1899 Hoffenheim muss sich nach einer Fabelsaison für die erste Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb rüsten. Julian Nagelsmann fordert Neuzugänge und stellte "fünf bis sechs" in Aussicht. SPOX wirft einen Blick auf Sandro Wagner und Co.: Wie sieht das Personal aus? Wer muss Platz machen? Und wer könnte diesen beanspruchen?
Tor
Personal: Oliver Baumann, Gregor Kobel, Alexander Stolz
Offene Positionen: keine
Kandidaten: keine
Situation: Im Tor besteht bei der TSG der geringste Änderungsbedarf. Baumann ist als Nummer eins beinahe über jeden Zweifel erhaben. Der 27-Jährige absolvierte alle 34 Bundesliga-Spiele und hielt seinen Kasten zwölf Mal sauber (75,7 Prozent gehaltene Torschüsse). Damit steht er beispielsweise besser da als Borussia Dortmunds Roman Bürki.
"Er wird immer sehr schnell negativ gesehen, wenn er mal einen Fehler macht. Jeder große Torwart hat mal Fehler drin, auch Manuel Neuer", verteidigte Trainer Nagelsmann den einen oder anderen Patzer Baumanns. Vor allem bei der schnellen Spieleröffnung offenbarte er die eine oder andere Unsicherheit.
Dennoch steht einer langfristigen Zusammenarbeit nichts im Weg. Bei seiner Vertragsverlängerung bis 2021 im Januar betonte Baumann: "Ich weiß, was ich an der TSG habe. Das Torwarttraining mit Michael Rechner ist zielführend und innovativ. Deshalb bin ich völlig zufrieden."
Kobel (19) und Stolz (33) komplettieren das Trio. Abgänge erscheinen sehr unwahrscheinlich, zumal sich der Schweizer Nationalspieler (Vertrag bis 2020) und der Routinier aus Pforzheim (Vertrag bis 2018) erst im vergangenen Sommer an die TSG gebunden hatten.
Abwehr
Personal: Kevin Vogt, Justin Hoogma, Fabian Schär, Benjamin Hübner, Kevin Akpoguma, Ermin Bicakcic, Jeremy Toljan, Danilo Soares, Pavel Kaderabek
Offene Positionen: Defensiv-Allrounder
Kandidaten: Matthias Ginter, Nicolas Isimat-Mirin
Situation: Seit der Umstellung auf die Dreierkette drängt sich Nagelsmann das Außenverteidiger-Problem nicht mehr auf. Fielen Kaderabek oder Toljan aus, musste der Coach improvisieren. Mal füllte Innenverteidiger Bicakcic die Lücke, mal kehrte Rudy in die Defensive zurück. Durch die System-Umstellung, die aus der Not heraus geboren wurde und sich als effizient erwies, ist ein Transfer eines Außenverteidigers obsolet. Nagelsmann ist in der Wahl der Grundordnung dennoch flexibel.
In einer Dreierkette sind Vogt und Hübner gesetzt. Die Frage nach einem Ersatz für den zum FC Bayern abgewanderten Niklas Süle ist mit dem Transfer von Hoogma auch geklärt. Dem Sohn von Ex-HSV-Profi Nico-Jan Hoogma gefiel der Ruf der TSG, "Spieler auf das nächste Niveau zu entwickeln", betonte der 19-Jährige bei seiner Ankunft im Kraichgau.
"Justin ist ein hoch veranlagter Verteidiger, der als Linksfuß über einen herausragenden Spielaufbau verfügt und in seinem jungen Alter schon Geschichte im niederländischen Spitzenfußball geschrieben hat", sagte der Direktor Profifußball Alexander Rosen.
Kommt Dortmunds Ginter nach Hoffenheim?
Für Bicakcic und Schär wird es derweil eng und Toljan und Kaderabek kommen je nach Grundordnung lediglich als Rotationsspieler in Frage. Zur ohnehin starken Konkurrenz könnte mit Matthias Ginter ein zweikampfstarker Defensiv-Allrounder nach Sinsheim kommen. Der 23-Jährige steht beim BVB zwar noch bis 2019 unter Vertrag, sehnt sich nach Bild-Informationen aber nach mehr Konstanz in Sachen Einsatzzeiten. Der Nationalspieler wäre dem Blatt zufolge für 15 bis 20 Millionen Euro zu haben, sogar von einer Einigung war die Rede. Laut Guardian ist jedoch auch Tottenham Hotspur an Ginter interessiert.
Das Gerücht um eine Verpflichtung von Nicolas Isimat-Mirin hielt sich lange Zeit ähnlich hartnäckig - trotz Dementi des PSV-Sportdirektors Marcel Brands. Der 25-jährige Franzose ist sowohl im Zentrum als auch auf der rechten Außenverteidiger-Position beheimatet. Der Hoogma-Deal nimmt den Spekulationen jedoch ordentlich Wind aus den Segeln.
Zu verkraften wäre die Abgabe von Soares (Vertrag läuft Ende Juni aus). Der Linksverteidiger soll laut sport24.gr bei PAOK Thessaloniki auf dem Wunschzettel stehen.
Mittelfeld
Personal: Eugen Polanski, Lukas Rupp, Florian Grillitsch, Dennis Geiger, Steven Zuber, Philipp Ochs, Nadiem Amiri, Baris Atik, Kerem Demirbay
Offene Positionen: Defensives Mittelfeld, Offensiver Flügel
Kandidaten: Havard Nordtveit, Serge Gnabry, Max Meyer, Niklas Hauptmann
Situation: Acht Mittelfeld-Akteure kamen in der vergangenen Saison unter Nagelsmann zu mindestens sieben Startelf-Einsätzen. Die Breite ist da, an der Spitze fehlt es jedoch noch. Mit Blick auf eine mögliche Teilnahme an der Champions League dürfte Hoffenheim hier noch tätig werden.
Durch die Abgänge von Rudy und Pirmin Schwegler liegt der Fokus zunächst auf der Sechser-Position. Polanski ist die naheliegende Lösung - auf dem Level, an dem Hoffenheim sich nun orientieren muss aber nicht die beste. Laut kicker ist der ehemalige Gladbacher Nordtveit - aktuell bei West Ham - in Sinsheim im Gespräch. Auch der Norweger überzeugt durch seine Flexibilität, doch reicht dessen Qualität für die Königsklasse aus? Fraglich.
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Für Neuzugang Grillitsch kommt die Bekleidung dieser tragenden Rolle im defensiven Mittelfeld zu früh. Der Österreicher muss in Sachen Passgenauigkeit und Zweikampfführung noch zulegen, das Potenzial dafür hat er zweifelsohne. Grillitsch fühlt sich in der Offensive aber ohnehin wohler. Ergo: Eine echte Verstärkung auf der Sechs muss her.
Wechselt Gnabry auf Leih-Basis zur TSG?
Ein Blick in die offensive Viererkette zeigt: Nagelsmann bieten sich unheimlich viele Alternativen. Doch vor allem auf den Außenpositionen sind die Kraichgauer qualitativ dünn besetzt. In der vergangenen Saison rückten die Stürmer Kramaric und Uth häufig ins Mittelfeld. Auch Kaderabek kam zuletzt immer wieder auf dem Flügel zum Einsatz. Sicherlich keine Optimallösung.
Ein Transfer von Serge Gnabry hätte Hoffenheim deshalb gut zu Gesicht gestanden. Der Nationalspieler glänzte bei Werder mit starken Dribblings und Kreativität. Gnabry erzielte zudem elf Tore selbst und könnte auch in der Sturmspitze neben Sandro Wagner eingesetzt werden. Ganz verloren scheint der Kampf um den Neu-Bayern noch nicht. Laut kicker darf die TSG durchaus auf eine Leihe des 21-Jährigen hoffen.
Im Offensiven Mittelfeld ist Hoffenheim mit den Shootingstars Amiri und Demirbay gut besetzt. Mit Max Meyer kursiert dennoch ein weiterer großer Name in der TSG-Gerüchteküche. Der Schalker wird seinen Vertrag bei den Knappen nicht verlängern. Dem kicker zufolge hätte Hoffenheim bei Meyer angeklopft, hätte Amiri die TSG in Richtung RB Leipzig verlassen. Der 20-Jährige verlängerte jedoch am Montag. Der Name Meyer ist damit womöglich vom Tisch. Neben ihm gilt auch Niklas Hauptmann von Dynamo Dresden als Wunschkandidat.
Sturm
Personal: Marco Terrazzino, Sandro Wagner, Andrej Kramaric, Mark Uth, Adam Szalai, Antonio Colak, In-Hyeok Park, Bruno Nazario
Offene Positionen: Stürmer hinter Wagner und Kramaric
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Kandidaten: Bertrand Traore, Kelechi Iheanacho, Martin Braithwaite
Situation: Elf Bundesliga-Tore, Champions-League-Qualifikation, erfolgreiches Debüt bei Jogi Löw: Für Wagner lief die abgelaufene Spielzeit ganz nach seinem Geschmack. Der Mittelstürmer ist gesetzt unter Nagelsmann. Dennoch vermied der 29-Jährige jüngst ein Treuebekenntnis zur TSG. Geht er? "Weiß ich nicht. Das weiß man im Fußball nie", sagte Wagner in seiner offenen Art im Gespräch mit der FAZ. Die Liste der bereitwilligen Abnehmer ist lang. Unter anderem winkt die Premier League.
Dass Wagner am 3. Juli zum Trainingsauftakt der TSG auf dem Platz stehen wird, ist wegen des Confed Cups wohl ausgeschlossen. Speziell in den ersten Saisonspielen wird deshalb noch mehr Verantwortung auf den Schultern von Andrej Kramaric ruhen. Der Kroate lief in der abgelaufenen Saison in allen 34 Bundesligspielen auf, kam insgesamt auf 15 Tore und gilt als einer der großen Gewinnern der letzten Saison. Auch wenn er zuletzt hier und da auf dem Flügel eingesetzt wurde, ist sein Wohnzimmer doch das Sturmzentrum.
Sind Iheanacho und Traore zu teuer?
Hinter den beiden wird es jedoch eng. Szalai überzeugte zwar als treffsicherer Sidekick, ähnelt Wagner und Kramaric jedoch zu sehr in seiner Spielweise. Uth agierte zuletzt mehr im Mittelfeld und kokettiert laut dem Fanportal effzeh.com mit einer Rückkehr zum 1. FC Köln. Kontakt habe es bereits gegeben. Terrazzino, Park und Nazario dürften keine Rolle in den Planungen von Nagelsmann spielen.
Als mögliche Neuzugänge im Sturm werden Bertrand Traore (bis 2019 bei Chelsea unter Vertrag) und Kelechi Iheanacho (bis 2021 bei Manchester City) gehandelt. Beide sind trick- und temporeich. Das Problem? Klar, das Geld. Zwar ist eine Leihe denkbar, die Spieler wollen natürlich aber auch Geld auf dem Konto sehen.
Nagelsmann deutete bereits an, keine großen Sprünge in der Gehaltsstruktur wagen zu wollen. "Da kannst du Neuzugänge nicht exorbitant anders bezahlen. Sonst kriegst du Unruhe", wird der TSG-Coach auf der Vereinshomepage zitiert. Doch ohne Griff ins höhere Regal wird eine Qualitätszunahme schwierig.
Ein Deal mit Braithwaite vom FC Toulouse scheint in dieser Hinsicht machbarer. Der 26-jährige Däne erzielte in 34 Ligue-1-Spielen elf Tore. Seine Schnelligkeit und Beidfüßigkeit könnten der TSG aber eine Ablösesumme im zweistelligen Millionenbereich abverlangen. Hoffenheim muss den Spagat zwischen CL-Qualität und angemessenem Preis hinbekommen.
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