Nach dem 2:1-Auswärtssieg von Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt am Samstagabend sorgten mehrere Entscheidungen von Schiedsrichter Sascha Stegemann für Aufregung. Vor allem ein nicht gegebener Strafstoß für Jesper Lindström erzürnte die Gastgeber. Stegemann selbst gab seinen Fehler wenig später zu - und erklärte, warum der VAR nicht eingegriffen habe.
In der 42. Minute hatte Dortmunds Karim Adeyemi Lindström vor dem eigenen Tor mit beiden Händen gestoßen, als dieser einen Abpraller aus kurzer Distanz verwerten wollte. Der Frankfurter ging zu Boden, der Pfiff von Stegemann blieb allerdings aus. Auch der Video Assistant Referee griff augenscheinlich nicht ein.
Diese Tatsache brachte SGE-Sportvorstand Markus Krösche nach Abpfiff auf die Palme. "Ich frage mich, warum wir das Ding haben und dann nicht nutzen", schimpfte er bei Sky. "Dass der Schiedsrichter eine falsche Entscheidung trifft - okay. Aber wir haben den Videoassistenten. Man muss sich das auf jeden Fall mal angucken, oder?"
Wie die Hessenschau vermeldet, legte Krösche wenig später nach: Der Referee müsse, "wenn er es halt nicht sieht, endlich mal nachfragen. [...] Aber das geht mir tierisch auf den Sack. Wir haben diesen Assistenten, dann frag ihn doch. Wenn du dich dann anders entscheidest, ist das für mich okay. Aber das ist ein Witz. So brauchen wir das nicht."
Sebastian Rode pflichtete Krösche bei: "Das Problem ist, dass es den VAR gibt und der hat die Chance, sich das noch mal anzuschauen. Wenn er das tut ... Das ist ein klarer Elfer. Das ist eine Torverhinderung, da ist es egal, wie fest er schubst."
VAR-Ärger um Stegemann - Schiris "von der Rolle"?
Stegemann erklärte die Situation bei Sky wie folgt: "Auf dem Spielfeld war es für mich normaler Körperkontakt, ich konnte kein klares Foul erkennen. Das habe ich zum VAR transportiert. Dort wurde die Situation gecheckt und nicht als klare Fehlentscheidung eingestuft."
Nach Ansicht der Fernsehbilder und den vorhandenen Kameraperspektiven müsse er jedoch "konstatieren, dass es einen Strafstoß hätte geben müssen", gab Stegemann zu. Man werde die Szene "in den kommenden Tagen aufarbeiten". Am Tag danach ging Stegemann beim Sport1-Doppelpass mehr ins Detail: "Der Checkprozess wurde zu früh abgebrochen." Videoassistent Robert Kampka habe nur "auf die vier Standard-Kameras und leider nicht auf weitere zusätzliche Kameras zurückgegriffen, obwohl die Möglichkeit da gewesen wäre".
Für Frankfurts Trainer Oliver Glasner war es nicht nur ein klarer Elfmeter, sondern auch eine Rote Karte. Sein Fazit: "Brutal, wenn man das sieht." Er nahm Stegemann allerdings in Schutz: "Die Schiedsrichter sind die Ärmsten. Er wartet auf das Zeichen von oben und es kommt nicht."
Ex-FIFA-Schiedsrichter Manuel Gräfe, der von 2004 bis 2021 in der Bundesliga gepfiffen hatten, erkannte ein größeres Problem: "Die Jungs scheinen zum Teil völlig von der Rolle bzw. orientierungslos", schrieb er auf Twitter und verwies auf Szenen im Spiel zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Augsburg, oder auch zwischen dem FC Bayern und Mainz 05: "Bin gespannt, wann sie beim DFB ihrer Obhutspflicht den Schiedsrichtern und dem Fußball gegenüber nachkommen."
BVB-Keeper Kobel: "Es sieht scheiße aus"
Selbst auf Dortmunder Seite wussten die Protagonisten, dass sie sich über einen Pfiff nicht hätten beschweren können. BVB-Matchwinner Gregor Kobel erklärte nach Ansicht der Videobilder: "Ja, klar. Es sieht scheiße aus." Trainer Edin Terzic sagte: "Ich kommentiere den Schiedsrichter sehr selten. Aber das ist eine der Szenen, von denen ich meinte, dass wir heute Glück hatten."
In Halbzeit zwei gab es eine weitere Situation, in der die Frankfurter keinen Elfmeterpfiff erhielten: Bei einem hohen Ball in Richtung Kobel drückte Niklas Süle Gegenspieler Mario Götze in Richtung Kobel, der gerade zum Ball hochsprang. Götze kollidierte mit Kobel und ging zu Boden. Stegemann entschied jedoch auf Stürmerfoul.
"Ich habe einen Stoß von hinten bekommen", sagte Götze. "Warum sollte ich gegen Gregor Kobel ins Duell gehen? Am Ende will der Nikki ja nicht den Ball spielen." Götze gab allerdings zu, dass die Situation zuvor "wahrscheinlich deutlicher" war.
Stegemann blieb in dieser Szene bei der Einschätzung, dass es sich nicht um eine "elfmeterwürdige" Situation gehandelt habe: "Hier handelte es sich mehr um ein Handauflegen, der Impuls fehlt."