Ein Transfer mit Signalwirkung

Ben Barthmann
30. März 201714:36
Mo Dahoud wechselt zu Borussia Dortmundgetty
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Borussia Dortmund hat die Verpflichtung von Mahmoud Dahoud zur kommenden Saison offiziell verkündet. Was bedeutet der Transfer für den Spieler, den BVB und Borussia Mönchengladbach?

Ist der Wechsel zum BVB für Dahoud der richtige Schritt?

Dahoud ist mit 21 Jahren noch nicht derart etabliert, wie es manch anderer Spieler in seinem Alter bereits war. Der Mittelfeldspieler ist jedoch seit August 2014 Bestandteil der ersten Mannschaft in Gladbach und konnte somit schon diverse Erfahrungen auf internationalem und nationalem Niveau sammeln.

Unbestritten sind seine sehr guten Fähigkeiten am Ball, die er auch in den U-Nationalmannschaften Deutschlands einbrachte. Sein Debüt für die U-21-Auswahl gab er im März 2016 gegen die Färöer. Für eine Berufung in das A-Team von Bundestrainer Joachim Löw reichte es bisher nicht.

Dahoud ist kein gestandener oder gar fertiger Spieler. Vielmehr ist er ein Diamant, der in den letzten Jahren mehr und mehr Schliff erhalten hat. Für den Spieler stellte sich also vor einem Wechsel die Frage, ob er an einem anderen Ort besser und/oder schneller geschliffen werden kann.

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Die in Dortmund eingeläutete Jugendoffensive mit Trainer Thomas Tuchel spricht dafür, dass der Prozess dort fortgeführt wird. Ob er schneller und besser vonstatten geht, wird auch an Dahoud liegen. In Gladbach stand er zuletzt regelmäßig in der Startelf, in Dortmund wird er noch mehr um seinen Platz kämpfen müssen.

Offenbar fühlt er sich bereit, über seine Grenzen hinauszugehen. Mit Thomas Tuchel gerät er an einen exzellenten Trainer, der Dahouds Fähigkeiten zu schätzen weiß.

Der Wechsel wirkt insgesamt stimmiger als ein Abschied Richtung Liverpool zu Jürgen Klopp gewesen wäre. Dahoud bleibt in einer Liga, die er kennt, während er sich in der Premier League auch kulturell deutlich extremer hätte anpassen müssen.

Ist Dahoud für Borussia Dortmund der richtige Spieler?

Im Mittelfeld bietet Dortmund bisher Julian Weigl, Gonzalo Castro, Sebastian Rode, Raphael Guerreiro, Mario Götze, Nuri Sahin, Mikel Merino, Shinji Kagawa und mit Perspektive auch Dzenis Burnic oder Orel Mangala auf. Viele verschiedene Spielertypen, die Tuchel zuletzt - manche mehr, manche weniger - in diversen Formationen aufs Feld schickte.

Mindestens zehn Millionen Euro musste der BVB wohl in Dahoud investieren, Mitbewerber Liverpool könnte die Summe aber auch deutlich nach oben getrieben haben. Doch die Dortmunder wollten Dahoud unbedingt, weil Tuchel damit einen weiteren vielseitig einsetzbaren Typen zwischen Position sechs und zehn zur Verfügung hat.

Gerade hier ist mit dem Abgang von Ilkay Gündogan ein Loch beim BVB entstanden, das in der laufenden Saison nur bedingt gefüllt werden konnte. Jemand der den Spielaufbau mit der Chancenerarbeitung verbindet, jemand der alle vertikalen Stränge in der Hand hat.

Zuletzt wurde diese Aufgabe immer mehr von Weigl übernommen, dieser stößt allerdings auch früher oder später an das Ende seiner Kapazitäten. Somit könnte Dahoud durchaus sofort eine enorm wichtige Rolle im System des BVB einnehmen.

An dieser Stelle bleibt das eine oder andere Fragezeichen bestehen. Wie schnell findet sich Dahoud zurecht? Wie schnell kann er die Bürde im Mittelfeld tragen? Die Verantwortlichen sind positiv gestimmt und trauen dem 21-Jährigen die Anpassung reibungslos zu.

Sollte dies klappen, kann Dahoud für Dortmund eine sehr guter Transfer sein. Für vergleichbare Spieler - jung, talentiert, Erfahrung, U-Nationalspieler mit Perspektive für das A-Team - werden im internationalen Vergleich ganz andere Summen gezahlt. Eine Wertsteigerung ist wahrscheinlich.

Welche Alternativen hat Gladbach nach dem Abgang?

Im Gladbacher Kader stehen mit Christoph Kramer, Tsiy Ndenge, Djibril Sow und Tobias Strobl nur wenige Mittelfeldspieler bereit, noch dazu mit der Klasse Dahouds. Dessen Abgang wird bei den Fohlen ein enormes Loch reißen, das mit dem derzeitigen Kader eigentlich nicht aufzufangen ist.

Dieter Hecking setzte zuletzt auf Tony Jantschke im zentralen Mittelfeld, auch Laszlo Benes erhielt dort Einsätze. Auch die Innenverteidiger Nico Elvedi und Andreas Christensen sahen sich schon eine Linie weiter vorne aufgestellt.

Ohne einen Neuzugang wird Gladbach also kaum auskommen, die Zentrale muss nach dem Abgang von Dahoud dringend verstärkt werden. Das Problem ist, dass sich ein Spieler wie der 21-Jährige nur schwer finden lässt. Gleiche Werte in Sachen Kreativität, Ballsicherheit und Potenzial kosten deutlich mehr als die Ablöse für Dahoud einbringen wird.

Somit wird die Führung - ob mit oder ohne Sportdirektor Max Eberl - gefordert sein. Durch die lang anhaltenden Gerüchte rund um den U-Nationalspieler darf man aber davon ausgehen, dass Gladbach bereits mögliche Alternativen beobachtet und aufgelistet hat.

Welche Rolle spielt der BVB für Dahoud in Sachen DFB?

Die Nationalmannschaft ist über kurz oder lang das Ziel von Dahoud. Bisher wurde er von Bundestrainer Joachim Löw nicht berücksichtigt. Dass dieser Schritt in Dortmund schneller vonstatten geht als in Gladbach, kann nicht pauschal festgestellt werden. Löw sieht auf dem Auge Gladbach nicht schlechter als auf dem Auge Dortmund. Letztlich sind Leistungen, Einsätze und auch Vertrautheit mit dem Bundestrainer wichtig.

Dahoud ist unter Hecking Stammspieler, wird aber auch unter Rotationsfreund Tuchel auf seine Spielminuten kommen. Um sich beim BVB auf Dauer unverzichtbar zu machen, wird er mehr Konstanz in seine Leistungen bringen müssen. Diese waren bisher eher schwankend.

Auch wenn Dahoud mit Gladbach schon Champions-League-Luft geschnuppert hat, bekommt aber in Dortmund die Chance, sich auf höherem Niveau zu präsentieren und um Titel mitzuspielen. Und Löw legt großen Wert darauf, dass seine Spieler in ihren Klubs immer auf höchstem Level spielen und sich am besten auch in der Champions League regelmäßig in der K.o.-Runde messen.

Welcher BVB-Spieler muss vor Dahoud zittern?

Die Verpflichtung von Dahoud wird das Mittelfeld Dortmunds neu strukturieren. Somit müssen sich einige Spieler Gedanken um ihre Zukunft machen. Das betrifft einerseits Spieler wie Rode, Sahin oder Merino die ohnehin schon sehr wenige Chancen erhielten, macht aber auch vor Leistungsträgern nicht Halt.

Weigl dürfte vor der Abwehr weiterhin gesetzt sein, dafür spielt der 21-Jährige zu konstant und auch in einer anderen Rolle als sie Dahoud einnehmen wird. Dieser dürfte sich auf einer Art Achterposition wiederfinden. Dort sind bisher vor allem Castro und Guerreiro die Vertrauenspersonen von Tuchel.

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Zittern müssen diese nur bedingt, der BVB hat genug Saisonspiele, um alle drei Spieler oder gar noch mehr einsetzen zu können, doch letztlich geht es um das Prädikat Stammspieler. Dieses wird Dahoud ebenso für sich beanspruchen wie eben Castro, Guerreiro oder auch Kagawa sowie eventuell Götze.

Der Transfer stellt ein qualitatives Update dar, das ein Stühlerücken verursachen wird. Dahouds Transfer hat eine Signalwirkung. Es wird Abgänge im Mittelfeld geben müssen, um den Kader bei Laune zu halten. Gleichzeitig ist jedoch nicht zu erwarten, dass einer der jetzt regelmäßig eingesetzten Spieler den Verein verlassen wird.

Vielmehr wird das Mittelfeld aufgewertet und der Konkurrenzkampf angestachelt. Flexibilität wird von einigen Spielern gefordert sein, um den neuen Ansprüchen gerecht zu werden. Somit ist die Verpflichtung sicherlich auch ein Fingerzeig, in welche Richtung die kommende Saison gehen soll.

Mahmoud Dahoud im Steckbrief