Marco Reus verlängert seinen Vertrag beim BVB langfristig: Das Zeichen der Legende

Jochen Rabe
09. März 201822:04
Marco Reus hat seinen Vertrag bei Borussia Dortmund bis 2023 verlängert.getty
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Marco Reus hat mit seiner Vertragsverlängerung bei Borussia Dortmund in einer schwierigen Zeit ein Zeichen gesetzt. Vom Leistungsträger katapultiert er sich damit beim BVB in den Legendenstatus. Aus Vereinssicht ist der Deal ein klares Signal für die Zukunft - aber birgt er auch ein Risiko?

Am Freitag herrschte Katerstimmung in Dortmund. Der Schädel war nach der Europapokal-Niederlage gegen Salzburg im heimischen Stadion noch schwer.

Die Erkenntnis, dass die individuelle Klasse gegen den Matchplan der Österreicher nicht gereicht hat, tat weh. Sollte die häufig thematisierte spielerische Armut der letzten Wochen eben doch nicht mit nackten Ergebnisse weggewischt werden können? Diese Angst wurde dem BVB in allen Schlagzeilen vor Augen geführt. In allen Zeitungen, auf allen Online-Portalen, in allen Talkrunden.

Den ohnehin vorhandenen Kopfschmerz minderten die Analysen und Prognosen, die überall zu lesen und zu hören waren, jedenfalls nicht.

Auch Peter Stöger konnte die Stimmung bei der Spieltags-PK vor dem Duell mit Eintracht Frankfurt nicht entscheidend drehen. "Vielleicht ist es für den einen oder anderen auch schwierig, ständig kritisiert zu werden, obwohl sie seit Dezember kein Meisterschaftsspiel mehr verloren haben", klagte er unter anderem.

Irgendwie schien der Wurm drin zu sein. Nicht der beste Tag für Schwarz-Gelb.

Vertragsverlängerung von Marco Reus bis 2023

Eine Meldung schaffte am frühen Freitagabend das, was Stöger zuvor nicht gelungen war: die Stimmung komplett zu drehen. Und der BVB gab sie in kleinen Häppchen heraus.

Zuerst stand ein Video um 17.16 Uhr. Ein Aufzug, Norbert Dickel steigt ein, kurz danach kommt Marco Reus hinzu. Ein kurzer, amüsant geschauspielerter Dialog. Dann die entscheidende Frage von Reus: "Und, wie lang musst du?" "Bis 19 Uhr", antwortet Dickel und stellt die gleiche Frage zurück. Im Vorbeigehen klopft er dem Kult-Stadionsprecher auf die Schulter und sagt "bis 2023".

Wenige Minuten später folgte ein Tweet, der lediglich aus einem Hashtag bestand: #Reus2023. Nicht mehr wirklich ein Rätsel, was dieser zu bedeuten hatte.

Um 17.24 Uhr stand es schließlich gelb auf schwarz auf der Vereinshomepage. "Marco Reus verlängert Vertrag langfristig bis 2023", war die Schlagzeile, ein Bild von drei hochzufriedenen Gesichtern darunter: Hans-Joachim Watzke, Marco Reus und Michael Zorc bei der Unterzeichnung des neuen Vertrags.

Reus-Verlängerung zum perfekten Zeitpunkt für den BVB

"Seit 2012 trage ich das Trikot der Borussia. Ich bin glücklich und stolz, heute verkünden zu können, dass ich es auch weiterhin tragen werde", sagte Reus.

Aus BVB-Sicht war es an diesem bis dahin durchwachsenen Tag die bestmögliche Schlagzeile. Die Verlängerung der Identifikationsfigur, des Leistungsträgers ist ein dickes Ausrufezeichen in einer schwierigen Phase.

Mit dem perfekten Zeitpunkt für solch einen Schritt kennt sich Reus aus: Seine letzte Verlängerung gab er im Februar 2015 bekannt. Damals stand der BVB in der letzten Saison unter Jürgen Klopp auf dem 18. Tabellenplatz.

Seinerzeit schoss Reus in den nächsten drei Spielen gegen Mainz (4:2), Stuttgart (3:2) und Schalke (3:0) jeweils ein Tor und leitete die Wende neben dem emotionalen Zeichen der Vertragsverlängerung auch sportlich mit ein. Bis Saisonende verlor Dortmund nur noch zwei Spiele (gegen Bayern und Wolfsburg) und schloss auf dem siebten Tabellenplatz ab.

BVB in schwieriger Lage

Drei Jahre später ist die Situation zugegebenermaßen nicht ganz so verheerend. Als Tabellendritter ist der BVB nach wie vor auf Champions-League-Kurs und das Ausscheiden im Achtelfinale der Europa League ist trotz der 1:2-Heimniederlage gegen Salzburg alles andere als sicher. Aufgrund der Diskussionen um die biedere Spielweise und des leichten Abwärtstrends zuletzt kann ein Zeichen dennoch nicht schaden.

Bereits während seiner langen Verletzungspause, die Reus mehr als die Hälfte der laufenden Saison kostete, hatte er sich mit einer Verlängerung beschäftigt. Aber sich eben noch nicht dazu durchringen können.

Einerseits spielte die Abwägung eine Rolle, ob Reus nicht doch noch einmal zu einem noch größeren Verein wechseln wolle: "Es gibt schon international vier, fünf Vereine, die mich reizen - das ist doch klar. Am 31. Mai 2019 werde ich 30 Jahre alt. Das wäre dann mein letzter großer Vertrag und meine letzte Möglichkeit, noch einmal etwas anderes auszuprobieren", sagte er öffentlich über seine Gedankenspiele.

Reus kehrte nach Verletzungspause stark zurück

Andererseits war es ihm auch wichtig, erst einmal wieder auf den Rasen zurückzukehren. Seitdem er das am 10. Februar nach einer Verletzungspause von 259 Tagen tat, überzeugte er sofort wieder. Er präsentierte sich als Ausnahmekönner und spielte, als wäre er nie weg gewesen. In vier Wochen erzielte er drei Tore und bereitete zwei weitere direkt vor.

Es hätte auch ein Bewerbungsschreiben für einen letzten dicken Vertrag bei einem internationalen Topklub sein können. Weil sein bisheriges Arbeitspapier 2019 ausgelaufen wäre, hätte der BVB Reus im Sommer verkaufen müssen, um noch eine Ablösesumme zu generieren.

Dembele, Aubameyang und Co. als warnende Beispiele

Doch mittlerweile ist das alles Konjunktiv. Denn anders als in den letzten Jahren unter anderem Mario Götze, Robert Lewandowski, Henrikh Mkhitaryan, Mats Hummels, Ilkay Gündogan, Ousmane Dembele oder Pierre-Emerick Aubameyang entschied sich Reus gegen die vermeintlich größere Aufgabe.

Die Verlängerung beim BVB könnte den Nationalspieler vom ohnehin schon vorhandenen Status als Identifikationsfigur in den einer Legende katapultieren.

"Dortmund ist meine Heimat, der BVB ist mein Verein", begründete Reus seine Entscheidung und fügte hinzu: "Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, in Schwarz und Gelb aufzulaufen und für diesen Klub zu spielen. Aus tiefster Überzeugung möchte ich mit dieser Unterschrift ein klares Zeichen für die Zukunft setzen."

Marco Reus' Karrierestationen

VereinJahr
Borussia Dortmundseit 2012
Borussia Mönchengladbach2009 - 2012
Rot Weiss Ahlen (U17/U19/Profis)2005 - 2009
Borussia Dortmund (Jugend/U17)1995 - 2005

Reus-Verlängerung als "Dankeschön an die Fans"

Zudem sei die Verlängerung "auch ein Dankeschön an unsere fantastischen Fans, die immer zu mir gehalten haben. Dass mich der BVB mit Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc an der Spitze auch in nicht so leichten Zeiten immer wieder unterstützt hat, hat meine Entscheidung zusätzlich positiv beeinflusst."

Auch die Verantwortlichen waren hochzufrieden: "Er ist der Eckpfeiler unserer Offensive und darüber hinaus ein prägendes Gesicht unseres Vereins", sagte Zorc. Watzke schwärmte ebenfalls: "Wir sind sehr glücklich darüber, dass sich Marco - obwohl die besten Klubs der Welt ihm in der Vergangenheit immer wieder Offerten gemacht haben - dazu entschlossen hat, seinen Vertrag vorzeitig und sehr langfristig zu verlängern. Dieser Spieler zeigt ein Höchstmaß an Identifikation, auf das wir sehr stolz sind."

Besonders nach den unschönen Fällen Dembele und Aubameyang, die ihren Abgang durch Druck auf den Verein erzwungen hatten, ist die Verlängerung von Reus ein umso wichtigeres Zeichen des BVB, dass es eben doch möglich ist, seine Leistungsträger zu halten.

Marco Reus hat seinen Vertrag bei Borussia Dortmund bis 2023 verlängert.getty

Geht der BVB mit der Reus-Verlängerung Risiko?

Die Dortmunder gehen mit diesem langfristigen Deal All-in - wohlwissend, dass er nicht komplett ohne Risiko ist. Aufgrund zahlreicher Verletzungen machte Reus in den vergangenen Jahren nämlich bei weitem nicht alle Spiele. Eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren könnte bei einem so verletzungsanfälligen Akteur im Worst Case zur Belastung werden.

Der BVB nimmt dieses Risiko jedoch in Kauf. Mit Recht: Der Wert des Nationalspielers geht nämlich weit über nackte Kennzahlen hinaus. Nach innen und nach außen.

In Verletzungszeiten hatte er einen hohen Wert für die Mannschaft, er ist Wortführer und Vorbild für die jungen Spieler. Nach außen repräsentiert er den Verein und das Geniale. Darüber hinaus ist er das Gesicht des Anteilseigners Puma. Der BVB unterschrieb nicht nur einen sportlichen, sondern auch einen PR-Vertrag.

Genau diese Rechnung ging bereits am Freitag auf. Aus zahlreichen düsteren Schlagzeilen machte Reus nämlich auf einen Schlag positive. Begonnen mit einem Video, das zeigt, dass er zumindest an seinem Schauspiel noch arbeiten muss.