Typisch südamerikanisch. So würde Ascacibar seinen Spielstil beschreiben, wie den seines sportlichen Vorbilds Arturo Vidal: "Er ist auf dieser Position ein perfekter, kompletter Spieler. Überragend", sagte der Youngster dem SWR.
Unter "typisch südamerikanisch" versteht Ascacibar auf seine Position im defensiven Mittelfeld bezogen: aggressiv, energisch, hart arbeitend, zweikampfstark. All das verkörpert der Argentinier und deshalb wurde El Leon (der Löwe) auch schon mit Gennaro Gattuso verglichen.
Ascacibar und Vidal im Vergleich
Zum Kaliber eines Gattuso oder Vidal fehlt Ascacibar noch einiges. Vor allem die Cleverness in der Zweikampfführung. "Ich sammle ja nicht absichtlich Gelbe Karten. Dieser Schuss Aggressivität steckt einfach in mir. Natürlich versuche ich künftig, hier und da cleverer hinzugehen, aber mein Spiel umstellen werde ich nicht", sagte Ascacibar im Interview mir der Bild. Die erste Quittung für seine teils vermeidbaren Fouls kassierte der U20-Nationalspieler bereits, als er gegen den HSV gelbgesperrt fehlte.
Doch die Anlagen für die Karriere a la Vidal hat der Argentinier durchaus. Denn wie die Daten verraten, ist der 1,67-Meter-Mann gar nicht so weit vom Chilenen des FC Bayern entfernt.
Beide gewinnen um die 57 Prozent ihrer Zweikämpfe. In Sachen Passquote übertrumpft Vidal den Löwen nur um 2,6 Prozent. Was abgefangene Bälle und Ballsicherungen betrifft ist Ascacibar sogar besser als der Aggressive Leader des FC Bayern.
Ascacibar: Von acht Mitbewohnern zu 50.000 Zuschauern
Dank dieser Qualitäten hat sich Ascacibar beim VfB bereits nach wenigen Wochen zur Stammkraft hochgearbeitet. Durch den Ausfall von Christian Gentner übernahm der Neuling sogar noch mehr Verantwortung als geplant. Ein kometenhafter Aufstieg, bedenkt man, dass der Youngster erst vor neun Monaten sein Profi-Debüt für Estudiantes La Plata im argentinischen Oberhaus gab. "Ich werde sehen, was aus dem Fußball wird, aber ohne durchzudrehen", sagte Ascacibar damals im Interview mit La Nacion. Schon zu diesem Zeitpunkt habe sich sein Leben aufgrund der steigenden Popularität enorm verändert.
Er sei doch nur ein einfacher Junge, der gerne Zeit mit seiner Familie verbringt, seine Großeltern und Freunde besucht. Bis vor seinem Wechsel ins Ländle wohnte Ascacibar noch in einem Haus mit seinen Eltern, seinen vier Brüdern und zwei Freunden. Sein liebstes Hobby war das Fischen. Jetzt spielt er im Wochentakt vor 50.000 Zuschauern.
Die Akklimatisierung hat Ascacibar schnell gemeistert, auch wenn er statt einem guten argentinischen Steak auf dem Grill wegen der Temperaturen dann doch lieber "ein gutes Buch" in die Hand nimmt, aktuell eines über Pferde. Ein echter Gaucho in einem völlig anderen Kulturkreis. Sein Landsmann Emiliano Insua erleichtert die Integration, die Sprachbarriere wird auch kleiner und kleiner.
Ascacibars Bundesliga-Debüt ließ eine schnelle Eingewöhnung ins neue Umfeld bereits erahnen, dennoch ist sie "positiv überraschend", wie Sportvorstand Michael Reschke sagte. "Das hat richtig Spaß gemacht. Der ist wie eine Nähmaschine über den Platz. Er hatte unglaublich viele Ballgewinne, ein ganz sauberes Passspiel nach vorne. Das war höchst erfreulich", schwärmte Reschke nach Ascacibars ersten 28-Bundesliga-Minuten gegen Schalke.
Ascacibar kann den VfB-Spagat
Bereits acht Mal stand er mittlerweile auf Bundesliga-Rasen. Dabei könnte er genauso gut auf den abgenutzten Holzdielen einer schäbigen Schulturnhalle in La Plata stehen. Vor dem Raketenstart schrieb sich Ascacibar an der Uni für Anthropologie ein. Er hätte sich aber auch gerne etwas mit mehr Sportbezug vorstellen können, "etwa Sportlehrer", erzählte er La Nacion. Dann doch lieber Bundesliga.
El Rusito (der kleine Russe) - den Spitznamen hat der blonde Youngster aufgrund seines Erscheinungsbildes erlangt - besticht durch sein Positionsspiel. Er verlässt seinen Raum im richtigen Moment und attackiert dann, wenn es der Gegner zulässt. Er weiß, wie er Räume zustellt, ohne die Orientierung zum Gegenspieler zu verlieren.
Er mag nicht überaus souverän wirken, verleiht seinem Team aber genau die Stabilität, die Trainer Hannes Wolf so oft schon eingefordert hat. Der "Spagat zwischen Sicherheit und Flexibilität" sei enorm wichtig. Eben diesen Spagat kann Ascacibar. Er ist durch seine einfache, doch sehr sichere Spieleröffnung nach Balleroberung der Ursprung vieler VfB-Angriffe und verschafft der Offensive durch sein schnelles Umschaltspiel Flexibilität.
Er ist der "nächste Javier Mascherano", wie Argentiniens Weltmeister von 1986, Julio Olarticoechea, das Talent bezeichnete.
Ascacibar: Albiceleste das Schönste, das es gibt
Ascacibar will von all dem Schubladen-Denken nichts wissen. "Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, ich kann mich doch nicht ernsthaft mit Mascherano vergleichen", sagte der Youngster zu FIFA.com. Dennoch träumt er natürlich von einer auch nur annähernd so erfolgreichen Karriere. Vor allem das Trikot der Albiceleste reizt den U20-Kapitän.
"Maradona sagte das schon und er hatte Recht: Der große Traum eines jeden Spielers sollte es sein, in der Nationalmannschaft zu spielen", schwärmte Ascacibar im Gespräch mit La Nacion. Das blau-weiße Trikot zu tragen sei das Schönste, das es gibt. Überzeugt er weiterhin derart, könnte der 20-Jährige schon bald sein Debüt für die A-Nationalmannschaft geben.
"Vielleicht schaffe ich es bis zur WM ja noch, mich in die Nationalelf zu spielen", sagte er im Bild-Interview. Die Trainer hätten ihn auf dem Radar.
Ascacibar: Dient Stuttgart nur als Sprungbrett?
Solange Ascacibar nur auf dem Radar und nicht auf der Gehaltsliste anderer Trainer landet, dürften sich die VfB-Fans einiger Erfolgserlebnisse mit dem Sechser erfreuen. Wie lange der VfB von seinen Qualitäten noch zehren kann, ist fraglich. Er sei in erster Linie hier, um sich weiterzuentwickeln, sagte er der Bild.
Ascacibar hat zwar einen Vertrag bis 2022 unterzeichnet, wurde aber bereits vor seiner Entscheidung für die Bundesliga von hochkarätigeren Teams beobachtet. Barca, Atletico, verschiedene italienische Top-Klubs - viele Mannschaften finden Gefallen am Spagat des kleinen Russen.