Schalke 04: Der Doppel-Schock und die Folgen

Von Haruka Gruber
Fallen die Hinrunde aus: Jefferson Farfan und Benedikt Höwedes
© Imago

Der FC Schalke 04 wähnte sich als Bayern-Jäger - und jetzt das: Nach dem Ausfall von Jefferson Farfan und Benedikt Höwedes muss das gesamte Konzept überdacht werden. Der erst 18-jährige Julian Draxler ist nun gefragt - als erstes am Samstag gegen den 1. FC Nürnberg (15.30 Uhr im LIVE-TICKER).

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Der Stand bei Farfan und Höwedes

Dass Jefferson Farfan und Benedikt Höwedes identische Verletzungen erlitten haben, mochte man nicht glauben: Während Farfan bei Perus 0:2 gegen Ekuador von den Mitspielern vom Platz getragen werden musste, absolvierte Höwedes das Spiel gegen die Niederlande (3:0) bis zum Ende, bevor er sich in die medizinische Obhut begab.

"Ich hatte direkt Schmerzen. Ich trage jetzt eine Schiene, darf keine nervösen Bewegungen machen, das Knie braucht Ruhe", sagt Höwedes in der "Bild".

Die Diagnose: Außenband-Teilriss - bei Höwedes im rechten, bei Farfan im linken Knie.

Auch wenn sie keinen Kreuzbandriss erlitten, was einen Ausfall von einem halben Jahr gleichgekommen wäre, eine betrübliche Nachricht für Schalke. Das Duo wird für den Rest der Hinrunde ausfallen und damit in acht Pflichtspielen (fünfmal Bundesliga, zweimal Europa League, einmal Pokal) fehlen.

Die Tragweite der Ausfälle

Es hätte kaum drastischer kommen können für Schalke: Raul ist der Fixpunkt und Klaas-Jan Huntelaar der Torjäger, doch zum neuen Prunkstück entwickelte sich in den vergangenen Wochen die rechte Seite mit Farfan und Höwedes. Nun zogen sich ausgerechnet diese beiden fast gleichzeitig die gleiche Verletzung zu.

Nur um die Tragweite zu illustrieren: Seit Trainer Huub Stevens die Abwehr umstellte und Höwedes aus der zentralen auf die rechte Position verschob, gewann Schalke bei einer Tordifferenz von 13:3 vier der fünf Pflichtspiele bei einem Remis.

"Die Verletzungen schmerzen uns enorm. Aber wir haben einen großen Kader", beharrt Vorstand Horst Heldt. Ihm bleibt wohl nichts anderes übrig, doch auch er dürfte wissen, dass Farfan und Höwedes kaum zu ersetzen sind. Farfans ordentliche, aber nicht herausragende Scorer-Bilanz (zwei Tore, vier Vorlagen) gibt seine Bedeutung nur ungenügend wieder.

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Der 27-Jährige ist einer der wenigen im Kader, der kraft seiner Schnelligkeit und Technik Eins-gegen-eins-Situationen sucht. Huntelaar beispielsweise ist bei aller Verbesserung in diesem Jahr weiterhin der klassische Mittelstürmer, Raul wiederum trägt mehr mit seinen geschickten Laufwegen und seinem klugen Passspiel zum Erfolg bei.

Mit Höwedes wusste Farfan eine Absicherung hinter sich, der nicht nur resolut verteidigte, sondern auch emsig darum bemüht war, sich selbst nach vorne einzubringen. Außerdem fühlte sich Farfan bei Kapitän und Autoritätsperson Höwedes eher zur Defensivarbeit bemüßigt als bei Atsuto Uchida und Marco Höger. "Wie Jeff zurzeit mitarbeitet, ist einfach klasse. Und falls er doch mal kurz pennt, sage ich ihm Bescheid", so Höwedes Ende Oktober.

Höwedes' Umbesetzung als Rechtsverteidiger war neben der Beförderung von Jermaine Jones zum Stammspieler die wichtigte Entscheidung hin zu einer besseren Balance zwischen Angriff und Verteidigung, nachdem es zum Saisonstart allzu viele Gegentore zu beklagen gab.

Die Alternativen für Höwedes

Simple Ausgangslage: Stevens hat die Wahl zwischen Uchida oder Höger. Für den Japaner Uchida spricht, dass er in der vergangenen Rückrunde mit Farfan bestens harmoniert hatte, in dieser Saison jedoch verfiel er wieder in sein unsicheres Selbst aus der Schalker Anfangszeit.

In dieser Saison verlor er entsprechend den Stammplatz und stand nur in drei Bundesliga-Partien in der Startelf, ohne zu überzeugen. Außerdem dürfte er nach seinem WM-Quali-Trip nach Tadschikistan und Nordkorea nicht in bester Verfassung sein.

Höger baute nach ordentlichem Einstand zuletzt merklich ab und ist in der Bundesliga seit dem enttäuschenden 1:2 gegen Kaiserslautern am neunten Spieltag ohne Einsatzminute. Die Chance zur Rehabilitation in der Europa League gegen Larnaka nutzte er genauso wenig wie alle anderen Spieler, die sonst zur Reserve gehören.

Sprich: Höwedes wird weder von Uchida noch von Höger zu ersetzen sein.

Die Alternativen für Farfan

Durch Farfans Fehlen rückt plötzlich ein Teenager in den Fokus, der bei allem Talent zu den Rollenspielern zählt: Julian Draxler, 18 Jahre alt und die Schalker Hoffnung der Zukunft. Doch ohne Farfan kommt ihm bereits jetzt eine Schlüsselrolle zu: Draxler wirkt wesentlich stabiler als noch im Vorjahr, als sich vereinzelte Glanzpunkte und anonyme Leistungen abwechselten.

Auffällig vor allem: Der einst schmächtige und etwas schwerfällige Draxler legte körperlich zu und verbesserte gleichzeitig seinen Antritt. Sprints in der Geschwindigkeit und in der Häufigkeit wie beim 3:1 gegen Hoffenheim (zwei Assists) verleihen ihm eine neue Dimension. Der Lohn: Er war an 18 der 20 Pflichtspiele beteiligt und stand in jedem der letzten fünf Partien mindestens 74 Minuten auf dem Platz.

Draxler kommt eine umso größere Bedeutung zu, weil er nicht nur auf seiner neuen Position am linken Flügel oder auf die für Raul reservierte Zehner-Rolle beschränkt ist, sondern auch als Farfan-Ersatz rechts zur Geltung kommt. Am vakanten linken Flügel stehen Stevens anders als rechts mehrere Optionen zur Verfügung.

Huntelaar-Vertreter Teemu Pukki überzeugte als Doppeltorschütze in Hannover und könnte genau diese Gefährlichkeit auch als linker Außenspieler einbringen, wenn er von der Seitenlinie nach innen zieht, um mit seinem starken rechten Fuß abzuschließen. Draxler ist zwar auch Rechtsfuß, doch weil er weniger den Torschuss sucht und sich mehr als Vorbereiter versteht, dürfte er anders als Pukki rechts ähnlich effektiv sein wie links.

Statt Pukki denkbar wären auch Alexander Baumjohann und Jose Jurado. Als gelernte Spielmacher zeigten sie am linken Flügel gelegentlich ihre fußballerische Klasse - doch auf Dauer zu überzeugen wussten sie weder bei Felix Magath, Ralf Rangnick und jetzt Stevens. Baumjohann wurde unter dem neuen Trainer in der Bundesliga noch gar nicht berücksichtigt.

Verbleibt der junge Tscheche Jan Moravek, der ähnlich wie Draxler beide Seiten besetzen kann. Zwar stehen für den 22-Jährigen bereits zwölf Pflichtspiel-Einsätze zu Buche, doch für ihn gilt das Gleiche wie für die anderen Ersatzkandidaten von Farfan und Höwedes: Noch fehlt die letzte Überzeugung, dass sie Schalke weiterhelfen.

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