt daran, dass in Amerika Vermarktungsgenies am Werk sind, die immer up to date sind. Im Balkan ist es zum Beispiel dagegen schlimm. Die Spielerinnen bekommen dort nicht einmal Prämien, geschweige denn sind krankenversichert.
Was trauen Sie dem deutschen Frauenfußball in Zukunft zu?
Covic: Solange sich beim DFB personell nichts ändert, wird da auch nichts vorangehen. Der DFB lebt noch im digitalen Steinzeitalter. Wenn ich mich bei der FA als Spielerberaterin registrieren will, dauert das 15 Minuten und ich kann das Ganze online bezahlen. Beim DFB muss ich alles ausdrucken, unterschreiben und per Post abschicken. Ich habe den Verantwortlichen mehrfach gesagt, dass sich das dringend ändern muss. Die Arbeit ist eine reine Katastrophe. Die machen nur etwas für den Frauenfußball, weil sie es müssen, aber eigentlich haben sie gar keinen Bock drauf.
Könnte eine DFB-Präsidentin etwas daran ändern?
Covic: Es ist nicht unmöglich, aber schwierig. Wenn sie nicht so abgesägt wird wie Fritz Keller, ja. Keller war in Freiburg ein großer Unterstützer des Frauenfußballs. Ich fände Katja Kraus [ehemalige Fußballerin und Ex-Vorstandsmitglied des HSV, Anm. d. Red.] geeignet. Sie hat das nötige Wissen, die Erfahrung und das Netzwerk. Wenn ich aber höre, dass eine Nationalspielerin ohne relevante Berufserfahrung als Präsidentin gehandelt wird, frage ich mich, was sie denn überhaupt vorzuweisen hat? Außer, dass sie ganz gut Fußball spielt. Das Paradebeispiel für die Personalstruktur beim DFB war Steffi Jones, die ohne Trainererfahrung plötzlich Nationaltrainerin wurde und dann kläglich gescheitert ist. Es wird noch zu viel mit Vitamin B gearbeitet. Ex-Spielerinnen ohne relevante Expertise und Qualifikation werden beim DFB Jobs nachgeworfen - nur weil sie mal gut Fußball gespielt haben. Wo geht so etwas noch? Da werden Frauen eingestellt, die keinen Stress machen statt nach Leistung zu urteilen. Sie trauen sich nicht, den Frauenfußball voranzutreiben. Ich sehe es nicht als entscheidendes Kriterium an, die Frauenquote anzuheben. Die Mischung macht's. Es geht schlichtweg um Qualität, da ist es egal, ob Mann oder Frau, jung oder alt, deutsch oder nicht deutsch.
Wenn Sie auf die letzten Jahre zurückblicken: Was war Ihre schlimmste Erfahrung bislang?
Covic: Ich habe gefühlt seit meinem Studium immer mit Neid zu kämpfen. Und das habe ich heute noch, weil ich eine junge, erfolgreiche Frau bin. Die Zweifel an meiner Erfahrung fand ich hart. Würden Spielerinnen dasselbe auch zu einem Mann sagen? Es überrascht mich immer wieder, wie sehr auf viele Berater geschimpft wird. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man über Jahre sehr viel für einige Spielerinnen tut und für sie da war, als es noch keinen interessierte. Von heute auf morgen ist das alles nichts mehr wert. Es wird einem nicht gedankt und man ist sofort bei einem anderen, der mehr verspricht.
Und was war die beste?
Covic: Die Verhandlungen mit dem FC Arsenal für Malin Gut waren hochprofessionell. Wir wurden in einem schönen Wagen abgeholt und zum Hotel gefahren. Uns wurde die gesamte Anlage gezeigt, wir haben Per Mertesacker getroffen und waren schick essen. Vom ersten bis zum letzten Tag war das einfach genial. Bei einem der drei Top-Vereine in Deutschland, dessen Namen ich nicht verraten möchte, wird man dagegen gefühlt in eine Imbissbude ausgeführt. Da kriegen sogar die Jugendspieler ein Fünf-Sterne-Hotel für sich und die gesamte Familie zur Verfügung gestellt und verdienen dann mit 15,16 bereits mehr als die Frauen. Die müssen wiederum selbst schauen, wie sie zum Training kommen. Für was? Für die 3000 Euro, die man im Monat verdient? Sie leben zwar ihren Traum, aber müssen sich unheimlich quälen.
Wie lange sehen Sie sich noch auf diesem Weg?
Covic: Ich werde das sicherlich noch ein paar Jahre machen. Einige Spielerinnen haben mich gefragt, was ich mache, wenn Brian irgendwann aussteigt. Das soll aber nicht ihre Sorge sein. Eine Spielerin hat versucht, mir irgendwelche dubiosen Gestalten anzuhängen, die unbedingt in den Markt wollen. Ich habe dankend abgelehnt. Es kommt für mich jetzt nicht in Frage, meine Arbeit mit einem Wildfremden zu teilen. Solange Brian dabei ist, werde ich es mit ihm fortführen. Für alle anderen Fälle haben wir bereits eine Lösung. Ein Traum wäre es, irgendwann einmal in der Vereinsführung eines Männer- oder Frauenfußballvereins zu arbeiten. Bis dahin freue ich mich, Teil dieser großartigen Entwicklung des Frauenfußballs sein zu dürfen und hoffe, dass ich noch viel mehr dazu beitragen kann.