Was passiert mit den Spielern, die das jetzt nicht gut bewältigen können?
Fischer: Sie werden keine Leistung bringen. Wenn ich es ganz hart formulieren wollte, würde ich sagen, dass durch Corona im Sport eine Selektion stattfindet. Auch innerhalb einer Mannschaft wird es spannend zu sehen sein, wie sich Hierarchien verschieben. Viele Hierarchien innerhalb eines Teams sind ja auch aufgesetzt und nicht natürlich gebildet worden. Aber jetzt wird sich zeigen, wer wirklich die Leader sind. Das wird alles rausgefiltert, wenn die äußeren Einflüsse wegfallen.
Sie haben einmal gesagt, dass alle Weltklasse-Athleten hochbegabt sind.
Fischer: Mit Hochbegabung meinte ich nicht, dass die in der Schule nur Einser schreiben. Es gibt sehr viele verschiedene Intelligenzen, Hochbegabung hat viele Facetten. Was alle gemeinsam haben, ist aber eine andere Denkstruktur. Oft sind Hochbegabte ja schwierige Menschen, in positiver aber auch in negativer Hinsicht. Menschen, die ein bisschen anders ticken.
Haben diese in der Coronakrise dann auch einen Vorteil?
Fischer: Nur wenn die Hochbegabung auch gefördert wird in dieser Zeit. Sonst bringt sie ihnen nichts. Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn Sie einen Ferrari haben, aber nur in 30er-Zonen fahren können, geht das Ding irgendwann aufgrund von Unterforderung kaputt. So ist es bei Spitzensportlern auch. Da drohen dann keine Burnouts, sondern Boreouts. Langeweile aufgrund anhaltender Unterforderung.
Hoger Fischer: "Ich bin davon überzeugt, dass Spieler überraschend wegkippen werden"
Kann es sein, dass sich Weltranglisten in der Zeit nach Corona anders entwickeln? Dass plötzlich andere Spieler stärker werden?
Fischer: Das würde mich nicht überraschen. Ich bin davon überzeugt, dass Spieler überraschend wegkippen werden, bei denen man das nicht gedacht hätte. Und dass andere dafür plötzlich da sein werden, bei denen man das nicht erwartet hätte. Starke Persönlichkeiten werden nach vorne kommen.
Was raten Sie denn Sportlern, die sich aktuell wie in einem schlechten Science-Fiction-Film fühlen?
Fischer: Das wichtigste Ziel sollte es sein, sich Aufgaben zu suchen. Sich vor allem für Neues zu öffnen. Spaß für etwas Neues zu entwickeln. Das kann das Erlernen einer neuen Sprache sein, oder der Beginn eines Fernstudiums. Oder eben ein neues Hobby im Sportbereich. Aber irgendwas muss angepackt werden. Je vielfältiger du außerhalb des Platzes aufgestellt bist, desto einfacher fällt es dir, auf dem Rasen oder dem Court Leistung zu bringen. Weil es dann nicht mehr die Rolle spielt, ob du eine Fünf bekommen hast in den Medien.
Abschließend: Es wird viel darüber gesprochen, wie eine Saison zu Ende gebracht werden könnte. Eventuell müssten auch viele Spiele innerhalb kürzester Zeit absolviert werden. Wäre das ein Problem?
Fischer: Da sehe ich überhaupt keine Schwierigkeit, selbst drei oder vier Spiele in einer Woche wären kein Problem. Wie lange ich brauche, um mich zu regenerieren, hängt ganz entscheidend von den äußeren Faktoren ab. Wir sehen das auch immer bei Einzelsportlern, die ein Grand Slam im Tennis oder ein Major im Golf gewinnen. Danach treffen manche von ihnen ein paar Wochen keinen Ball mehr, weil sie so ausgelaugt sind. Genauso ist es, wenn ich vor 80.000 Zuschauern spiele und da meine Droge kriege. Fällt das aber alles weg, regeneriere ich auch viel schneller.