Beim FC Bayern München überragt beim ersten Titelgewinn der Saison, dem am Ende unnötig wilden 5:3 gegen RB Leipzig im Supercup, vor allem ein DFB-Jungstar. Konrad Laimer ließ den Beweis vermissen, wie er Bayern helfen könnte.
Jamal Musiala muss immer spielen
40 Spiele hat Jamal Musiala in der vergangenen Saison wettbewerbsübergreifend gemacht, dabei acht Tore erzielt und sechs vorbereitet. Keine üble Ausbeute für einen gerade mal 19-Jährigen. Aber: Lediglich 18-mal stand der vornehmlich in England aufgewachsene Dribbler in der Startelf.
Obwohl die großen Qualitäten Musialas außer Frage stehen und Trainer Julian Nagelsmann den kreativen und im Grunde auf allen nicht zu defensiven Positionen einsetzbaren Nationalspieler sehr schätzt, schien eigentlich nicht allzu viel dafür zu sprechen, dass sich an Musialas Zustand als Edeljoker grundlegend etwas ändern würde in der neuen Saison.
Da wäre zum einen die enorme Konkurrenz in Bayerns Mittelfeld und Offensive, die durch die Zugänge von Ryan Gravenberch, Mathys Tel und Sadio Mane nicht kleiner wurde. Aber da wäre eben auch die besondere Fähigkeit Musialas, keine Eingewöhnungszeit auf dem Rasen zu brauchen. Steht er auf dem Platz, ist sofort Alarm.
Aber: Weitere Gala-Auftritte wie gegen Leipzig würden seinen Trainer Julian Nagelsmann dann doch in arge Erklärungsnöte zu bringen, sollte Musiala auch dann noch vor allem Einwechselspieler sein. "Jamal muss man hervorheben, er hat es unfassbar gut gemacht. Das war heute Weltklasse", sagte Nagelsmann nach dem unnötig wilden 5:3 gegen Leipzig und betonte: "Wenn er so spielt, ist er nicht aus der Mannschaft wegzudenken."
FC Bayern: Julian Nagelsmann muss Spielern Schmerzen zufügen
Als Musiala in Leipzig nach einer guten Stunde ausgewechselt wurde, stand es 3:0 für die Bayern, an ihm lag es am allerwenigsten, dass die Partie am Ende unnötig wild wurde. Musiala war an allen drei Treffern der Münchner in der ersten Halbzeit entscheidend beteiligt gewesen:
- Sein präziser und technisch anspruchsvoller Schlenzer von der rechten Strafraumseite links ins Tor zum 1:0 war umso höher einzuschätzen, als seine Sicht zum Tor beinahe komplett verdeckt und auch die Schussoptionen sehr gering gewesen waren. Die errechnete Wahrscheinlichkeit, dass er aus jener Position treffen würde, lag gerade mal bei 0,11.
- Musialas Steckpass vor dem 2:0 ging einmal durch die gesamte Verteidigungslinie und öffnete dem freilich sträflich allein gelassenen Serge Gnabry die Bahn für die direkte Vorlage für Sadio Manes Premierentor für den FC Bayern München.
- Das 3:0 von Benjamin Pavard bereitete Musiala dann wieder nach einem Wackler, der den Nationalmannschaftskollegen Lukas Klostermann komplett alt aussehen ließ, selbst vor.
Doch auch im Spiel gegen den Ball, auch aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen nicht unbedingt seine Stärke, überzeugte Musiala seinen Trainer in Leipzig. "Mit dem Ball ist er sowieso herausragend, aber auch defensiv hat er an Verlässlichkeit hinzugewonnen. Er hat auch da toll mitgemacht", sagte Nagelsmann. In der Tat gewann kein Spieler auf dem Platz mehr Bälle im Angriffsdrittel als Musiala (insgesamt vier), auch neun gewonnene Zweikämpfe nach Messung von StatsPerform sind Bestwert, allerdings verlor er auch acht Duelle.
Sollte Nagelsmann der gegen Leipzig angewandten 4-2-2-2-Grundordnung treu bleiben, wäre Musialas natürliches Habitat weiterhin eine der zwei Spielmacherpositionen an der Seite von Thomas Müller. Spannend würde es werden, wenn Nagelsmann sich irgendwann gezwungen fühlen sollte, zwischen dem in Leipzig sehr ordentlichen Müller und Musiala entscheiden zu müssen. Auch um Leroy Sane, der in Leipzig lange auf der Bank saß, zu Einsätzen kommen zu lassen. Momentan spricht eher wenig dafür, dass er mit seiner Entscheidung bei Musiala für Schmerz sorgen wird.
FC Bayern: Auftaktprogramm Bundesliga
Spieltag | Datum | Gegner |
1. | 5.8., 20.30 | Eintracht Frankfurt (A) |
2. | 14.8., 17.30 | VfL Wolfsburg (H) |
3. | 21.8., 17.30 | VfL Bochum (A) |
4. | 27.8., 18.30 | Mönchengladbach (H) |
5. | 3.9., 15.30 | Union Berlin (A) |
Bayern München braucht Konrad Laimer nicht
Achtung, Konjunktiv: Hätten die Bayern die Metamorphose vom total kontrollierten Spiel zur wilden Zitterpartie in der zweiten Halbzeit verhindern können, wenn Konrad Laimer bei ihnen auf der Sechs gestanden wäre?
Das Interesse des Rekordmeisters am zentralen Mittelfeldspieler der Leipziger ist verbrieft, RB-Boss Oliver Mintzlaff wirkte am Rande des Supercups auch mehr als gesprächsbereit, drängte auf eine schnelle Entscheidung und lobte bei Sky auch die Dynamik des Österreichers und dessen Qualitäten als Balldieb und Antreiber.
Das tat Mintzlaff sogar nach dem Spiel, bei dem Laimer freilich eher so gewirkt hatte, als ob er Negativwerbung für sich betreiben wollte. Der 25-Jährige, in der vergangenen Saison einer der besten Mittelfeldspieler der Bundesliga, gewann nur fünf seiner 16 Zweikämpfe, verlor 18 Bälle, die drittmeisten seiner Mannschaft nach Stürmer Dominik Szoboszlai und Lukas Klostermann, der im Supercup aber generell von der Rolle war. Nur 15 von Laimers 26 Pässe fanden zudem einen Mitspieler: Keine Werte, die beim FC Bayern oder sonstwo irgendjemanden beeindrucken dürften.
Nun sollte kein Klub auf der Welt seine Kaufentscheidung wegen eines einzelnen Auftritts treffen, doch nicht nur wegen Laimers Auftritt für Leipzig im Supercup muss die hypothetische Frage von oben mit einem "Wohl kaum" beantwortet werden.
Bayern München: Kein klassischer Sechser im Kader
Bayern braucht Laimer nicht. Zwar ist die Diagnose der Münchner Kaderplaner grundsätzlich richtig, dass im ganzen Münchner Kader kein einziger klassischer Sechser zu finden ist und ein solcher Spielertyp als Bindeglied zwischen Defensive und Offensive grundsätzlich helfen könnte. Dass Bayerns Defensive nach einer guten Stunde mehr oder weniger zusammenbrach und wieder einige Verhaltensweisen aus der vergangenen Rückrunde an den Tag legte, mag auch an der von Trainer Julian Nagelsmann angesprochenen Müdigkeit der Münchner nach nur 19 Tagen Training gelegen haben.
Jedoch offenbarten sich auch wieder systemische Probleme, etwa der große Abstand zwischen den Mannschaftsteilen und der Drang der meisten Bayernspieler, im Zweifel eher ein paar Meter weiter vorne anzugreifen und die Restverteidigung Restverteidigung sein zu lassen.
Nur ist Konrad Laimer zwar ein Kämpfer mit einer Pferdelunge, aber er ist weder ein klassischer Abräumer, noch ein guter Zweikämpfer. Und auch er schaut, wenn gleich nicht so intensiv wie Leon Goretzka oder Joshua Kimmich, in seinem Spiel eher nach vorne als nach hinten.
Laimer wäre im schon jetzt sehr dicht besetzten zentralen Mittelfeld der Bayern also der nächste Profi mit recht ähnlichem Spielprofil wie die schon im Kader stehenden Goretzka, Kimmich, Ryan Gravenberch und Marcel Sabitzer. Same, same, but different.
Die Münchner haben in diesem Transfersommer einige mutige Entscheidungen getroffen und sind ins Risiko gegangen, um ihre Mannschaft substanziell zu verstärken. Konrad Laimer zu kaufen, würde eher der alten Münchner Logik folgen. Angesichts der Tatsache, dass mit Frenkie de Jong vom FC Barcelona ein echter Weltklasse-Mittelfeldspieler, der wirklich alle Rollen in der Zentrale ausüben kann, auf dem Markt ist und auch kommenden Sommer noch auf dem Markt sein kann, können die Münchner erst recht darauf verzichten, Leipzig zu schwächen.