Wenn Borussia Dortmund am 22. Spieltag den Hamburger SV empfängt (Sa., ab 15.30 im LIVETICKER), gehen die Rothosen von Trainer Bernd Hollerbach als krasser Außenseiter in die Partie - mal wieder. Allerdings konnte der HSV in den letzten Jahren schon mehrfach für die ganz große Überraschung sorgen. SPOX blickt zurück.
Es ist das torreichste Duell der Bundesliga-Geschichte: Genau 361 Tore fielen in 101 Partien zwischen dem Schwarz-Gelben und den Rothosen. Die Fans im Signal-Iduna-Park können sich also auf jede Menge Spektakel freuen.
Dabei dürften die Dortmunder Fans deutlich entspannter in die Partie gehen. Schaut man sich die Statistiken an, ist der 500. Sieg des BVB in der Bundesliga sehr viel wahrscheinlicher als die 150. Niederlage. Schließlich ist man seit dem Amtsantritt von Peter Stöger seit sechs Spielen ungeschlagen - auch wenn im Kombinationsspiel noch einiges hakt. Michy Batshuayi hat am 21. Spieltag einen perfekten Einstand gefeiert, mit nur noch einem Punkt Rückstand auf Platz zwei sieht die Welt gleich ein bisschen freundlicher aus.
Auf der Gegenseite hat sich Bernd Hollerbach auf der Suche nach dem ersehnten Dreier einen alten Weggefährten ins Team geholt: Ex-HSV-Spielmacher Rodolfo Esteban Cardoso verstärkt den Trainerstab des HSV. Vielleicht kehrt mit ihm ja das Glück zurück. Was Hollerbach sehr gut brauchen könnte. Kaum zu glauben, aber der Interimscoach wartet, wenn man seine Zeit bei den Würzburger Kickers mit dazu nimmt, schon seit 19 Spielen auf einen Sieg (9 Remis, 10 Niederlagen). In der Fremde hat der Dino seit dem zweiten Spieltag (3:1 in Köln) nicht mehr gewinnen können.
Die jüngsten Ergebnisse gegen den BVB lassen schlucken: Die letzten vier Partien gingen allesamt verloren, und zwar deutlich. Dreimal hieß es dabei 0:3, einmal schoss man beim 2:5 immerhin ein paar Tore.
Und trotzdem reisen die hanseatischen Schlachtenbummler mit einer kleinen Portion Selbstvertrauen im Gepäck ins Ruhrgebiet. Schließlich haben die Hamburger gerade gegen die Borussia in den letzten Jahren den einen oder anderen eindrucksvollen Sieg gefeiert - und das auch dann, wenn damit eigentlich überhaupt nicht zu rechnen war. BVB vs. HSV - da war doch was ...?
15. August 2009: Hamburger SV - Borussia Dortmund 4:1 (3:1)
Gut, auf dem Papier war es damals sogar noch ein Spiel auf Augenhöhe: Den fünften bzw. sechsten Platz hatten die beiden Teams am Ende der vergangenen Saison belegt, am 2. Spieltag kam es zum Kräftemessen. Ein Gleichgewicht der Kräfte war es allerdings nicht: Angeführt von den beiden Neuzugängen Ze Roberto und Eljero Elia spielte der HSV seinen Gegner an die Wand, nach gerade mal zwölf Minuten stand es bereits 3:1.
"Ich habe ein Tor gemacht. Es war ein super Tag", erinnerte sich Publikumsliebling Ze Roberto, im Alter von 34 für vier Millionen Euro gekommen, an die Performance unter Coach Bruno Labbadia. So stark trumpfte Hamburg auf, dass man im Anflug völliger Euphorie sogar von der Meisterschaft träumte. Es wurde am Ende der siebte Platz. Besser war man seitdem nicht mehr ...
22. September 2012: Hamburger SV - Borussia Dortmund 3:2 (1:0)
Viel einseitiger geht es nicht: Der zweifache Titelverteidiger reiste aus Dortmund in den hohen Norden, mit 7 Punkten aus den ersten drei Saisonspielen im Gepäck. Hamburg hatte die Saison 11/12 seinerseits auf Rang 15 beendet und grüßte punktlos vom 17. Platz. Aber es dauerte keine zwei Minuten, da netzte BVB-Schreck Heung-Min Son schon nach van der Vaarts Flanke ein.
Der Holländer war es auch, der nach Perisics Ausgleich kurz nach dem Seitenwechsel das 2:1 vorbereitete - bevor Son ein unglaubliches Solo von der Mittellinie hinlegte und Weidenfeller mit einem Schlenzer ins lange Ecke überwand. Die Gäste verkürzten umgehend und rannten die letzten 30 Minuten wütend an, aber mit mehr Glück als Verstand brachte der HSV den Dreier über die Zeit - und Dortmund eine Schramme ein, die man so schnell nicht überwinden sollte. 31 Spiele war die Elf von Jürgen Klopp zuvor ohne Niederlage geblieben.
9. Februar 2013: Borussia Dortmund - Hamburger SV 1:4 (1:2)
Im Rückspiel wollte Dortmund, zu diesem Zeitpunkt Tabellenzweiter, die Scharte gegen den HSV auswetzen. Mit vier Siegen in Folge im Gepäck empfing man den HSV, der mit Badelj und Arslan auf sein defensives Mittelfeld verzichten musste. Stattdessen kassierte man eine noch üblere Abreibung als im Hinspiel - und wieder war es Son, den die Defensive nicht in den Griff bekam.
Dabei war der BVB durch Robert Lewandowski sogar noch in Führung gegangen, doch nach dem Ausgleich durch Rudnevs ließ Son seinen Verteidiger stehen und drosch vom Strafraumeck ein absolutes Traumtor ins lange Eck. Schnell, direkt, variabel - damit kam der Favorit nicht zurecht.
Als Lewandowski wegen groben Foulspiels die Rote Karte sah, war das Ding eigentlich durch, obwohl Bruma mit einer Notbremse wieder auf personellen Gleichstand stellte. Rudnevs legte noch einen Treffer nach, in den Schlusssekunden schob Son zum Doppelpack ein.
"Unglaublich. Wir haben das gefeiert wie die Meisterschaft", jubelte van der Vaart anschließend. Klopp war nur noch bedient: "Heute ist alles komplett gegen uns gelaufen. Es gehört zum Fußball dazu, dass man solche scheiß Tage erlebt, aber man könnte komplett auf sie verzichten."
22. Februar 2014: Hamburger SV - Borussia Dortmund 3:0 (1:0)
Dieses Mal trat der Tabellendritte beim Vorletzten an. Der BVB hatte seine letzten drei Ligaspiele mit insgesamt 11:2 Toren gewonnen, auf der anderen Seiten hatte der HSV nach sieben Pleiten in Folge gerade den Trainer getauscht und Bert van Marwijk durch Mirko Slomka ersetzt. Der hatte fünf Tage Zeit, um seine Truppe nach einer 2:4-Niederlage in Braunschweig aufzubauen. Slomka tauschte sechs Spieler in der Startelf aus und setzte auf zwei Viererketten.
Es wurde ein Traumeinstand. Nachdem die Fans mit einer Choreographie für den verstorbenen Kult-Masseur Hermann Rieger für Gänsehaut gesorgt hatten, brachten Jiracek und Lasogga die Hanseaten in Front. Klopp brachte zwar noch den für die Champions League geschonten Reus, doch der HSV war nicht zu knacken. Den Schlusspunkt setzte Hakan Calhanoglu mit einem Freistoß aus 40 Metern. Weidenfeller, der auf eine Mauer verzichtet hatte, sah gegen den Flatterball ganz alt aus.