"Hyypiä ist ein lässiger Typ"

Von Interview: Daniel Börlein
Stefan Kießling erzielte in der abgelaufenden Saison zwölf Treffer für Bayer Leverkusen
© Getty

Stefan Kießling geht in seine vierte Saison bei Bayer Leverkusen. Im SPOX-Interview spricht der Nationalspieler über Neu-Coach Jupp Heynckes, die Probleme mit Bruno Labbadia, Sami Hyppiä, Trash-Talk und einen Riesen-Kicker im Bayer-Kader.

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SPOX: Herr Kießling, zu Beginn gleich mal nichts mit Fußball, aber eine Frage, bei der Sie sicher auch Bescheid wissen.

Stefan Kießling: Da bin ich aber mal gespannt.

SPOX: Sie sind ein richtig guter Pokerspieler. Poker ist ja momentan in. Gibt's einen Tipp von Ihnen für Anfänger, welche Hände man unbedingt spielen sollte und welche überhaupt nicht?

Kießling: In der Mannschaft spielen wir ja regelmäßig und ich war auch schon auf ein paar Poker-Events. Und da muss ich sagen: Ich spiele eigentlich fast jede Hand. Einfach nur, um zu gucken. Denn selbst bei einer Zwei und einer Sieben kann etwas dabei herauskommen.

SPOX: Also mutig drauf los.

Kießling: Genau! Wenn der Einsatz zu hoch ist, dann geh ich bei schlechten Karten natürlich nicht mit. Bei König und Fünf bin ich aber immer dabei, auch wenn es vielleicht unnötig ist. Das ist meine Lieblingshand.

SPOX: Es heißt, wenn Sie mit den Teamkollegen zocken, gibt's ordentlich Trash-Talk.

Kießling: Bei uns geht's ja nur um zehn Euro. Da ist das natürlich immer spaßig gemeint. Mit den Sprüchen bringt man den einen oder anderen aber schon mal ins Grübeln, ob ich vielleicht bluffe.

SPOX: Im Poker stehen Sie also auf klare Ansagen. Da Patrick Helmes nun lange ausfällt, müssen Sie künftig auch auf dem Platz die Kommandos geben. Oder hatten Sie auch vorher schon das Sagen?

Kießling: Nein, das Sagen habe ich nicht unbedingt gehabt. Ich möchte der Mannschaft aber natürlich helfen, wo es geht. Ich habe mich in den letzten Jahren gut entwickelt, mittlerweile auch schon die eine oder andere Erfahrung gemacht. Da kann ich sicherlich auch mal das Kommando geben, wann wir zum Beispiel vorne drauf gehen.

SPOX: Mit Helmes bildeten Sie in der vergangenen Saison eines der besten deutschen Sturmduos der letzten Jahre. Was fehlt Bayer durch seinen Ausfall?

Kießling: Zuallererst fehlt uns natürlich ein Mann, der 21 Tore gemacht hat. So jemanden kann man eigentlich nur als Mannschaft kompensieren. Er war deshalb vor allem so wichtig für unser Spiel, weil er zu jeder Zeit gefährlich und immer für eine Überraschung gut ist.

SPOX: Warum fehlt er Ihnen persönlich?

Kießling: Wir haben uns auf dem Platz sehr gut verstanden und wir verstehen uns auch privat richtig gut. Deshalb fehlt er mir natürlich schon, und ich hoffe, dass er möglichst schnell zurückkommt.

SPOX: Durch Helmes' Ausfall stehen nun Sie mehr im Fokus. Über Stefan Kießling gab es bislang eher selten große Schlagzeilen, woran liegt's?

Kießling: Das würde ich auch gerne wissen (lacht). Nein, im Ernst: Ich brauche auch keine großen Schlagzeilen. Ich halte mich lieber im Hintergrund. Vielleicht ist das Problem, dass mich viele immer an Toren messen. Natürlich möchte ich als Stürmer auch Tore schießen, aber ich weiß, dass ich der Mannschaft auch mit anderen Dingen helfen kann. Das versuche ich. Auch wenn es dann vielleicht nicht die großen Schlagzeilen gibt.

SPOX: Die gab es in Leverkusen allerdings Ende der letzten Saison. Damals ging es wegen Ex-Coach Bruno Labbadia hoch her. Wie konnten diese Spannungen entstehen?

Kießling: Schwer zu erklären. In der Vorrunde lief es wirklich gut und wir haben richtig guten Fußball gespielt. Als es in der Rückrunde nicht mehr funktioniert hat, war das natürlich ein riesiger Rückschlag für die Mannschaft, für den Trainer. Irgendwie hat sich das dann so entwickelt, dass der Trainer nicht mehr so mit der Mannschaft konnte und die Mannschaft nicht mehr so mit dem Trainer. Wir haben natürlich mit allen Mitteln versucht, das wieder gerade zu biegen, aber es hat einfach nicht mehr geklappt. Und am Ende hat dann der Verein entschieden, dass es vielleicht doch nichts mehr bringt und ihn gehen lassen.

SPOX: Es hieß, die Spieler hätten rebelliert.

Kießling: Das ist natürlich Quatsch. Eine Mannschaft kann nicht einfach sagen, wir wollen den Trainer nicht mehr haben. Man kann sich seinen Chef fast nie aussuchen. Man versucht immer, dass es irgendwie geht.

SPOX: Es hat aber offenbar nicht funktioniert.

Kießling: Solche Situationen gibt es eben. Wenn es von beiden Seiten nicht passt, dann muss man versuchen, den Erfolg wieder durch einen anderen Weg zurückzubringen. Dann muss man etwas Neues machen. In diesem Fall war es leider so.

SPOX: Nun ist einer neuer Trainer da - und bislang schwärmen alle von ihm. Was macht Jupp Heynckes so besonders?

Kießling: Der Trainer ist sehr offen. Er redet unheimlich viel mit uns, versucht, uns die Dinge genau zu erklären und achtet auch sehr darauf, dass wir nach den Einheiten regenerieren. Er betont immer wieder, dass er selbst Spieler war und weiß, wie wir uns fühlen. Und so geht er auch mit uns um.

SPOX: Klingt ja ziemlich begeistert.

Kießling: Jupp Heynckes bringt das alles einfach richtig gut rüber. Er sagt uns immer wieder, dass es ihm riesigen Spaß macht, mit uns zusammenzuarbeiten. Und uns geht es genauso. Das passt im Moment richtig gut.

SPOX: Der Trainer bringt viel Erfahrung mit. Auch die Mannschaft hat mit der Verpflichtung von Sami Hyypiä einen erfahrenen Spieler dazubekommen. Wie ist Ihr Eindruck von ihm?

Kießling: Er ist schon ein recht lässiger Typ. Er hat sich schnell integriert bei uns. Obwohl mein Englisch nicht unbedingt das Beste ist, habe ich viel Spaß mit ihm. Wir lachen viel. Auch wenn er eher humorlos spielt (lacht).

SPOX: Neben Hyypiä, der dann ja eher fürs Grobe zuständig ist, hat Bayer mit Leuten wie Renato Augusto, Toni Kroos oder Arturo Vidal ein paar feine Fußballer. Sie erleben sie täglich: Wer ist denn der Beste? Oder ist es vielleicht Stefan Kießling?

Kießling: Ach, da würde ich mich jetzt lieber nicht mit dazu zählen (lacht). Das größte Potenzial hat sicherlich Renato Augusto, auch wenn er es bislang nicht immer zeigen konnte. Er ist einer, der auch mal ein Spiel alleine entscheiden kann. Er ist ganz stark im Eins-gegen-Eins. Natürlich auch immer ein bisschen verspielt, wie Südamerikaner eben so sind. Aber er ist ein Riesen-Kicker. Genauso wie Toni Kroos.

SPOX: Bayer hat einige Abgänge zu verzeichnen, dafür kamen auch ein paar Neue dazu. Wie lauten die Ziele für die neue Saison?

Kießling: Ganz einfach: Wir wollen mit aller Macht in den internationalen Wettbewerb, was wir in den letzten beiden Jahren verpasst haben. Und ich denke, wir haben gute Voraussetzungen mit unserer jungen Mannschaft und dem neuen Stadion.

SPOX: Wie lauten Ihre persönlichen Ziele?

Kießling: In erster Linie will ich natürlich so viele Spiele wie möglich machen und der Mannschaft dabei mit guten Leistungen helfen...

SPOX: ...um sich auch bei Jogi Löw ins Gedächtnis zu rufen?

Kießling: Ich habe mich zu dem Thema eigentlich immer zurückgehalten und das werde ich auch weiterhin tun. Den letzten Kontakt gab es, als ich das letzte Mal im Kader stand. Und bis zum nächsten Kontakt versuche ich einfach, meine Leistungen zu bringen.