SPOX: Lampard steht bei Chelsea in der Hierarchie sehr weit oben. Wo stehen Sie beim FC Bayern?
Schweinsteiger: Ich bin von allen aktuellen Spielern am längsten in München. Da entwickelt man automatisch mehr Verantwortungsbewusstsein. Ich bin kein Lautsprecher, aber versuche in Situationen, wo's brenzlig wird, zu helfen. Durch Anweisungen und mit spielerischen Mitteln. Auf aber vor allem auch außerhalb des Platzes.
SPOX: Wie behandeln Sie auf dem Platz junge Spieler wie Badstuber oder Müller?
Schweinsteiger: Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es unangenehm sein kann, als junger Spieler angeschnauzt zu werden. Deswegen versuche ich, bestimmt, aber moderat auf die jungen Spieler zuzugehen.
SPOX: Badstuber und Müller haben sich in München ganz nach oben gekämpft. Ist es der ehrlichere Weg, den eigenen Nachwuchs zu fördern, als mit Millionen um sich zu werfen?
Schweinsteiger: Auf jeden Fall. Es macht Spaß, wenn man mit fünf, sechs Spielern aus der eigenen Jugend auf höchstem europäischem Niveau Spiele gewinnt. In dieser Beziehung ist Barcelona das absolute Vorbild. Die dominieren Europa mit sieben Spielern aus der eigenen Jugend. Da wollen wir hinkommen. Ich hoffe, dass uns das irgendwann gelingt. Das geht aber nicht von heute auf morgen.
SPOX: Schauen Sie dennoch neidisch oder argwöhnisch nach Madrid, wenn dort 94 Millionen Euro für einen Spieler ausgegeben werden?
Schweinsteiger: Nein. Ich weiß zwar nicht, ob Real Madrid Schulden hat, aber der FC Bayern hat auf jeden Fall keine. Es gibt nichts Schöneres, als bei einem Verein zu spielen, der Tradition hat, viele europäische Titel gewonnen hat und wirtschaftlich gesund ist.
SPOX: Also wäre es eine Genugtuung, Real Madrid aus der Champions League zu werfen?
Schweinsteiger: Natürlich (lacht). Real Madrid ist ein toller Verein, aber es ist immer ein gutes Gefühl, das Trikot des FC Bayern zu tragen.
SPOX: Bei dem Sie noch bis 2012 Vertrag haben. Können Sie sich vorstellen, den Weg des Oliver Kahn zu gehen, und "auf ewig" in München zu bleiben?
Schweinsteiger: Als ich meinen Vertrag verlängert habe, gab es Angebote von anderen Vereinen. Für mich aber war es entscheidend, dass ich gemerkt habe, beim FC Bayern tut sich was. Ich habe gespürt, dass der Verein auf mich zählt. Wenn ich merke, dass die Entwicklung weiter positiv läuft, kann ich mir sehr gut vorstellen, noch lange bei Bayern zu bleiben.
SPOX: Welche Rolle spielt dabei die Zukunft von Franck Ribery?
Schweinsteiger: Ich mache meine eigene Zukunft nicht von anderen Spielern abhängig. Für unsere Entwicklung wäre es aber sehr wichtig, wenn Franck bei uns bleiben würde. Er kam aus Marseille und hat den großen Sprung beim FC Bayern geschafft. Ich würde mir wünschen, dass er sich schnellstmöglich für den FC Bayern entscheidet.
SPOX: Reizt Sie das Ausland?
Schweinsteiger: Natürlich denkt man manchmal darüber nach, eine andere Mentalität, eine andere Sprache oder andere Sitten kennenzulernen. Aber ich bin sehr froh, dass ich hier noch Vertrag bis 2012 habe. Den bekommt man bei Bayern ja nicht geschenkt. Ich versuche, die Erwartungen zu erfüllen, die in München ja nicht gering sind.
SPOX: Vier deutsche Meistertitel, vier DFB-Pokalsiege, 72 Länderspiele - Sie haben schon viel erreicht mit 25 Jahren. Was kommt noch?
Schweinsteiger: Als Sportler will man immer alles erreichen. Wir wollen den großen Coup schaffen und die Champions League gewinnen. Auch bei der WM ist einiges möglich. Aber der wichtigste Wettbewerb ist die Meisterschaft. Wir haben das Potential, alle Spiele in der Bundesliga zu gewinnen. Ich habe sehr viel Vertrauen in die Mannschaft.
SPOX: Aber in der Hinrunde hat der FC Bayern vor dem Spiel in Turin viele wichtige Spiele nicht gewonnen.
Schweinsteiger: Richtig. Das ist auch das Problem. Wir sind noch nicht so weit. Wir müssen gnadenloser werden und direkte Konkurrenten auch mal 'killen'. Aber in den letzten Spielen haben wir unser Bayern-Gen wiederentdeckt.
SPOX: Wie vermittelt man dieses Gen neuen Spielern?
Schweinsteiger: Die Spieler spüren das sehr schnell. Ich habe mir viel von Oliver Kahn oder Jens Jeremies abgeschaut. Die waren extrem verbissen und wollten immer 'auf Teufel komm raus' gewinnen. Manchen Spielern muss man aber gar nichts vermitteln. Bei Ivica Olic ist der Siegeswille angeboren. Sein Engagement ist imponierend. Obwohl ich manchmal Angst habe, dass er das Spiel nicht überlebt (lacht).
Bastian Schweinsteiger im Steckbrief