SPOX: Wer nach Ihrem Namen bei "YouTube" sucht, findet als Erstes ein altes Video von Ihnen aus dem Jahre 1997. Wissen Sie, um welchen Clip es sich handelt?
Patrick Owomoyela: Sie meinen wahrscheinlich meinen Auftritt als Rapper.
SPOX: Sie sind Ende vergangenen Jahres 30 geworden. Was denken Sie im Nachhinein darüber?
Owomoyela: Ich weiß noch, wie mich ein Freund auf ein Casting für ein Musikprojekt aufmerksam gemacht hat und ich dann einfach hinmarschiert bin, mitgemacht habe und mich ruckzuck in einer Weihnachtssendung des "ZDF" wiederfand. Es war ein geiles Erlebnis - aber seitdem hat sich so viel verändert, dass mir der Auftritt von damals vorkommt wie aus einem anderen Leben. Eines blieb jedoch gleich: Ich schäme mich nach wie vor nicht für das Video. (lacht)
SPOX: Der 30. Geburtstag gilt für viele als Schwelle zum endgültigen Erwachsenwerden. Geht es Ihnen ähnlich?
Owomoyela: Ich konsumiere Hip-Hop nur noch passiv und nicht aktiv, aber auch abgesehen davon fühle ich mich in einer neuen Lebensphase. Wenn man so will, schwimme ich in ruhigen Gewässern und es ist ein gewisser Frieden eingekehrt. Ich bin bedachter, weil ich genau weiß, was das Richtige für mich ist. Das ist wohl der größte Unterschied zu früher.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Owomoyela: Ich habe es mittlerweile gerne, wenn alles ganz ruhig abläuft und ich mich zuhause entspannen kann, statt auf die Piste zu gehen. Zu Beginn meiner Profi-Karriere war hingegen alles sehr schnelllebig. Ich wollte möglichst viel erleben, habe in den Tag hinein gelebt und dachte nicht über Konsequenzen nach. Es war im Vergleich zu heute eine vogelwilde Zeit.
SPOX: War Ihre Rastlosigkeit der Grund dafür, dass Ihre Karriere nach dem rasanten Aufstieg zum Nationalspieler derart ins Schlingern geriet?
Owomoyela: Im Großen und Ganzen würde ich es nicht als Schlingern bezeichnen. Natürlich gab es ab 2006 einige Tiefen, die ich überwinden musste. Aber vieles hatte auch mit meiner Verletzungsgeschichte zu tun. Ausfälle gehören zum Sport dazu, dass ich mir in Bremen gleich zwei langwierige Verletzungen hintereinander zugezogen habe, konnte hingegen keiner erwarten. Durch die Ausfälle hat meine Entwicklung stagniert, seitdem läuft es jedoch wieder.
SPOX: So gut, dass Sie in dieser Saison mit acht Tor-Vorlagen der gefährlichste Außenverteidiger der Bundesliga sind. Verstehen Sie, dass Sie dennoch bei einigen BVB-Fans wenig Kredit genießen?
Owomoyela: Ich konzentriere mich auf die wesentlichen Meinungen. Beispielsweise auf die Meinung von Trainer Jürgen Klopp. Nicht wesentlich sind andererseits die Äußerungen, die in Fan-Foren teilweise stehen. Jeder hat das Recht, sich zu äußern, dementsprechend werden von Einzelnen auch Sachen geschrieben, die einem vielleicht nicht so gefallen. Daher lese ich so etwas auch nicht. Fakt ist: Ich spiele jede Woche Fußball und mal sind gute und mal sind schlechte Leistungen dabei. So viele schlechte Partien kann ich jedoch gar nicht abgeliefert haben, sonst würde ich nicht so häufig spielen.
SPOX: Weiß das auch Bundestrainer Jogi Löw?
Owomoyela: Das Thema DFB-Team und Owomoyela ist nur für die Medien von Interesse. Ich persönlich habe die Nationalmannschaft abgehakt, immerhin wurde ich seit vier Jahren nicht mehr berücksichtigt. Ich befasse mich daher überhaupt nicht mehr damit.
SPOX: Was jedoch auffällt: Beim BVB gehören mit Roman Weidenfeller, Mats Hummels, Sebastian Kehl, Kevin Großkreutz, Marcel Schmelzer, Sven Bender und Ihnen sieben deutsche Profis zu den Leistungsträgern - Nationalspieler ist jedoch keiner. Zufall?
Owomoyela: Man kann auf den Gedanken kommen, dass da etwas an Dortmund vorbeiläuft. Wir werden nicht gebührend ernst genommen und respektiert. Wir haben letztes Jahr eine ordentliche Runde gespielt und den Europapokal nur knapp verpasst. Damals wurde es von der Öffentlichkeit als Überraschung abgetan. In dieser Saison bestätigen wir unser Leistungsvermögen - und dennoch kommen nach wie vor Stimmen auf: "Ja ja, ist schon ganz gut, aber das können die nie durchhalten." Diese Einstellung sieht man auch in der Nationalmannschaft. Dortmund bekommt nicht die Wertschätzung, die es verdient.
SPOX: Vor Ihnen klagte bereits Roman Weidenfeller über fehlende Lobby der Borussia beim DFB.
Owomoyela: Roman bringt immer eine gute Leistung, das war letztes Jahr schon so. Daher hätte er natürlich eine Berücksichtung verdient gehabt. Vor allem die Asien-Reise letztes Jahr wäre eine gute Möglichkeit gewesen, um ihn kennenzulernen. Das ist leider nicht passiert, dennoch kann Roman damit gut umgehen.
SPOX: Sie selbst sollen angeblich über einen Wechsel zum nigerianischen Verband nachdenken, um womöglich an der WM teilzunehmen. Wie ist der Stand?
Owomoyela: Das ist eine Diskussion, die im Winter die Medien losgetreten haben. Mich hat Nigeria noch nie kontaktiert, dementsprechend gibt es auch kein Interesse, von dem ich berichten könnte. Es war nie eine Option für mich. Ich kenne nicht einmal den Namen des neuen Nationaltrainers.