Kommentar zu den Entlassungen bei Hertha BSC: Das erbärmlichste Fußball-Projekt Europas

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© Boris Streubel/Getty Images

Hertha BSC spielt eine enttäuschende Bundesligasaison, steckt im Abstiegskampf und hat nun Trainer Bruno Labbadia sowie Manager Michael Preetz entlassen. Eine folgerichtige Entscheidung, die das Image des taumelnden Vereins jedoch zugleich weiter beschädigt. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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Nach dem Rücktritt von Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC im Februar 2020 hatte SPOX einen Kommentar veröffentlicht. Die Überschrift lautete: "Die Lachnummer der Liga". Seitdem ist nun bald ein Jahr vergangen und auch wenn Schalke 04 in dieser Zeit einiges dafür tat, diesen Titel für sich zu reklamieren, haben ihn sich die Berliner weiter verdient.

Hertha spielt eine absolut enttäuschende Bundesligasaison. Nach 18 Spieltagen mit 17 Punkten und Platz 14 beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz nur zwei Zähler - dabei wurden in den vergangenen anderthalb Jahren rund 150 Millionen Euro in den Kader gesteckt.

Die am Sonntag verkündete Entscheidung, sich von Trainer Bruno Labbadia sowie vom langjährigen Manager Michael Preetz zu trennen, war somit folgerichtig. Labbadia war dabei allerdings lediglich das aktuelle Symptom der unzureichenden Arbeit, die Preetz seit geraumer Zeit verrichtete.

Der ehemalige Hertha-Spieler, der in seinen ersten drei Jahren als Manager zwei Abstiege überlebte und insgesamt 14 Trainer in zwölf Jahren verschliss, lag mit seinen Urteilen zuletzt immer häufiger grandios daneben. Das betraf die Kaderplanung - Herthas Team tritt nicht als Mannschaft auf, eine stabile Achse an Führungsspielern fehlt - und die Trainerfindung gleichermaßen.

Hertha BSC: Preetz-Entlassung war alternativlos

Es ist die Ironie des Schicksals, dass die Berliner nun Pal Dardai zurückholen wollen, um in der laufenden Spielzeit das Schlimmste abzuwenden. Freilich denselben Dardai, den Preetz vor zwei Jahren und vier Trainern vor die Tür setzte, weil die Mannschaft seiner Meinung nach attraktiver spielen müsse. Preetz jetzt nicht auch noch den nächsten Coach aussuchen zu lassen, war alternativlos.

Dennoch strahlen die Entscheidungen vom Sonntag natürlich auch auf die Gesamtlage des Klubs aus, dessen Image damit immer weiter beschädigt wird. Aus dem "spannendsten Fußball-Projekt Europas", wie es Klinsmann ausdrückte, ist ein erbärmliches geworden. Hertha liegt am Boden.

Dass nun der erst seit 55 Tagen als Vorsitzender der Geschäftsführung tätige Carsten Schmidt mitten in der Saison großflächig innerhalb eines taumelnden Vereins eingreifen muss und einen Plan verabschieden will, der die "restlichen 16 Spiele plus die Zukunftsgestaltung" beinhaltet, ist alles andere als ein idealer Startpunkt.

Hertha und der Neustart - ein ambitioniertes Unterfangen

Schmidt rief zudem für den Sommer einen Neustart "in der Gesamtsituation des Klubs für die Zukunft" aus, doch gerade dieses Unterfangen erscheint nach den Eindrücken der vergangenen eineinhalb Jahre sehr ambitioniert. Zahlreiche Indiskretionen, die den Weg in die Medien fanden, die weiter undurchsichtige Rolle von Investor Lars Windhorst, eine geringe Leistungskultur im sportlichen Bereich, eine fehlende übergeordnete Philosophie - das sind nur Auszüge der Unzulänglichkeiten, die bei Hertha im Argen liegen.

Deren Aufarbeitung wird gewiss nicht im Hauruck-Verfahren vonstatten gehen können. Hertha BSC muss bald viele richtige Entscheidungen treffen, um mit Windhorst im Rücken die gewollte neue Ära einzuleiten und daraus eine langfristige Stabilität zu entwickeln.

Aktuell ist der Verein nicht sexy und attraktiv, sondern nur reich und erfolglos.

Hertha BSC: Die nächsten Spiele

DatumUhrzeitWettbewerbGegner
30. Januar15.30 UhrBundesligaEintracht Frankfurt (A)
5. Februar20.30 UhrBundesligaBayern München (H)
13. Februar15.30 UhrBundesligaVfB Stuttgart (A)
21. Februar15.30 UhrBundesligaRB Leipzig (H)
27. Februar15.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (A)