Jupp Heynckes hat am Montag seine dritte Etappe als Trainer beim FC Bayern begonnen. Der 66-Jährige war in ganz Europa unterwegs, heimisch fühlt er sich nur in München. Heynckes plant den Angriff auf Borussia Dortmund - mit gänzlich anderen Methoden als Vorgänger Louis van Gaal.
"Hey, Jupp, mach' doch auch mal", forderte ein Zuschauer Jupp Heynckes auf, während der neue Trainer des FC Bayern Luiz Gustavo bei anstrengenden Kniebeugen mit Argusaugen beobachtete. Heynckes reagierte charmant, mit entspanntem Lachen.
Für viele Bayern-Fans ist Heynckes nur der Jupp. Man kennt sich. Vor über 20 Jahren gewann Heynckes mit den Bayern zwei Meistertitel, 2009 wurde er von seinem Kumpel Uli Hoeneß aus dem Vorruhestand für fünf Spiele zurück auf die Bank geholt.
Am Montag trat der 66-Jährige zum dritten Mal seinen Dienst als Bayern-Trainer an. Heynckes hat in Madrid, Lissabon, Bilbao und überall in Deutschland trainiert, heimisch geworden ist er aber nur in München.
"Wenn Bayern ruft, kommt man"
"Wenn der FC Bayern ruft, kommt man gerne. Ich fühle ich hier sauwohl. Ich habe mal in Madrid gesagt, dass der FC Bayern der größte Verein für mich in Europa ist. Das ist damals natürlich nicht gut angekommen. Aber ich fühle mich jetzt so, als wäre ich nach Hause gekommen", sagte Heynckes nach der ersten Trainingseinheit der Münchner, ohne Nationalspieler, aber mit den Neuzugängen Rafinha und Nils Petersen.
Vor zwei Jahren fuhr Louis van Gaal mit dem Bulldozer übers Vereinsgelände und verblüffte auf seiner Antritts-PK mit markigen Sprüchen ("Bayern ist wie ich: erfolgreich und arrogant.").
Mit Heynckes beginnt in München - mal wieder - eine neue Zeitrechnung. Der Trainer kennt sich bestens aus im Verein, das Verhältnis zwischen Heynckes und dem Vorstand ist von hohem gegenseitigem Respekt geprägt.
"Wir sind sehr stolz und froh, dass wir Jupp Heynckes wieder für uns gewinnen konnten. Er hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder bewiesen, dass er ein hervorragender Trainer ist. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam Erfolg haben werden", sagte Sportdirektor Christian Nerlinger.
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Spielsystem: Heynckes will flexibel bleiben
Bis zum DFB-Pokalspiel in Braunschweig am 1. August bleibt Heynckes nicht viel Zeit. Von den 14 Nationalspielern war am Montag nur Bastian Schweinsteiger anwesend, der Rest stößt erst am Freitag dazu.
"Wir haben eine Menge Arbeit vor uns. Es ist nicht ideal, dass ich erst so richtig am Sonntag im Trainingslager mit allen Spielern arbeiten kann. Erst, wenn alle da sind und Grundlagenausdauer trainiert haben, kann ich im spieltaktischen Bereich etwas machen", so Heynckes.
Anders als Ballbesitzfanatiker van Gaal will Heynckes die Mannschaft nicht in ein starres System pressen: "Natürlich habe ich einen Plan im Kopf, wie meine Mannschaft spielen soll. Aber ich bin kein strikter Systemfanatiker und bin mir nicht zu schade, etwas zu ändern, wenn ich keinen Erfolg habe."
"Man kann mit vielen Systemen erfolgreich sein. Dortmund und Hannover haben Tendenzen gegen die Spielweise von Bayern entwickelt und viel damit gewonnen. Es gibt nicht nur die 4-3-3-Variante mit Gomez, Robben und Ribery im Sturm, es gibt auch die Variante mit zwei Mittelstürmern."
Wunschkandidat Boateng
Heynckes will einen erbarmungslosen Konkurrenzkampf fördern. "Ich habe vor, innerhalb der Positionen zu wechseln. Wir müssen dahinkommen, dass wir keinen Qualitätsverlust haben, wenn sich der eine oder andere Spieler verletzt."
Auch die Rekonvaleszenten Breno und Ivica Olic sollen eine Rolle spielen. "Ich mag Spieler wie Olic. Sehr einsatzfreudig, immer engagiert. Ich habe ihn im Urlaub angerufen und ihm Mut gemacht. Und Breno hat schon ein deutlich besseres Gewicht als vor zwei Jahren", sagte Heynckes.
Besonders am Herzen liegt Heynckes die Verbesserung der Balance zwischen Defensive und Offensive. Eine Schlüsselrolle soll dabei Jerome Boateng spielen.
"Ich habe in den Gesprächen mit dem Vorstand mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass der FC Bayern eine bessere Balance braucht. Es ist notwendig, dass wir in der Innenverteidigung Alternativen schaffen. Wir wollen Boateng haben und er will zu uns, aber im Fußball muss auch Vernunft eine Rolle spielen. Falls das nicht gegeben ist, müssen wir uns nach Alternativen umschauen."
Nerlinger schätzte die Chancen, den Nationalspieler von Manchester City loseisen zu können, allerdings "pessimistisch" ein, da Manchester City weiter auf einer "utopischen Ablösesumme" (Nerlinger) beharrt. Auch bei Heynckes' zweitem Wunschspieler, Arturo Vidal, gebe es keinen neuen Stand, so Nerlinger.
Heynckes verspricht anderen FC Bayern
Dagegen bestätigte Nerlinger das Interesse der Bayern an Dale Jennings von den Tranmere Rovers. Der 18-jährige Stürmer soll allerdings zunächst in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga spielen.
In trockenen Tüchern ist der Transfer von Takashi Usami. Der Japaner wird für ein Jahr plus Kaufoption ausgeliehen. Usami wird Mitte Juli zur Mannschaft stoßen.
Heynckes hält den Kader auch ohne Boateng und Vidal bereits für stark genug, um Meister Borussia Dortmund anzugreifen. Titelversprechen wollte Heynckes nicht abgeben, aber: "Sie können davon ausgehen, dass der FC Bayern ein ganz anderer FC Bayern sein wird, als in der letzten Saison."
Der Kader des FC Bayern München