Trainerbeben beim BVB: Peter Stöger gibt den Feuerwehrmann deluxe

SID
Peter Stöger ist neuer BVB-Trainer
© getty

Im September gefeiert, im Dezember gefeuert: Borussia Dortmund hat nach einem beispiellosen Absturz von der Tabellenspitze seinen Trainer Peter Bosz nach 163 Tagen erwartungsgemäß entlassen und den erst vor Wochenfrist beim Liga-Schlusslicht 1. FC Köln beurlaubten Peter Stöger als "Feuerwehrmann" (oder vielleicht mehr) verpflichtet.

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Einen Tag nach der 1:2 (0:1)-Heimpleite gegen Abstiegskandidat Werder Bremen bestätigte Borussias Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke am Sonntagmittag um 12 Uhr nach einem "sehr emotionalen und sehr stilvollen Gespräch am Samstagabend" die sofortige Trennung von Bosz: "Mit Ausnahme der Ergebnisse war die Zusammenarbeit mit Peter Bosz großartig, und dafür bedanken wir uns", verabschiedete Watzke den 54-Jährigen nach einer wochenlangen Hängepartie.

Stöger, der kurzfristig aus Wien nach Dortmund gereist war, übernimmt den Pokalsieger allerdings zunächst nur bis zum Saisonende. Medienspekulationen zufolge wollen sich Watzke und Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc bemühen, danach Aufsteiger Julian Nagelsmann vom Ligakonkurrenten 1899 Hoffenheim an den Borsigplatz zu locken.

Watzke: "Extreme Situation"

"Das ist für mich auch eine überraschende Situation, aber auch eine außergewöhnliche Möglichkeit", sagte Stöger bei seiner Vorstellung. Den nur einwöchigen Abstand zu seiner Freistellung in Köln sieht der neue BVB-Coach nicht als Problem: "Es ist ja nicht so, dass ich ausgebrannt oder leer gewesen wäre."

Stöger soll ab dem nächsten Ligaspiel am Dienstag (20.30 Uhr im LIVETICKER) beim FSV Mainz 05 die von seinem Vorgänger über Wochen vergeblich versuchte Trendwende einleiten.

"Eine solch extreme Situation mit 19 Punkten aus den ersten sieben Spielen und dann nur noch drei aus den nächsten acht haben wir auch noch nicht erlebt. Er soll jetzt erst einmal Punkte holen, das ist das entscheidende Thema", sagte Watzke.

Längere Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen

Der BVB-Boss wollte trotz des vorläufigen Vertrags mit Stöger eine längerfristige Zusammenarbeit mit dem 51-Jährigen nicht ausschließen: "Wir haben ja lange keine Erfahrung mehr damit, mitten in einer Saison einen Trainer zu wechseln. In Stein gemeißelt ist aber gar nichts. Für beide Seiten war wichtig, sich zunächst bis zum 30. Juni zueinander zu bekennen."

Stöger jedoch kann offenbar gut mit seiner Rolle als "Zeitarbeiter" leben: "Ich brauche keinen Rentenvertrag. Ich möchte bis Sommer etwas aufbauen. Als Trainer wird man in ziemlich kurzen Abständen bewertet, das ist für mich überhaupt kein Problem. Ich hätte auch 14 Tage trainiert."

Nach über vier Jahren in Köln sieht der neue BVB-Trainer seine wichtigste Aufgabe vorerst in der Aufrichtung der vollkommen verunsicherten Mannschaft. "Es wird in erster Linie darum gehen, über die aktuellen Probleme zu sprechen. Wir wollen etwas Empathie in die Gruppe bringen", sagte Stöger zum Programm bis zum Gastspiel in Mainz.

Bremen-Heimspiel brachte das Fass zum Überlaufen

Der "High noon" für Bosz, der erst zu Saisonbeginn nach dem Zerwürfnis zwischen der BVB-Spitze und seinem Vorgänger Thomas Tuchel von Europa-League-Finalist Ajax Amsterdam zu den Schwarz-Gelben gewechselt war, erschien spätestens nach dem neuerlichen Tiefschlag gegen Bremen unvermeidlich.

Nach der völlig enttäuschenden Vorstellung der hochambitionierten Westfalen im achten Bundesliga-Spiel ohne Sieg hintereinander rutschte der BVB mit drei Punkten Rückstand auf den vierten Champions-League-Platz aus den Europacup-Rängen heraus.

Dortmunds zwischenzeitlicher Vorsprung als Spitzenreiter auf Champion Bayern München hat sich mittlerweile in 13 Zähler Rückstand auf den Herbstmeister verwandelt. Unter Bosz stieg Dortmund außerdem in der Champions League ohne Sieg und mit nur zwei Punkten in die Europa League ab.

Schmelzer: "Der Trainer ist die ärmste Sau!"

Die Trennung von dem Niederländer hatte sich angesichts der Ratlosigkeit über die anhaltende Erfolglosigkeit schon unmittelbar nach dem Nackenschlag gegen Bremen abgezeichnet.

"Das kotzt mich an, das geht mir tierisch auf den Sack. Das war eine absolute Frechheit. Der Wahnsinn", sagte Kapitän Marcel Schmelzer sichtlich angefressen. "Seit Wochen sage ich, wir sollen nicht nur reden, sondern endlich Taten folgen lassen. Dann treten wir hier so auf. Wahnsinn!", schimpfte Schmelzer weiter und war kaum zu bremsen: "Ich verstehe nicht, wie solch eine Leistung in so einem Spiel passieren kann. Das war richtig kacke. Der Trainer ist die ärmste Sau!"

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