Mehr Macht für Schweini!

Von Interview: Thomas Gaber / Haruka Gruber
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München - Der letzte Leitwolf: Stefan Effenberg war von 1999 bis 2002 Kapitän des FC Bayern und führte den Verein 2001 zum bislang letzten Triumph in der Champions League.

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Im Interview mit SPOX spricht der 40-jährige Premiere-Experte über das Weiterkommen im Pokal, Jürgen Klinsmanns Kapitänswahl und eine neue Rolle für Bastian Schweinsteiger.

SPOX: Gibt das knappe 4:3 der Bayern bei Drittligist Erfurt in der ersten Pokal-Runde Anlass zur Sorge?

Stefan Effenberg: Die Bayern müssen den Mund abwischen und einfach weitermachen. Wenn sie das Spiel aufarbeiten würden, wären sie damit zwei Wochen beschäftigt. Es war das erste Pflichtspiel, sie hatten keinen Rhythmus, dennoch sind sie weitergekommen. Das zählt. Letztes Jahr haben sie in Burghausen auch Schwierigkeiten gehabt und am Ende den Pokal in die Luft gereckt.

SPOX: Dennoch die Nachfrage: Kann es sein, dass der Mannschaft eine Achse fehlt, so wie früher mit Ihnen, Kahn oder Elber?

Effenberg: Es stimmt, die Bayern haben mittlerweile keine Achse mehr. Nicht im Tor, nicht in der Abwehr, nicht in Mittelfeld und Sturm. Besonders die Defensive erscheint mir zu anfällig, um die Champions League zu gewinnen.

SPOX: Wie von Daniel van Buyten in Erfurt eindrucksvoll demonstriert.

Effenberg: Van Buyten sah bei allen Gegentreffern sehr schlecht aus. Aber von Lucio hätte ich erwartet, dass er ihm auch mal hilft. Van Buyten als alleine Schuldigen hinzustellen, wäre zu einfach.

SPOX: Wer soll die Bayern in solch schweren Momenten führen, wenn die Achse fehlt? Etwa Mark van Bommel, der neue Kapitän?

Effenberg: Egal, wie die Kapitänsfrage geklärt wurde: Vom Alter und von der Erfahrung her steht van Bommel in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen. Ich habe letzte Saison im Bayern-Kader den entscheidenden, bestimmenden Spieler im Mittelfeld vermisst, der den Rhythmus und das Tempo bestimmt.

SPOX: Wer soll die Lücke füllen?

Effenberg: Am liebsten wäre mir Bastian Schweinsteiger. Ich würde es gerne sehen, wenn er vom Verein mehr gefordert, mehr in eine entscheidende Rolle gedrängt werden würde. Gleichzeitig muss er bestimmter auftreten und sich mehr einbringen.

SPOX: Warum Schweinsteiger?

Effenberg: Erstens bringt er die fußballerische Qualität mit. Zweitens wünscht es sich Bastian selbst, mehr Verantwortung zu übernehmen. Drittens hat er mit seinen 24 Jahren bereits einiges erlebt und verfügt über viel Erfahrung.

SPOX:  Ist er charakterlich schon reif für eine solch exponierte Rolle?

Effenberg: Bislang wurde er ja hauptsächlich auf den Außen eingesetzt. Sollte er tatsächlich in das zentrale Mittelfeld wechseln, wäre es sicherlich etwas ganz anderes. Für diese wichtige Position hat er vielleicht noch nicht die Reife. Andererseits sage ich: Gib ihm die Chance, zu lernen! Es bringt doch nichts, einen 28-Jährigen zu fördern, das ist Unfug. Bastian hat die Klasse, und das zählt.

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SPOX: Haben Sie genauso viel Vertrauen in Michael Rensing?

Effenberg: Er weiß, dass er als Oliver Kahns Nachfolger eine besondere Bürde trägt. Es reicht nämlich nicht, nur gut zu halten, wenn die Bayern 2:0 oder 3:0 gewinnen. Er muss Spiele auch mal im Alleingang entscheiden, so wie es der Olli vergangene Saison in Burghausen gemacht hat. Wenn es Rensing nicht schafft, wird er schnell in der Kritik stehen. Ich finde es aber dennoch gut, dass der Verein auf junge Spieler setzt.

SPOX: Die Kehrseite dieser Philosophie ist jedoch, dass der Mannschaft der bestimmende Spieler im Mittelfeld fehlt. Hätte der FCB nicht auf dem Transfermarkt zuschlagen müssen?

Effenberg: Nein. Es wäre nicht der richtige Weg gewesen, den jungen Spielern einen Neuzugang vor die Nase zu setzen. Ich mag die Philosophie des Vereins. Nach den Investitionen im letzten Jahr soll die Mannschaft wachsen. 2001 haben wir die Champions League gewonnen, weil wir jahrelang zusammengespielt und uns zusammen weiterentwickelt haben.

SPOX: Dieses Jahr ist der Triumph in der Königsklasse aber noch nicht drin?

Effenberg: Es gibt noch einige Teams in Europa, die den Bayern mindestens einen Schritt voraus sind. Daher wäre das Halb- oder Viertelfinale schon mal ein Teilerfolg, um den Rückstand auf Manchester United oder den FC Chelsea ein Stück weit aufzuholen. Diese Saison geht es darum, zu lernen.

SPOX: Und national?

Effenberg: Die Bayern sind in der Bundesliga der klare Favorit und werden marschieren. Aber es wird nicht so klar sein wie letztes Jahr, denn Schalke und vor allem Bremen habe ich auf der Rechnung. Werder ist eingespielt, verfügt über eine gute Mannschaft und hat klar den Anspruch formuliert, Meister werden zu wollen. Ich finde es gut, dass sie offensiv formulieren: "Wir sind dran!"

SPOX: Wird im Falle eines Fehlstarts Trainer Jürgen Klinsmann von der Bayern-Vereinsspitze genauso kritisiert werden wie sein Vorgänger Ottmar Hitzfeld im letzten Winter?

Effenberg: Davon gehe ich aus. Natürlich werden die Oberen dieses Jahr mehr aufpassen, was sie sagen, nachdem sie Klinsmann mit ins Boot geholt haben. Und Klinsmann wird sicherlich auch eine gewisse Zeit gegeben werden, um seine Ideen umzusetzen. Aber sollte es nicht laufen, werden Karl-Heinz Rummenigge oder Uli Hoeneß schon ihren Mund aufmachen.

SPOX: Mit seiner offenen Art hat Klinsmann aber immerhin schon mal die Öffentlichkeit auf seine Seite gezogen.

Effenberg: Zu seiner aktiven Zeit war er eine andere Persönlichkeit, als Trainer hat er dazugelernt und den Umgang mit den Medien verbessert, was besonders wichtig ist bei einem Verein wie dem FC Bayern. Am Ende zählt aber der Erfolg - und er weiß, dass das Eis ganz schnell dünn werden kann.