Er schießt Tore am Fließband, hat seinen Vertrag langfristig verlängert und ist laut Klubchef Karl-Heinz Rummenigge absolut unverkäuflich. Thomas Müller ist das Gesicht des FC Bayern München. SPOX traf den Weltmeister und sprach mit ihm mal nicht nur über Fußball.
Am 7. März bekam die Zentrale Hochschulsportanlage München weltmeisterlichen Besuch: Thomas Müller war zu Gast anlässlich der Auftaktveranstaltung zur neuen Saison der Uni-Liga, dem gemeinsamen Projekt der UNICUM Live und des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes.
Als Idol für viele sportbegeisterte Studierende unterstützt Gillette Markenbotschafter Thomas Müller die Liga, die 2016 an 20 Standorten gespielt wird. Auch SPOX war zu Gast und sprach mit Müller über ein verpasstes Studentenleben, den Reiz der Auslandserfahrung und die Verwissenschaftlichung des Fußballs.
SPOX: Wir sitzen hier in einem Seminarraum der TU München. Können Sie sich mit dem Ambiente anfreunden?
Thomas Müller: Absolut. Hell, Teppichboden, alles gut. Der Raum erinnert mich an unser Auditorium bei Bayern, wo wir unsere Videositzungen abhalten. Ansonsten kenne ich solche Räume nur aus meiner Schulzeit
SPOX: Können Sie sich daran noch erinnern? Was war Ihr Schul-Highlight?
Brecher Visual CommunicationThomas Müller: Ich habe das Abitur geschafft - das war mein absolutes Highlight.
SPOX: Schnitt?
Müller: 2,8.
SPOX: Und alles ohne Ehrenrunde?
Müller: Ganz normal in einem durch. Aber ich war schon froh, als die Prüfungen vorbei waren. Zur Abi-Zeit war ich schon im zweiten Jahr in der A-Jugend bei Bayern und der Druck wurde von allen Seiten größer. Aber ich bin glücklicherweise cool geblieben.
SPOX: Stand irgendwann mal im Raum, die Schule abzubrechen und sich voll auf Fußball zu konzentrieren?
Müller: Nein, ich wollte auf jeden Fall das Abitur machen. Mit 18, 19 hat man ja noch keine Ahnung, ob man es im Fußball wirklich schaffen kann. Ob man sich in der Bundesliga oder der 2. Liga festspielen kann. Ich wollte mit dem Schulabschluss darauf achten, etwas in der Hand zu haben, falls es mit der Fußballerkarriere nichts wird.
SPOX: Haben Sie anschließend mit dem Gedanken gespielt, zu studieren?
Müller: Nein. Es hat sich irgendwann abgezeichnet, dass ich im Fußball eine Chance habe und die wollte ich nutzen. Ich habe mir aber öfter mal Gedanken gemacht, wie es wäre, Student zu sein. Und da hatte ich einige positive Gedanken. Das Studentenleben ist sicher eine coole Zeit und der Übergang ins Berufsleben spannend. Vielleicht habe ich in meiner Jugend Dinge verpasst, die ich gerne erlebt hätte. Aber andersrum ist es ja auch so. Wir Fußballer werden ja auch manchmal beneidet.
SPOX: Fußballprofi gilt ja auch für viele, vor allem junge Leute als Traumberuf.
Müller: Es ist nicht so, dass man als Fußballer jeden Morgen aufwacht und denkt, man ist im Schlaraffenland. Ich habe viele Highlights erlebt und die positiven Dinge überwiegen absolut. Aber es gibt auch Dinge, die man in Kauf nehmen muss.
SPOX: Zum Beispiel?
Müller: Ich würde auch gerne mal am Freitagabend oder generell am Wochenende mit Freunden ein Bier trinken und einfach nur Fußball schauen. Das geht mir hin und wieder ab.
SPOX: Klingt nach Studentenleben. Welcher Typ Student wären Sie? Der Nerd aus der ersten Reihe oder der chronische Langschläfer nach der x-ten wilden Nacht?
Müller: Wer lange feiert, kann am nächsten Tag trotzdem pünktlich in der ersten Reihe sitzen. Ich wäre wahrscheinlich eine Mischung aus beiden.
SPOX: Was nicht ist, kann ja noch werden...
Müller: Ich schließe es auch nicht aus, dass ich irgendwann noch studieren werde. Jetzt spiele ich erst mal noch ein paar Jahre Fußball und dann schauen wir, was kommt.
SPOX: Was würde denn ein Professor unterrichten, wenn Thomas Müller in seiner Vorlesung sitzen würde?
Müller: Ich war immer mehr der naturwissenschaftliche Typ. Physik und Biologie - das war meine Richtung.
SPOX: Es gibt zwischen Studenten und Fußballern eine Gemeinsamkeit: die große Frage, ob man mal ins Ausland geht. Im Rahmen eines Erasmus-Studiengangs oder im Rahmen eines Vereinswechsels. Sie haben sich trotz vieler Anfragen aus dem Ausland langfristig zum FC Bayern bekannt. War das eine schwierige Entscheidung?
Müller: Als Student ist der Schritt deutlich leichter. Man geht sechs Monate oder ein Jahr ins Ausland und kommt anschließend zurück. Im Arbeitsleben hat so eine Entscheidung eine andere Tragweite. Man kann schlecht sagen: 'Jetzt gehe ich da mal hin und schau, was ich dafür bekomme.' Ich habe gewisse Vorstellungen, wie mein Leben als Fußballer laufen soll. Und bis jetzt war der FC Bayern in allen Belangen klar vorne.
SPOX: Was waren für Sie die entscheidenden Belange für die Vertragsverlängerung bis 2021?
Müller: Natürlich ist es für mich angenehm, in München meinem Beruf nachzugehen. Ich bin in Bayern groß geworden, habe in der Umgebung von München Familie und Freunde. Aber das spielt bei einer Vertragsverlängerung nur eine untergeordnete Rolle. Fußball hat nichts mit Romantik zu tun, wenn man ihn als Profi betreibt. Da geht es in erster Linie ums Sportliche. Es geht darum, was auf dem Platz mit dem Ball passiert. Was plant der Verein und was kann er erreichen? Wie sind die Voraussetzungen, in den nächsten Jahren die Erfolge zu feiern, die ich mir wünsche? Da spielt die Qualität von Trainern und Mitspielern eine große Rolle. Und mir persönlich ist die Wertschätzung der Fans sehr wichtig. Das Gefühl mit den Bayern-Fans ist in meiner Konstellation einzigartig.
SPOX: In der Uni spielt die Wissenschaft eine große Rolle. Sie nimmt aber auch immer mehr Raum im Fußball ein. Können Sie sich als Instinktfußballer damit anfreunden?
Brecher Visual CommunicationMüller: Die Wissenschaft gehört mittlerweile einfach dazu. Fußball ist Leidenschaft, Körpereinsatz und trotzdem auch viel Zufall. 22 Mann spielen mit einem Ball, da kommt es immer wieder zu unvorhergesehenen Situationen. Einen Billard-Abpraller im Strafraum kann man nicht planen. Aber man kann im Vorfeld eines Spiels planen, in welchen Räumen auf dem Platz es gefährlich werden kann, für die eigene Mannschaft und für den Gegner. Die Gegneranalyse hat sich stark verändert, es bleibt nichts mehr verborgen. Man kann sich jedes Spiel des kommenden Gegners aus den letzten zehn Jahren besorgen und sich entsprechend vorbereiten und einstellen. Die Wissenschaft macht im Fußball einen gewissen Prozentsatz aus. Der Rest ist Tagesform, Intuition und Zufall.
SPOX: Sie haben mit Pep Guardiola einen detailbesessenen Trainer, der praktisch nichts dem Zufall überlässt. Verliert das Spiel durch die Verwissenschaftlichung nicht an Reiz?
Müller: Nein. Ich habe das Gefühl, dass wir durch die Akribie von Pep Guardiola einen riesen Vorteil haben. Natürlich geht nicht jeder Plan, den man sich zurecht legt, zu 100 Prozent auf. Ein Spiel hat verschiedene Phasen, in denen sich der Gegner auch mal anders verhält, als man es erwartet. Man muss verstehen, dass Pep Guardiolas Grundidee von Fußball immer gleich ist. Aber jeder Gegner bietet verschiedene Räume an, die zu bespielen sind. Dementsprechend müssen wir reagieren und können nicht einfach unser Spiel durchziehen, egal wie der Gegner reagiert. So läuft's nicht. Jede Mannschaft verteidigt anders und in jedem Defensivverbund ergeben sich Lücken. Man muss sie nur erkennen und entsprechend nutzen.
Alles zu Thomas Müller